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Wildbiologin Yvette Krummheuer betreut das WWF-Projekt Wolf Sachsen-Anhalt Ziel ist, Akzeptanz für den Wolf zu schaffen

12.10.2013, 01:05

Mehr als 100 Jahre lang galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet. Seit mehr als zehn Jahren sind dauerhafte Ansiedlungen in der sächsischen Lausitz nachzuweisen. Inzwischen leben deutschlandweit mindestens 40 bis 60 Wölfe. In Arneburg betreut Wildbiologin Yvette Krummheuer das WWF-Projekt Wolf Sachsen-Anhalt. Doreen Schulze sprach mit ihr.

Volksstimme: Das WWF-Projektbüro Wolf hat seinen Sitz in Arneburg. Ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, dass es in der Region um Arneburg Wölfe gibt?

Yvette Krummheuer: Nein, hier gab es noch keine Sichtungen. Allerdings wissen wir, dass es seit 2009 auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow Wölfe gibt. Ein einzelner Wolf konnte darüber hinaus auf dem Truppenübungsplatz Colbitz- Letzlinger Heide nachgewiesen werden.

Volksstimme: Was ist im Rahmen der Projektarbeit speziell in der Altmark ihre Aufgabe?

Krummheuer: Meine Aufgabe hier ist es, auf den Wolf vorzubereiten.

Volksstimme: Mit welchen Maßnahmen setzten sie das um?

Krummheuer: Das Projekt Wolf Sachsen-Anhalt ist ein WWF-Projekt, das mit ELER-Mitteln (Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, Anmerkung der Redaktion) finanziert wird. Aufklärungsarbeit soll geleistet werden. Schwerpunkt ist der Herdenschutz. Dazu berate ich Schaf- und Nutztierhalter. Unter anderem erläutere ich, wie Zäune "wolfssicher" gemacht werden, etwa mit Elektrozäunen. Dazu werden auch noch Schulungen stattfinden. Für all diese Maßnahmen arbeite ich eng mit der Referenzstelle Wolfsschutz im Land Sachsen-Anhalt mit Sitz bei der Biosphärenreservatsverwaltung "Mittelelbe" in Arneburg zusammen.

Volksstimme: Warum ist das Projekt notwendig?:

Krummheuer: Momentan ist kein Konflikt zwischen Wolfsbefürwortern und Wolfsgegnern zu erleben. Das Projekt bereitet schon jetzt darauf vor, dass sich möglicherweise Wölfe ansiedeln.

Volksstimme: Wie sieht ihre Arbeit konkret aus?

Krummheuer: Ich bin erst seit wenigen Monaten in Arneburg. Seither baue ich Kontakt zu den Ansprechpartnern auf. Meine Aufgabe ist es, in die Schäfereibetriebe zu gehen und das Projekt vorzustellen. Allerdings bin ich nicht nur in der Altmark, sondern in ganz Sachsen-Anhalt unterwegs. Die eigentliche Arbeit in der Altmark beginnt erst noch. Dann erfolgt die Beratung der Nutztierhalter. Jetzt kommt die Arbeit langsam ins Rollen. Ich bin gespannt.

Volksstimme: Wie lange dauert das Wolf-Projekt Sachsen-Anhalt?

Krummheuer: Bis August 2015. Ziel und Zweck ist es zum einen, die natürliche Rückkehr des Wolfes zu begleiten und zum anderen beim Strukturenaufbau zu helfen, Tierhaltern Hilfestellung im Umgang mit dem Wolf zu geben und Akzeptanz zu fördern.

Volksstimme: Apropos Akzeptanz. Wie sieht es mit der Akzeptanz des Wolfes in der Bevölkerung aus ?

Krummheuer: Da ich noch nicht so lange in der Region bin, kann ich noch nicht sehr viel dazu sagen. Fakt ist jedoch, dass nicht zur Debatte steht, ob der Wolf erwünscht ist oder nicht. Nach EU-Recht steht der Wolf unter Schutz, bis ein Status X der Population erreicht wird. Ziel des Projekts ist es daher, Lösungsstrategien zur Konfliktvermeidung zu entwickeln und dazu Betriebsberatung und Präventionsbetreuung anzubieten.

Volksstimme: Haben sie schon einen frei lebenden Wolf gesehen?

Krummheuer: Ja, ich habe das große Glück gehabt, einen Wolf zu sehen. Das ist wirklich Glückssache. Allerdings war das in Brandenburg.

Volksstimme: Sie sagen Glückssache. Wird ein Pilzesammler oder Spaziergänger im Wald unserer Region dem Wolf bald begegnen können? Und wenn ja, muss er sich vor dieser Begegnung fürchten?

Krummheuer: Angst haben muss man auf keinen Fall. Wölfe sind scheu und gehen einer Begegnung mit dem Menschen eher aus dem Weg. Sollte es doch zu einer Begegnung kommen, sollte man einfach stehen bleiben. Man kann sich freuen, einen solchen Moment zu erleben oder sich einfach langsam zurückziehen. Ich rate also: Gehen Sie weiterhin in den Wald!

Volksstimme: Hat sie der Wolf schon von je her interessiert?

Krummheuer: Der Wolf ist ein interessantes Tier. Ich habe mich während meiner Arbeit aber auch schon anderen Tieren gewidmet. An dieser Stelle ein paar Worte zu meinem Werdegang. An der damaligen Fachhochschule Eberswalde, heute Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, studierte ich Landschaftsnutzung und Naturschutz. Meine Diplomarbeit habe ich über Biber in Brandenburg geschrieben. Auch nach dem Studium erstellte ich freiberuflich Biber- und Fischottermonitoring. Für das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz bin ich dann zum Wolf gekommen.

Volksstimme: Sie beraten die Nutztierhalter, um unangenehme Begegnungen zwischen Wölfen und Nutztierherden im Vorfeld zu begegnen. Was raten sie aber, wenn es doch zu einem Riss kam.

Krummheuer: Wenn ein Zugriff erfolgt sein sollte, können wir mit einem Notfallsatz für einen bestimmten Zeitraum dem Halter fehlendes Equipment, zum Beispiel Zäune, stellen. Die Referenzstelle Wolf mit Sitz im Arneburger Verwaltungsgebäude ist der richtige Adressat, um sich bei Rissen zu melden. Diese Stelle begutachtet auch die Risse. Dorthin kann sich auch jeder wenden, der einen Wolf gesehen hat. Und natürlich stehe auch ich für Fragen und Hinweise zur Verfügung.

Yvette Krummheuer ist in Arneburg in den Räumen der Breiten Straße 15 anzutreffen (Anmerkung der Redaktion).