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Wahlskandal Neue Version zu Güssaus Wahlschein

Im CDU-Ortsverband Osterburg brachte Kreischef Chris Schulenburg auf Nachfrage eine neue Erklärung für die Stimmabgabe.

Von Bernd-Volker Brahms 27.02.2019, 00:01

Stendal l Der Osterburger Bürgermeister Nico Schulz, der bei der CDU ganz offensichtlich kurz vor dem Rauswurf steht, schreibt wöchentlich in einem Internet-Blog Ereignisse der Woche aus seiner Sicht auf. Im Beitrag zur abgelaufenen Woche berichtete er dort über ein Treffen des CDU-Ortsverbandes Osterburg mit dem CDU-Kreischef Chris Schulenburg.

Vordringliches Anliegen Schulenburgs war es mit einem Gespräch zur Deeskalation der Situation beizutragen. Der Ortsverband wird – wie berichtet – zur Kreistagswahl keine Kandidaten aufstellen und stärkt damit dem CDU-Bürgermeister Nico Schulz den Rücken, der mit der Gruppe „Pro Altmark“ mit einer unabhängigen Liste in den Kreistag einziehen möchte. Schulz hatte sein Abweichen damit begründet, dass aus seiner Sicht die Partei den Wahlfälschungsskandal nicht richtig aufgearbeitet hat.

Schulenburg wurde in der Sitzung mit den Osterburgern in der vergangenen Woche ganz offensichtlich von Mitgliedern gelöchert und auch zum Wahlzettel Güssaus befragt. Dies berichtet jedenfalls Nico Schulz in seinem neuesten Newsletter. Demnach habe Schulenburg eine neue Version zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl 2014 von Hardy Peter Güssau abgeliefert. Nach der Variante habe Güssau nicht den Originalwahlschein, sondern eine Kopie unterschrieben.

Güssau hat immer wieder beteuert, dass er sowohl die Vollmacht zur Abholung der Briefwahlunterlagen als auch den Wahlschein unterschrieben habe. Wahlfälscher Holger Gebhardt hatte dagegen im Untersuchungsausschuss des Landtages gesagt, dass er auf beiden Zetteln die Unterschrift Güssaus gefälscht habe. Der Justiz liegt der Originalwahlschein vor, auf dem die Unterschrift gefälscht sein soll.

Nico Schulz hat in den vergangenen Monaten die Sitzungen des Untersuchungsausschusses vor Ort als Zuschauer erlebt, er schreibt im Newsletter: „Interessant sind nicht nur die Zeugenaussagen von Gebhardt, Güssau, Staatsanwältin Kelm und den ermittelnden Polizeibeamten, sondern auch die Vorträge der Abgeordneten aus den Ermittlungsakten. Dabei wurde deutlich, dass Güssaus Version zu seinem eigenen Wahlvorgang nicht plausibel ist, denn ein Wahlschein für eine Person kann nicht, falls er verloren geht, durch einen anderen Wahlschein ersetzt werden.

Sollte dies einmal der Fall sein, kann nur das jeweilige Einwohnermeldeamt einen weiteren Wahlschein für diesen Wähler ausstellen. Das ganze wird streng dokumentiert, damit die Stimme nicht doppelt abgegeben werden kann. Darauf von mir angesprochen, hatte Schulenburg eine neue Version als Erklärung gefunden. Demnach hat Gebhardt eine Kopie von Güssaus Wahlschein angefertigt, die dieser dann ausgefüllt haben soll. Als Gebhardt dann dieses Dokument verbummelt hat, konnte er ja ,zum Glück‘ auf das Originaldokument zurückgreifen und nochmal ausfüllen sowie die Unterschrift von Güssau fälschen.“

Chris Schulenburg wollte gestern auf Volksstimme-Nachfrage nicht bestätigen, dass es dies gesagt habe. „Das war eine interne Sitzung, das war unter uns“, sagte er. Dementsprechend werde er sich zu Inhalten nicht äußern. In Richtung Schulz sagte er, dass dieser ein Problem habe, wenn er öffentlich falsche Tatsachen behaupte und schriftlich niederlege. Was die Drohung bedeute, wollte Schulenburg wiederum nicht sagen.

Auch Hardy Peter Güssau reagiert verschnupft auf die Einlassung. Auf Nachfrage der Volksstimme sagte er: „Ich habe sowohl in den Gremien der CDU, bei meiner Zeugenvernehmung der Polizei und im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sowie in einem persönlichen Gespräch mit Herrn Schulz im Winter 2017 wahrheitsgemäß erklärt, wie ich 2014 zu den Kommunalwahlen gewählt habe. Ich habe meine Wahlbenachrichtigungskarte nicht „blanko“ an Herrn Gebhard übermittelt. Ich habe diese Karte selbst handschriftlich unterschrieben. Diese (meine) Unterschrift hat er nicht gefälscht!

Diese Wahlbenachrichtigungskarte liegt noch im Original den Behörden vor und eine graphologische Prüfung der Unterschrift würde mich endlich massiv entlasten. ...

Die Äußerungen von Herrn Nico Schulz stellen eine gezielte Kampagne gegen meine Person dar. Man nennt das auch Rufmord. Man versucht mit einem durchsichtigen Manöver das Ergebnis der morgen stattfindenden Wahlveranstaltung zu beeinflussen. Für mich ist das auch eine Spielart von Wahlfälschung.“

Gestern Abend – nach Redaktionsschluss – fand in Stendal eine Mitgliederversammlung der Kreis-CDU statt, bei der die Kandidaten für die Kreistagswahl benannt wurden.

Im Übrigen hat die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt eine Anzeige wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss gegen Güssau erstattet.

Mehr zur Wahlfälschung und den Folgen gibt es in einem Dossier.