Probleme mit maroden Wasserleitungen Warum in Stendal ständig Keller volllaufen und Havarien passieren
In Stendal führen marode Wasserleitungen ständig zu Rohrbrüchen und überfluteten Kellern. Die Stadt kann nur noch im Notfall reagieren. Besonders betroffen sind die alten Leitungen außerhalb der Altstadt.

Stendal. - Wasserrohrbruch in der Elisabethstraße in Stendal. Die Straße wurde unterspült, der Schaden am Montagabend festgestellt. Es ist das jüngste Beispiel einer schier endlosen Serie an Problemen mit dem Leitungsnetz der Stadt. Muss das sein?
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Annegret Schröder, Abteilungsleiterin Tiefbau, erklärt im Gespräch mit der Volksstimme, wie es um die Abwasserkanäle steht, wo es Problemzonen gibt und was Ausbau und Sanierung der Infrastruktur so schwierig macht.
Getrennte Systeme für Regen- und Abwasser in Stendal
Zunächst: Abwasser ist der Oberbegriff für Regen- und Schmutzwasser. „Wir haben hier in Stendal ein Trennsystem“, sagt Annegret Schröder. 120 Kilometer Regenwasser- und 100 Kilometer Schmutzwassernetz sind unter der Stadt verbaut, jeweils mit eigenen Rohren. „Tangermünde hat zum Beispiel ein Mischsystem.“
Dort läuft alles zusammen, weil die Stadt an der Elbe weniger Platz hat, um so viele Rohre unter die Erde zu bringen. So haben es sich zumindest die altehrwürdigen Erbauer gedacht.
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Während Schmutzwasser – aus Toiletten zum Beispiel – zur Kläranlage geführt wird, fließt Regenwasser in Rückhaltebecken oder sogenannte Vorfluter. Das sind Gewässer wie die Uchte. Einfachheitshalber soll es an dieser Stelle nur um Regenwasserkanäle gehen.
Fast gesamtes Leitungsnetz in Stendal saniert
Das Positive: Das Leitungsnetz in der Altstadt in Stendal wurde in den letzten 25 Jahren fast komplett saniert. Grund ist, dass die Altstadt Sanierungsgebiet ist und so viel Fördergeld für die Bauarbeiten genutzt werden konnte.
Eine Ausnahme im Stadtkern ist die Straße Westwall entlang der Wallanlage, die noch saniert werden muss. Auch das Leitungsnetz in Stendal Stadtsee sei laut Annegret Schröder noch in einem vernünftigen Zustand, weil es erst in den 1970er Jahren gebaut wurde.
Rohre sind außerhalt Stendals Altstadt 100 Jahre alt
Problemzonen zeigen sich unmittelbar außerhalb der Altstadt. Der Rohrbruch in der Elisabethstraße war nur eine Frage der Zeit. „Da ist alles hundert Jahre alt“, sagt die Ingenieurin für Wasserwirtschaft. Ein anderes Beispiel ist die Preußenstraße. Dort verläuft ein großer Kanal von Nord nach Süd und teilt sich dann in zwei kleinere Kanäle auf.
Bei Starkregen entsteht an dieser Stelle Rückstau. Für diese Bauweise haben sich die Ingenieure vor 80 bis 100 Jahren entschieden, als Starkregen noch kein Thema war, so Annegret Schröder. „Da war überhaupt noch nicht an solche Ereignisse zu denken.“
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Die Sanierung der Preußenstraße war schon vor Jahren im Haushalt eingeplant, wurde aber wieder rausgestrichen. Die Bauarbeiten an der knapp ein Kilometer langen Straße würde in die Millionen gehen, erklärt die Tiefbau-Chefin.
Geldmangel hindert Stendal an Sanierungen
Und das ist eines der Hauptprobleme: Geld. Die Stadt Stendal befindet sich in der Konsolidierung und muss sparen. Sanierungen müssen warten, solange keine akuten Notfälle wie in der Elisabethstraße anstehen. Die Stadt ist zum Reagieren verdammt.
Annegret Schröder hofft, dass wenigstens der Neubau des Regenwasserkanals in der Gardelegener Straße klappt. Im Juni 2023 wurde der Stadtrat über die Pläne der Stadtverwaltung informiert.
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Der bisherige „Kanal ist durchgängig stark beschädigt, punktuell sogar nicht mehr vorhanden“, hieß es damals. Der Abschnitt zwischen Schulstraße und Kreisel hat nach den Netzplänen der Stadt sogar nie einen Regenwasserkanal besessen. Erste Berechnungen zu den Baukosten lagen vor einem Jahr bei fast einer Million Euro.
10 Kilometer Leitungen inspiziert
Abschließend kann Annegret Schröder gar nicht sagen, wie es insgesamt ums Regenwassernetz steht. In den letzten vier Jahren wurden von 120 Kilometern nur zehn inspiziert.
Die Tiefbauchefin versucht, im Haushalt Geld für die Inspektion von jährlich fünf Kilometern sicherzustellen. Bei den bisher untersuchten Leitungen kann Annegret Schröder jedoch sagen: Sie sind marode und müssen mittelfristig saniert werden.