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VerhandeltParkrempler vor Arztpraxis

Einen Fall von Fahrerflucht verhandelte das Amtsgericht Stendal. Angeklagt war eine Endsiebzigerin.

Von Wolfgang Biermann 17.07.2018, 23:01

Stendal l Wieder einmal ging es unlängst am Amtsgericht Stendal um Fahrerflucht nach einem Parkrempler. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, wie das Delikt laut Strafgesetzbuch korrekt heißt, kam eine Endsiebzigerin aus der Region Bismark ziemlich teuer zu stehen. Sie muss 750 Euro Strafe zahlen und darf eine ganze Weile nur auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

Ihren Führerschein hatte sie schon im Juni auf Anweisung des Gerichts bei der Polizei abgeben müssen. Der befand sich beim Prozess in den Gerichtsakten – und den bekommt sie auch nicht wieder. Das Amtsgericht entzog ihr nämlich die Fahrerlaubnis und setzte eine Sperrfrist von noch acht Monaten für die mögliche Erlangung einer neuen. Laut Anklage hat sie am Morgen des 3. April 2018 mit ihrem Auto vor einer Arztpraxis in Bismark einen anderen Pkw nicht unerheblich beschädigt. Sie wartete aber nicht, bis der Fahrer kam, sondern ließ ihn gemäß eines Gutachtens mit einem Schaden in Höhe von 3177,55 Euro allein zurück.

„Ja, das stimmt“, gab die Angeklagte sofort vor Gericht zu. Und: „Es tut mir leid.“ Sie hätte beim Ausparken wohl das Lenkrad zu stark eingeschlagen und so den anderen Wagen gestreift. Das könne ja mal passieren. Aber warum sei sie denn einfach weggefahren?, wollte Richter Thomas Schulz wissen. „Das frage ich mich heute auch“, bekam er kleinlaut zur Antwort. „Das war Blödsinn“, das wisse sie heute.

Wenn der Schaden am anderen Auto nicht so hoch gewesen wäre, hätte es möglicherweise mit einem ein- bis dreimonatigen Fahrverbot und einer Geldstrafe für die rechtlich „blanke“ Rentnerin sein Bewenden haben können, sagte Richter Schulz. Das sei aber bei einem Schaden von fast 3200 Euro nicht mehr möglich. Die laut ständiger Rechtsprechung übliche Grenze von 1300 Euro wäre erheblich überschritten worden, der von ihr verursachte Schaden betrage mehr als das Doppelte.

Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe von 825 Euro und eine Fahrerlaubnis-Sperrfrist von zehn Monaten. Richter Schulz hielt 750 Euro für ausreichend, wobei er in der Anzahl der Tagessätze – nämlich 25 – mit dem Staatsanwalt konform ging. Allerdings ging das Gericht von einem etwas geringeren Nettoeinkommen aus und kam statt auf eine Tagessatzhöhe von 33 Euro nur auf 30 Euro. Der Tagessatz beträgt ein Dreißigstel des Monatseinkommens, in diesem Fall von der Rente der Angeklagten. Und so fiel die Geldstrafe um 75 Euro geringer aus als vom Staatsanwalt gefordert. Mit acht Monaten blieb das Gericht um zwei Monate unter der vom Staatsanwalt beantragten Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises.