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Pilotprojekt Kinderbeauftragter - ein Vollzeitjob?

"Kinderfreundliche Kommune" - mit diesem Titel möchte sich Stendal schmücken. Ein Schritt auf dem Weg dorthin wäre ein Kinderbeauftragter.

Von Egmar Gebert 07.11.2018, 17:18

Stendal l Die Antwort auf die Frage, ob Stendal einen Kinderbeauftragten – egal ob Mann oder Frau – bekommen wird, scheint nur noch Formsache. Bereits im Jahr 2014, als der Stadtrat beschloss, Stendal solle „kinderfreundliche Kommune“ werden, waren auch die Weichen in Richtung eines Interessenvertreters für Kinder gestellt. Seither ist diese Richtung beibehalten worden. Bei Fragen, die das Leben in der Stadt und deren Entwicklung betreffen, sollen die Bedürfnisse der Kinder Beachtung finden. Ihnen soll eine Stimme gegeben werden, die bei kommunalpolitischen Entscheidungen gehört wird.

Ein Pilotprojekt, angelegt auf zwei Jahre, wurde gestartet, dem Verein Kinderstärken übertragen. Ein Testlauf sozusagen, an dessen Ende klar sein soll, ob es einen Kinderbeauftragten braucht, ob er ehren- oder hauptamtlich wirkt, welche Aufgaben ihm zufallen und welche Befugnisse er hat.

Jene zwei Projektjahre gehen am 31. Dezember 2018 zu Ende. Zu früh, meint die Stadtverwaltung, denn die Entscheidung darüber, ob und in welchen Umfang es künftig eine hauptamtliche Interessenvertretung für die Kinder der Stadt geben wird, soll im Zuge der Debatte des Stadtrates um den Haushalt 2019 fallen, sprich im Frühjahr 2019. Bis dahin soll das bereits laufende Pilotprojekt weitergeführt werden, so sagt es ein Beschlussvorschlag der Verwaltung an den Stadtrat, der am Montag während der Sitzung des Sozialausschusses auf der Tagesordnung stand.

Um den Ausschussmitgliedern das Votum zu erleichtern, kamen sie in den Genuss eines Evaluationsberichts, also einer sach- und fachlichen Bewertung des Pilotprojekts „Kinderbeauftragter“, für das Madeleine Jung im Kinderstärken-Verein verantwortlich ist. Ihr Bericht, den sie im Ausschuss vortrug, begann ebenfalls mit einer Frage: Was erwartest Du von einer oder einem Kinderbeauftragten? Gestellt hatten die Kinderstärken-Akteure sie 115 Kindern und Jungendlichen im Alter von 6 bis 25 Jahren sowie rund 50 Erwachsenen, darunter Beschäftigte in Kindereinrichtungen, Klubs, aber auch Familienarbeiter und Eltern.

Mehr als 1500 Aussagen der Befragten bilden das Fundament, auf dem die fünf Betätigungsfelder aufgebaut werden, die der Verein Kinderstärken für eine sinn- und wirkungsvolle Interessenvertretung der Kinder herausarbeitete.

Eine dieser Aufgaben: Bedarfe gilt es zu ermitteln. Was ist den Betroffenen, sprich den Kindern und Jugendlichen, den Erwachsenen in Kinder- und Jugendeinrichtungen, den Kommunalpolitikern in Sachen Kinderinteressen wichtig? Wo sehen sie Handlungsbedarf?

Als Nächstes muss ein Kinderbeauftragter auch Vermittler sein, zum Beispiel dafür sorgen, dass Kinderinteressen im Stadtrat gehört werden. Der Kinderbeauftragte muss zudem Berater sein, primär für die Kinder, aber auch für Institutionen, für deren Mitarbeiter oder auch Kommunalpolitiker, die sich der Arbeit mit Kindern zuwenden, Weiterbildungen organisieren. Und er muss in der Lage sein, Akteure, die sich auf verschiedenen Gebieten für Kinder engagieren, zu vernetzen, Angebote zu erkunden, zugänglich zu machen und dabei über Stendals Stadtgrenzen hin­ausschauen.

Was ein Kinderbeauftragter allerdings zuallererst sein müsse, sei vertrauensvoller Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen. Er muss Anwalt der Kinder, ihr Interessenvertreter, ihre Stimme unter anderem in Ausschüssen des Stadtrates und im Stadtrat sein und er muss dafür qualifiziert sein.

Diese Art von Interessenvertretung bedingt aus Sicht des Kinderstärkenvereins die Möglichkeit des freien Arbeitens. Die Kommune dürfte dem Kinderbeauftragten nicht weisungsbefugt sein. Er müsse hingegen das Recht haben, für seine Arbeit relevante Unterlagen bei der Stadt einzusehen. Er müsste mit Rederecht in Ausschüssen und im Stadtrat ausgestattet sein.

Die Frage, ob das alles ehrenamtlich zu leisten wäre, erübrigt sich. Der Verein Kinderstärken schlägt vor, für den Kinderbeauftragten eine Vollzeitstelle (40 Stunden pro Woche), finanziell abgesichert durch den Haushalt der Stadt, einzurichten.

Bis dieser beschlossen ist, voraussichtlich im Frühjahr 2019, soll das Pilotprojekt „Kinderbeauftragter“ im Kinderstärken-Verein weitergeführt werden, so das Votum des Sozialausschusses. Der Stadtrat soll sich während seiner Dezembersitzung dazu positionieren.

Wichtig für Ratsmitglieder und interessierte Stendaler, die zuvor noch tiefer in das Thema einsteigen möchten: Die detaillierten Ergebnisse der Arbeit an diesem Pilotprojekt wird der Verein Kinderstärken auf der Kinder- und Jugendkonferenz am 22. November ab 15 Uhr im Jugendfreizeitzentrum Mitte vorstellen.