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Per Einschreiben geht\'s auf Weltreise

20.11.2012, 07:20

Trotz seiner 28 Jahre ist Johannes Kloss Kind geblieben. Aus Stendal schickt er zwei Playmobilfiguren durch die Welt, damit fremde Menschen Fotos von den beiden machen können.

Stendal lHans und Paul haben schon viel gesehen und erlebt. Seit mehr als drei Jahren reisen die beiden Stendaler durch die Welt, gehen gemeinsam durch dick und dünn und sind die besten Freunde. Aber ihre Freundschaft ist etwas ganz Besonderes: Denn Hans und Paul sind keine Menschen aus Fleisch und Blut, sondern Playmobilfiguren. Johannes Kloss schickt die beiden regelmäßig über den Erdball, damit fremde Menschen Fotos seiner Plastikfreunde machen.

Unzählige Postkarten und Urlaubsfotos von Hans und Paul zieren die Wände in Johannes Kloss\' Wohnung. Der 28-jährige gebürtige Kasseler ist quasi das Reisebüro der beiden Dauer-Touris. Er koordinert und plant, in welches Land es Hans und Paul als nächstes verschlägt. Das zukünftige Ziel steht auch schon fest: Bald fliegen die beiden für ein paar Wochen nach Neuseeland, später dann nach Australien. Denn auf dem fünften Kontinent waren sie bislang noch nicht.

Aber wie und warum verreisen Playmobilfiguren eigentlich? Beim Stöbern auf dem Dachboden seiner Eltern fand Kloss eines Tages Hans - einen blonden Kerl mit grünem Schlapphut und Kamera. Und dann kam dem angehenden Heilpädagogen die ungewöhnliche Idee: Da er zum damaligen Zeitpunkt nicht selbst verreisen konnte, entschied er sich, stattdessen Hans in die weite Welt zu schicken. Aber wie? Über das Internet nahm Kloss Kontakt zu Menschen aus der ganzen Welt auf.

Alle waren auf Anhieb von seiner Idee begeistert, Playmobilmännchen aus Deutschland zugeschickt zu bekommen und sie dann an besonderen Orten der Welt zu fotografieren. Und auf die Menschen ist Verlass: Denn nach ein paar Wochen werden Hans und Paul per Post zurückgeschickt. "Die Leute fanden die Idee lustig, total cool und haben sofort mitgemacht. Ich bin nirgendwo auf Ablehnung gestoßen", erinnert sich Kloss.

2009 schickte er Hans auf dessen erste große Reise zu einer Frau nach Houston in die USA. Von dort aus ging es nach ein paar Wochen direkt weiter nach Philadelhpia. Aber von dort kehrte Hans zunächst nicht zurück. Erst nachdem sein bester Freund Paul wochenlang nach ihm gesucht und die Hoffnung fast schon aufgegeben hatte, liefen sich die beiden zufällig in Stendal über den Weg. Seitdem lässt Johannes Kloss das Duo nur noch zusammen und per Einschreiben verreisen. "Das ist für die beiden viel sicherer", sagt er und lacht verschmitzt.

Iranische Mädchenschule, finnische Sauna, Bohrinsel

Die aufregendste Reise der beiden war sicherlich die in den Iran. Weil es über den Postweg zu unsicher war, wurden Hans und Paul in der Handtasche in das muslimische Land geschmuggelt. Knapp vier Monate verbrachten sie dort. Höhepunkt war der Besuch in einer iranischen Mädchenschule, der natürlich auf einem Foto dokumentiert wurde.

Aber auch in Schweden, Taiwan, Österreich, Estland, Finnland oder in den USA gab es einiges zu sehen. So entstanden beispielsweise Bilder in einer finnischen Sauna, in einer Kaserne in Österreich oder auf einer Bohrinsel in der Nordsee, auf der die beiden vier Wochen lang anheuerten. Die Abenteurer übernachteten außerdem in einem Iglu, entspannten am Wolfgangsee in Österreich sowie in den weiten Landschaften der amerikanischen Prärie. In Finnland sind die beiden Playmobil-Touristen mittlerweile kleine Stars. Immerhin schafften sie es, dass eine finnische Frauenzeitschrift über sie berichtete. "In Finnland geben sich die Leute viel Mühe mit ihren Fotos", sagt Kloss, der regelmäßig die Reiseberichte seiner kleinen Plastikfreunde im Internet veröffentlicht.

Geld verdienen möchte er mit seiner außergewöhnlichen Idee aber nicht und hat deshalb auch keine Werbung auf seiner Internetseite geschaltet. Vielmehr geht es ihm um die Völkerverständigung: "Es ist wichtig, dass die Leute Spaß haben. Außerdem können sie dadurch Einblicke aus ihrem Alltag in ihrer Heimat geben."

Hans und Paul stecken zurzeit mitten in den Vorbereitungen für ihre Reise nach Neuseeland. Denn bald heißt es wieder: Koffer packen, Rucksack auf und ab in die blaue Tupper-Dose, in der sie Johannes Kloss auf ihre Reise quer durch die Welt schickt.

Mehr über die Reisen von Hans und Paul gibt es auf www.hans-the-backpacker.blogspot.com