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Amtsgericht "Rosenkrieg" bringt Stendaler vors Gericht

Die Trennung von seiner Frau hat ein ungeahntes Nachspiel für einen Mann aus Stendal.

Von Wolfgang Biermann 11.09.2020, 07:00

Stendal l Die Polizei hielt am 13. Mai dieses Jahres um 19.18 Uhr einen 47-jährigen Stendaler an, weil er ohne angelegten Sicherheitsgurt in seinem VW-Caddy die Heerener Straße befuhr. Jetzt musste er als Angeklagter vor dem Amtsgericht erscheinen. Nicht, weil er vielleicht ein Gurtmuffel ist, das fällt ins Ordnungswidrigkeitenrecht und wurde gleich an Ort und Stelle per Bußgeld geahndet. Nein, bei dieser Gelegenheit stellten die Beamten im Nachgang fest, dass es keinen Versicherungsschutz für den Caddy gab.

Sie suchten den 47-Jährigen am selben Abend zu Hause auf, kratzten die Plakette vom Nummernschild und erstatteten Strafanzeige. Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz heißt das Delikt, das ihn nun vor Gericht brachte. Wobei besonders schwer wog, dass die Anklage strafverschärfend auf Vorsatz laute. Das Gericht sah nach Anhörung des nicht vorbestraften Angeklagten jedoch nur „Fahrlässigkeit“ als gegeben an. Es stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage vorläufig ein. Zahlt der Angeklagte innerhalb von drei Monaten 300 Euro ans Stendaler Hospiz, ist das Verfahren endgültig eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Vorfeld beim Amtsgericht einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 260 Euro beantragt. Das Gericht hatte den Strafbefehl aber nicht erlassen, sondern dem Angeklagten nur den Entwurf zusammen mit der Vorladung zum Prozess geschickt.

Der Angeklagte gab an, dass seine Ehefrau im Zuge der Trennung eine Art Rosenkrieg gegen ihn geführt hätte. Weder hätte er in sein Haus gekonnt, das jetzt wieder allein ihm gehöre, noch habe er Post erhalten – weder private noch amtliche. So will er ein Schreiben seiner Autoversicherung vom August 2018 mit der Androhung der Kündigung der Haftpflichtversicherung im Falle des weiteren Ausbleibens der Versicherungsprämie nicht erhalten haben. Die Kündigung selbst war dann nachweislich im Oktober 2018 per Einwurfeinschreiben an seine Adresse zugestellt worden.

Dass seine Bank die Überweisung der Versicherungsbeiträge eingestellt hatte, sei ihm nicht aufgefallen, sagte der 47-Jährige. Im Pflichtversicherungsgesetz (PFiVG) heißt es dazu: „Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen ... gebraucht ..., obwohl ... der ... Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Weiter heißt es im Gesetz, dass sich die Freiheitsstrafe bei Fahrlässigkeit auf maximal sechs Monate reduzieren könne. Sollte die Tat aber vorsätzlich begangen werden, könne das Fahrzeug sogar eingezogen werden, „wenn es dem Täter ... zur Zeit der Entscheidung gehört“.