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Wahlbetrug Fälscher muss trotz Insolvenz zahlen

Die Stadt Stendal fordert wegen Wahlbetrugs Schadensersatz. Das Gericht gibt grünes Licht, den Fälscher trotz Insolvenz zu belangen.

Von Regina Urbat 13.08.2020, 01:01

Stendal l Im Verfahren um einen möglichen Schadensersatz für den Stendaler Wahlbetrug von 2014 steht ein Ergebnis noch aus. Dennoch hat die Zivilkammer des Landgerichts Stendal am ersten Prozesstag Entscheidungen getroffen. So erkannte das Gericht beim Auftakt am Dienstag die Schuld des Beklagten Holger Gebhardt umfänglich an und verzichtete auf eine Beweisaufnahme.

Der Ex-CDU-Stadtrat fälschte vor sechs Jahren 179 Briefwahlunterlagen. Im März 2017 wurde der heute 46-Jährige dafür zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Im Strafverfahren gestand er den Betrug ein.

Da Gebhardt im Vorjahr die Privatinsolvenz angemeldet hat, stellte die Stadt Stendal als Klägerin im Schadensersatzprozess den Antrag auf Aufhebung der Restschuldbefreiung. Das bedeutet, dass der Wahlfälscher Gebhardt nach Ablauf seiner Insolvenz, in der Regel sechs Jahre, nicht schuldenfrei ist, sondern eine Geldbuße an die Stadt Stendal begleichen muss. Die Voraussetzung, dass rechtlich weiter Forderungen bestehen bleiben, erfüllt der Beklagte mit seinen Verurteilungen wegen Wahl- und Urkundenfälschung. Und die Geldforderungen gegen ihn sind bereits erheblich.

Im Vorjahr wurde Gebhardt erneut vom Landgericht Stendal wegen Betrugs verurteilt und verbüßt noch bis 2022 eine Gefängnisstrafe. Der „kreative Mensch“, wie ihn CDU-Mitglied Hardy Peter Güssau am Dienstag im Zivilprozesses als Zeuge beschrieb, hatte von 2013 bis 2016 Arztrechnungen und Rezeptbelege gefälscht. Gebhardt erschlich sich rund 100.000 Euro von einer privaten Krankenkasse, die noch 85.000 Euro zurück bekommt.

Die Stadt Stendal fordert für die Wahlwiederholungen 2014 und 2015 nun rund 50.000 Euro Schadensersatz. Von Gebhardt und vom Ex-CDU-Kreischef Wolfgang Kühnel, dem eine Mitschuld am Wahlbetrug erst noch nachgewiesen werden muss. Im Prozessauftakt bestritt der 66-Jährige jegliche Beteiligung und Mitwisserschaft. Ebenso der Zeuge Güssau.

Bei der Prozessfortsetzung in einigen Wochen - Termin steht noch nicht fest - steht eine weitere Zeugenbefragung an.