1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Stendal will runter vom Gas

Stendal will runter vom Gas

Derzeit regelt ein Bundesgesetz, wann und wo Tempo-30-Zonen eingerichtet werden können. 276 Kommunen deutschlandweit sehen das kritisch. Sie wollen vorsorglich verkehrsberuhigte Zonen einrichten können, bevor Unfälle passieren. Nun will auch Stendal sich der Initiative anschließen.

Von Yulian Ide 15.09.2022, 21:00
30er-Zone in der Brüderstraße: Gibt es die Geschwindigkeitsbegrenzung bald häufiger in Stendal?
30er-Zone in der Brüderstraße: Gibt es die Geschwindigkeitsbegrenzung bald häufiger in Stendal? Foto: Mike Kahnert

Stendal - „Ich geb’ Gas, ich will Spaß!“ Vierzig Jahre ist es her, dass Schlagerbarde Markus seine Ode an die Raserei sang. Gut gealtert ist sie nicht. Schon seit einigen Jahren diskutiert man hierzulande, ob ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen eingeführt werden soll. Und auch innerstädtisch könnte es bald vorbei sein mit der Herrschaft des Bleifußes.

„Spaß haben“ im Markus’schen Sinne bedeutet für 276 Städte und Gemeinden in ganz Deutschland im Jahr 2022 nämlich, in geschlossenen Ortschaften mehr Tempo-30-Zonen einzurichten oder auch in ganzen Innenstädten die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu drosseln. Sie haben sich der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ angeschlossen, die im Sommer 2021 von den Städten Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig und Ulm ins Leben gerufen wurde. Sie fordern, dass sie als Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts selbst anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Derzeit legt ein Bundesgesetz fest, dass Tempo-30-Zonen nur bei konkreten „Unfallschwerpunkten“ eingerichtet werden können. Auf gut deutsch: Es muss erst ordentlich krachen, bevor man verhindern kann, dass es kracht.

„Irrsinnig“ findet das Stendals Oberbürgermeister Bastian Sieler (parteilos) und viele Fraktionsvorsitzende folgen ihm in seiner Argumentation. Es sieht also danach aus, dass die Hansestadt Stendal bald die 277. Kommune wird, die sich der deutschlandweiten Initiative anschließt.

Der Landkreis Stendal ist diesen Schritt bereits im Juli gegangen. Er war damit deutschlandweit der erste Landkreis, der sich dem von Städten und Gemeinden initiierten Vorhaben anschloss.

Das sagen der Oberbürgermeister und die Fraktionsvorsitzenden

„Muss erst ein Kind zu Schaden kommen, ehe wir eingreifen können? Da ist doch irrsinnig.“Oberbürgermeister Bastian Sieler (parteilos)

„Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 km/h in der Altstadt und angrenzenden Straßenzügen steht im bereits beschlossenen Verkehrskonzept. Daran sollten wir uns halten. Es darf kein Flickenteppich entstehen. Deshalb lieber ganze Wohnquartiere in 30er-Zonen umwandeln.“ Reiner Instenberg (SPD)

„Sinnvoll und notwendig wäre Tempo 30 vor der Kindertagesstätte in der Preußenstraße. Eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h innerorts lehnen wir ab.“Thomas Weise (CDU)

„Aus rein weltanschaulichen Gründen sollten Kommunen nicht ohne weiteres Tempo-30-Zonen innerorts anordnen dürfen. In unserer Fraktion gehen die Meinungen dazu auseinander.Christian Röhl (Freie Stadträte)

„Eine Geschwindigkeitsverringerung auf Durchgangsstraßen führt nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu weniger Mobilität für Autofahrer.“Arno Bausemer (AfD)