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Rathaus Wann die Verwaltung digital wird

Schafft das Rathaus in Stendal die Digitalisierung bis 2022. Gesetzlich müssen dann rund 600 Dienste über Internet zur Verfügung stehen.

Von Mike Kahnert 20.02.2021, 00:01

Stendal l Den Hund anmelden, ein Grundstück kaufen oder Elterngeld beantragen – all das und mehr könnte in Stendal in Zukunft über das Internet möglich sein. Keine weiten Fußwege, kein Warten im Amt. So zumindest die Theorie. Die bisherige Umsetzung eines digitalisierten Rathauses beschränkt sich auf Terminvergaben im Internet. Dabei sollen bis Ende 2022 rund 600 Verwaltungsdienste barrierefrei, im Internet, zugänglich sein, schreibt das Onlinezugangsgesetz (OZG) der Bundesregierung vor.

Das IT-Unternehmen Innocon aus Tangermünde hat vergangene Woche mit der Zusammenarbeit mit den Verwaltungen in Stendal und Osterburg geworben. Das Unternehmen hat unter anderem das digitale Rathaus in Tangerhütte entwickelt, das ein Pilotprojekt in Sachsen-Anhalt ist und erste Dienste im Internet auf einer Webseite und per App anbietet. Aber an einem digitalen Rathaus dieser Art arbeitet die Stadt Stendal derzeit gar nicht, so Armin Fischbach auf Nachfrage der Volksstimme. „Richtig ist, dass wir unser eingeführtes System zur Online-Terminvergabe von Innocon beziehen“, sagt der Pressesprecher der Stadt. „Hiermit können über die städtische Webseite Termine für 15 Anliegen in fünf unterschiedlichen Sachgebieten gemacht werden.“

Die Stadt Stendal möchte sich Fischbach zufolge an den Richtlinien des Landes Sachsen-Anhalt orientieren. Eine Strategie im Rahmen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) soll der Stadt dafür vorgelegt werden. Doch diese fehle der Verwaltung bisher. Und für eine Umsetzung sollten Bund, Länder und Kommunen geschlossen zusammenarbeiten, so Fischbach. „Ein Alleingang könnte sich in wenigen Jahren rächen“, nennt er als Grund für bisher fehlende digitale Angebote der Stadt.

Die Bundesregierung weiß, dass einzelne Kommunen nicht im Alleingang ein digitales Angebot von 600 Diensten erstellen können. Deshalb sollen landesweite Portale helfen, auf die Städte verweisen zu können, so die Erklärung auf www.onlinzezugangsgesetz.de. Für einzelne, spezifische Dienste müssen die Kommunen jedoch eigene Lösungen finden. Welche das sind, ist aufgrund fehlender Rahmenrichtlinien noch unklar.

Heißt: Die Stadt Stendal hat etwas mehr als 22 Monate Zeit, ihre Webseite zu überarbeiten und ein Online-Angebot aufzubauen, das mehr als Terminvergaben beinhaltet. Zusätzlich muss der Auftritt im Internet barrierefrei gestaltet sein. Beispielsweise sollte eine Funktion vorhanden sein, die Texte für den Nutzer vertont.

„Die zuständigen Kollegen arbeiten bereits seit längerem an einer neuen städtischen Webseite, die zahlreiche neue Funktionen und ein modernes, übersichtlicheres Design mit sich bringen soll“, sagt Fischbach. Eine Vertonung der Webseite soll im Zuge des sogenannten Relaunchs (Neuaufalage nach Aufwertung) möglich gemacht werden.

Werden die Vorgaben des OZG jedoch nicht eingehalten, könnten Stendal Konsequenzen drohen. „Sollte es uns nicht gelingen, die durchaus hohen Anforderungen des OZG umzusetzen, handeln wir im weitesten Sinne gesetzeswidrig“, erklärt Fischbach. Dabei gibt es nur einen Haken: „Konkrete Sanktionen für den Fristverzug sieht das OZG hingegen nicht vor. Ein Umstand, der bei der Erarbeitung des Gesetzes durchaus auf Kritik stieß.“

Seit 2017 haben Länder und Kommunen Zeit, sich auf die Umsetzung des OZG vorzubereiten. Damals hat der Bund das Gesetz beschlossen. Doch Digitalisierung beschränkt sich nicht ausschließlich auf die Verwaltung. Während Menschen in Magdeburg und Osterburg per App ein Parkticket ziehen können und es in Tangermünde eine Solar-Bank für kostenloses Internet gibt, fehlen diese Möglichkeiten in Stendal bisher. Hat die Stadt Stendal die Digitalisierung verschlafen?

Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) antwortet darauf: „Die Hansestadt Stendal nimmt sich der Digitalisierung an, auch wenn wir hier gewiss schon weiter sein könnten. Ein einheitliches System, welches unabhängig von Ort oder der Verwaltungsebene ist, halte ich für die sinnvollste Lösung, auch wenn dies mehr Zeit in Anspruch nimmt.“ Deshalb begrüße er Ideen von außen. So arbeitet die Projektgruppe der Aktion „Stendal besser machen“ an einer solarbetriebenen Sitzbank in der Innenstadt, die auch kostenloses WLAN zur Verfügung stellt, so Schmotz.

Trotz OZG müssen weniger Internet affine Menschen nicht auf den Weg zum Amt verzichten. Alle Leistungen werden zukünftig weiter wie gewohnt angeboten, so Fischbach.