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Schulverweigerung Gymnasiasten sind fast immer da

Förderschüler schwänzen am häufigsten, Gymnasiasten am wenigsten. Das besagen die Zahlen aus dem Stendaler Schulverwaltungsamt.

Von Thomas Pusch 25.01.2019, 00:01

Stendal l Seit Februar 2011 beschäftigt sich Andreas Uiffinger im Schulverwaltungsamt mit den Schulschwänzern, die offiziell unter Schulpflichtverletzern geführt werden. Im Schulverwaltungsamt gehen die Meldungen ein, das nimmt sich des Verfahrens an, nicht so wie andernorts das Ordnungsamt. Über die Jahre hat Uiffinger die Zahlen zusammengetragen, die er am Mittwochabend im Kreis-Schul-, Sport- und Kulturausschuss vorstellte.

Grundsätzlich hatten die Schulpflichtverletzungen seit dem Schuljahr 2010/11 einen Anstieg genommen. 2015 gab es einen Knick nach unten. „Ein Runderlass aus dem Kultusministerium über die Verfahrensweise bei Schulpflichtverletzungen hat für Unsicherheit bei den Schulen gesorgt, wann sie den Verstoß melden sollen“, erklärte Ulrike Bergmann, Leiterin des Schulverwaltungsamtes. Dann bewegte sich die Tendenz wieder leicht nach oben.

Uiffinger hatte die Statistik nach Schulformen aufgegliedert. Am seltensten fehlen Gymnasiasten, nicht einmal 0,2 Prozent von ihnen versäumten unerlaubt den Unterricht. Im vergangenen Schuljahr waren gerade einmal drei Gymnasiasten an vier Gymnasien auffällig. Angeführt wird die Negativstatistik von den Förderschülern. Bis zu neun Prozent von ihnen haben in den vergangenen Jahren gefehlt. Im vergangenen Schuljahr waren es allerdings nur noch sechs.

Nach welcher Zeit die unerlaubten Fehlzeiten dem Schulverwaltungsamt gemeldet werden, ist nicht konkret festgelegt. „Die Schulen selbst haben ja Möglichkeiten, auf die Situation einzugehen, Gespräche mit dem Schüler und den Eltern zu führen“, sagte Bergmann. Daher sei die Statistik auch nicht als wissenschaftlich fundiert anzusehen. Bei den monatlichen Meldungen, die das Amt erreichen, gehe es manchmal um eine Fehlzeit von zwei Tagen, manchmal um zwei Wochen. Auch ein Bußgeldverfahren werde nicht sofort eingeleitet. Allein das Schreiben aus dem Amt oder das Gespräch in der Kreisverwaltung bewirke oftmals schon eine Menge. „So abgebrüht, dass es sie gar nicht anfasst, sind die wenigsten“, meinte Bergmann.

Laufe das Bußgeldverfahren gegen die Eltern, werde in der Regel auch gezahlt, erklärte Uiffinger. Bei Verfahren gegen die Schüler, die ab deren 14. Lebensjahr möglich sind, werde so gut wie nie gezahlt. Das heißt aber auch nicht, dass sie ungestraft davonkommen. Statt einer Geldstrafe müssen dann Sozialstunden geleistet werden. „Üblicherweise fragen sie dann beim Bürgermeister nach, wo sie sich nützlich machen können“, sagte die Amtsleiterin. Das könnte Laubfegen in einer Grünanlage oder auch Hilfe im Kindergarten oder Altersheim sein. Mit einem Stempel werde dann bestätigt, dass die Sozialstunden auch abgeleistet worden sind, was die Jugendlichen in der Regel auch tun.

„Natürlich gibt es auch beratungsresistente Schüler“, räumte Bergmann ein. Es gebe auch Fälle, wo jemand ein Jahr lang nicht zur Schule geht. Der Ansatz, ihn wieder in die Schulbank zu bekommen, bleibe aber ein pädagogischer. Säumige Schüler von der Polizei zur Schule bringen zu lassen, werde im Landkreis Stendal nicht praktiziert. Ulrike Bergmann sieht darin auch keinen Sinn. „Was soll es bringen?“

Vielleicht bleibe der Schüler vor Schreck tatsächlich in der Schule, vielleicht gehe er aber auch zur Hintertür wieder heraus, wenn sich der Polizeiwagen entfernt hat. Am Ende der Eskalationsstufen steht der Jugendarrest in Halle. „Vorher gibt es aber bestimmt acht Gelegenheiten, bei denen diese Strafe noch abgewendet werden kann“, schätzte Bergmann. Die Arrestanstalt sei aber auch nicht mit einem Gefängnis zu vergleichen, dort werde auch der pädagogische Ansatz gesucht. Alle Maßnahmen seien dazu gedacht, den jungen Menschen auf den Weg ins Leben zu helfen, damit sie später auf eigenen Beinen stehen können.