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Tansania-Besuch Lkw-Felge ruft zum Gottesdienst

Eine Partnerschaft verbindet den Kirchenkreis Stendal und eine Diözese in Tansania. Kürzlich waren die Altmärker in Ostafrika zu Gast.

Von Volker Langner 05.07.2018, 01:01

Stendal l Wenn im August 2018 im tansanischen Itamba das Mädcheninternat seiner Bestimmung übergeben wird, dürften die Gedanken der jungen Bewohnerinnen und der Schulleitung sicher auch in Stendal sein. Der Kirchenkreis Stendal hat mit rund 14.000 Euro – ein Drittel der Gesamtkosten – nämlich einen großen finanziellen Anteil an dem Aufbau des Gebäudes. Dem Wiederaufbau. Im Vorjahr war das Internat abgebrannt, verschlangen die Flammen das Hab und Gut von 70 Mädchen, die darin wohnten und die Secondary School in Itamba besuchen.

Einen Gottesdienst zur Einweihung feierten Schule und Ort bereits im Juni. Aus gutem Grund. Christen aus der Altmark und aus Colbitz besuchten Tansania. Nicht zum ersten Mal. Schließlich verbindet die Propstei Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland seit langem eine Partnerschaft mit der Diözese Südwest in Tansania. „Erste Kontakte gab es bereits zu DDR-Zeiten“, berichtet Michael Kleemann.

Der Superintendent des Kirchenkreises Stendal besuchte im Juni nach Aufenthalten in den Jahren 2000 und 2014 nun zum dritten Mal die Uwanji-Region, ein Hochland auf 2500 Meter. An seiner Seite waren diesmal Pfarrer Martin Göbel aus Arendsee und seine Frau Andrea, die Gemeindekirchenratsmitglieder Karin Hunger aus Kossebau und Sigrid Schulze aus Zießau, Pfarrerin Juliane Kleemann aus Stendal sowie Pfarrer Dieter Kerntopf aus Colbitz, der Organisator des Partnerschaftsbesuchs.

Der Kirchenkreis Stendal unterstützt die Ostafrikaner auf vielfältige Weise. Die Schule in Itamba, eine kirchliche Einrichtung mit derzeit rund 300 Schülern, nimmt dabei aber wohl eine Sonderstellung ein. In ihren Auf- und Ausbau flossen zahlreiche Spenden aus dem Kirchenkreis ein. Nun rückt die Schulküche in den Blickpunkt. Gaskocher sollen angeschafft werden, die über eine Biogasanlage betrieben werden. Bislang wird das Essen am offenen Feuer zubereitet. Zudem zahlt der Kirchenkreis für junge Afrikaner das Schulgeld, derzeit für acht. „Die Kinder haben eine hohe Motivation, etwas zu lernen“, schätzt Michael Kleemann ein.

Mit einem weiteren Projekt unterstützen die Altmärker unmittelbar die Kirchenarbeit. Für Pfarrer der Diözese sollen drei Motorräder angeschafft werden. „Die Wege zwischen den Gemeinden sind nicht immer leicht zu befahren, schon gar nicht in der Regenzeit. Autos bleiben da schon mal stecken“, erklärt Michael Kleemann und erzählt, dass die Pfarrer, die bereits Motorräder nutzen können, mächtig stolz auf ihre Maschinen sind und sie sogar in ihren Wohnstuben abstellen.

In diesem Zusammenhang kommt der Superintendent noch einmal auf die Straßenverhältnisse in Tansania zurück. Bei den Touren im Land war die kleine deutsche Gruppe nicht selten in „sehr alten Fahrzeugen auf kaputten Straßen“ unterwegs. „Da haben wir viele Vaterunser gesprochen“, so Michael Kleemann schmunzelnd.

Bei ihrer Reise besuchten die Altmärker auch die eine und andere Kirche, die mit finanzieller Hilfe aus Deutschland entstand. Da trifft moderner Baustil auch schon einmal auf seltsam anmutendes Beiwerk. So rufen Schläge gegen eine alte Lkw-Felge statt einer Glocke zum Gottesdienst.

Den christlichen Glauben hat vor 120 Jahren ein Altmärker nach Tansania gebracht. Ein Missionar namens Kellner aus Neulingen bei Arendsee gründete die ersten Kirchengemeinden. „Inzwischen hat sich das Verhältnis verkehrt“, sagt Michael Kleemann. 20 Prozent der Altmärker seien evangelische Christen, die Kirchen hier nicht sonderlich gut besucht. In Tansania hingegen seien die Gotteshäuser voll. Kleemann: „Die Menschen in Tansania erleben fröhlich ihren Glauben. Mit Tanzen und Singen.“

Und so tauschen sich Altmärker und Tansanier natürlich bei ihren Treffen auch über Glaubensfragen aus. Die Debatten seien mitunter nicht einfach, berichtet Michael Kleemann. Die tansanische Kirche sei recht traditionell. „Sexualität“, sagt Kleemann, „ist tabu. Eine Frau, die ein uneheliches Kind hat wird nicht zum Abendmahl zugelassen.“ Und wie er weiter erzählt, ist es für die Afrikaner unverständlich, dass es Menschen in Deutschland gibt, die gar keinen kirchlichen Glauben haben.

Doch zurück zur Zusammenarbeit zwischen dem Kirchenkreis Stendal und der Diözese Südwest in Tansania. Wichtig aus Sicht von Michael Kleemann ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Auch dafür hat er ein Beispiel parat: Die Gemeinde Stendal-Röxe hat den Bau einer Maismühle unterstützt. Maisbrei ist quasi das täglich Brot der Tansanier.

Doch jetzt freuen sich Afrikaner und ihre deutschen Freunde erst einmal auf die Übergabe des Mädcheninternats in Itamba.