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Ausbaubeiträge Linke in Wanzleben will Zahlungen stoppen

Die Wanzleber Stadtratsfraktion der Linken möchte, dass fällige Straßenausbaubeiträge von Bürgern vorübergehend ausgesetzt werden.

Von Mathias Müller 26.04.2019, 01:01

Wanzleben l Geht es nach dem Willen der Linke-Fraktion und ihres Vorsitzenden Tino Bauer im Wanzleber Stadtrat, dann sollen ab Juni 2019 die Straßenausbaubeiträge für Bürger in der Einheitsgemeinde vorübergehend ausgesetzt werden. Die Fraktion hat einen Antrag mit diesem Ziel auf den Weg durch die Ortschaftsräte und Ausschüsse gebracht, der vom Stadtrat endgültig bei seiner Sitzung am 20. Juni zu entscheiden ist.

Bislang stößt der Antrag der Linken in den Ortschaftsräten auf wenig Gegenliebe. Die Mitglieder der Ortschaftsräte Domersleben, Groß Rodensleben, Bottmersdorf/Klein Germersleben und der Bauausschuss des Stadtrates Wanzleben lehnten den Antrag bisher ab. Lediglich Dreileben sprach sich bei einer Ja-Stimme, keiner Gegenstimme und sechs Enthaltungen für den Antrag aus. Die anderen Ortschaftsräte und der Hauptausschuss müssen noch entscheiden, bis dann der Stadtrat Wanzleben das letzte Wort über den Antrag spricht.

Wie es im Antrag der Linken heißt, solle der Stadtrat die Wanzleber Stadtverwaltung beauftragen, eine Regelung zu definieren, die die Abrechnung der fälligen Straßenausbaubeiträge gegenüber den betroffenen Bürgern mit sofortiger Wirkung aussetze. „Der derzeitige Streit über die Straßenausbaubeiträge innerhalb der Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt veranlasst die Fraktion ‚Die Linke‘ einen Antrag einzubringen, mit dem wir eine sofortige Regelung fordern, die Abrechnung der Straßenausbaubeiträge vorübergehend auszusetzen“, schreibt Fraktionschef Tino Bauer in der Begründung.

Die Linke habe bereits im November 2018 einen Gesetzentwurf im Landtag vorgelegt, um die Straßenausbaubeiträge zum 1. Januar dieses Jahres abzuschaffen, um dadurch die Bürger finanziell zu entlasten. Darin enthalten sei auch ein konkreter Vorschlag, wie die Einnahmeausfälle der Gemeinden ausgeglichen werden könnten. Und zwar durch zusätzliche Zuweisungen des Landes in Höhe von 27 Millionen Euro und weiteren Erstattungen aus dem Ausgleichsstock.

„Dem Antrag kann nicht entsprochen werden. Das Problem besteht darin, dass Straßenbau erfolgen soll, aber ohne Beiträge zu erheben. Entweder es wird nicht gebaut oder es wird der Beitrag entsprechend Satzungsrecht erhoben“, sagt Wanzlebens Bürgermeister Thomas Kluge (parteilos) zum Vorpreschen der Linken im Stadtrat. Einen Vorgriff auf eine eventuelle Änderung von Landesrecht könne die Stadt Wanzleben-Börde nicht vornehmen. Das würde weder geltendem Recht noch der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt entsprechen. „Auch mit dem Thema Gerechtigkeit gegenüber allen, die den Straßenausbau schon bezahlt haben, muss sich der Gesetzgeber befassen“, stellt Kluge klar.

„Die Fraktionsmeinung ist nicht einheitlich. Es gibt Mitglieder, die eine Abschaffung der Beitragserhebung befürworten. Andere Mitglieder, zu denen gehöre auch ich, sehen eine Abschaffung kritisch“, sagt Martin Heine, CDU-Fraktionschef im Wanzleber Stadtrat. Der Antrag der Linken zur vorübergehenden Aussetzung sei aus seiner Sicht von der anstehenden Kommunalwahl motiviert. Die Abschaffung oder Aussetzung werde versprochen ohne zu sagen, wie Straßenausbau künftig finanziert werden solle.

„Klar ist, Straßenausbau gibt es nicht für umsonst. Wenn nicht die Anlieger mit bezahlen, müssten diese Kosten entweder aus den Steuern, die das Land bekommt, oder aus Steuern, die von der Stadt erhoben werden, getragen werden. Jedenfalls zahlt der Steuerzahler“, ist sich Heine sicher. Auf das Land setze er hingegen nicht. Zum einen sei dort keine Regelung absehbar, zum anderen werde dort gern viel versprochen und eher wenig gehalten. Jüngstes Beispiel sei die Zusage bei der Kostenübernahme von steigenden Kinderbetreuungskosten.

Bliebe die Finanzierung des Straßenbaus aus dem allgemeinen Stadthaushalt. „Der ist aber schon jetzt zu dünn und kann einen Wegfall der Ausbaubeiträge nicht ausgleichen. Um künftig Straßen auszubauen, bräuchte die Stadt mehr Geld. Der einzige Weg dafür wäre die Erhöhung der Steuern. Da wir das auch nicht wollen, bleibt dann Stillstand“, erklärt der CDU-Fraktionschef.

Zudem gebe es auch ein Gerechtigkeitsproblem. Viele Anlieger haben in den letzten Jahren für den Straßenausbau Beiträge bezahlt und sich dafür teilweise verschuldet. Diese Anlieger dürften dann die Kredite für ihren Beitrag weiter an die Bank zahlen und eventuell an die Stadt erhöhte Steuern, damit andere Anlieger bei künftigen Ausbaumaßnahmen beitragsfrei bleiben würden. Das wäre nicht gerecht. „Gut fände ich, wenn die Anlieger bei den Ausbauplanungen intensiver einbezogen würden und mehr Mitspracherechte hätten wie bei reinen Anliegerstraßen ein Vetorecht gegen zu teure Ausbaumaßnahmen“, sagt Martin Heine.

„Grundsätzlich halte ich den Antrag zur Entlastung der Bürger für gut. Wir sind als Gemeinderat jedoch an das Kommunalabgabengesetz gebunden. Die geplanten Maßnahmen im Haushalt wurden durch die politischen Entscheidungsträger, auch Linke, bereits beschlossen und sollten auch so umgesetzt werden“, erklärt Sandro Meyer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Wanzleber Stadtrat. „Wenn wir uns jetzt lähmen und knebeln, werden wir bis zur etwaigen Umsetzung keine Maßnahmen realisieren. Ob dann die Fördermittel noch so gewährt werden, ist auch fraglich“, stellte er weiter fest.

Auch halte Meyer derzeit die Regelung für die Bürger von den jeweiligen Ortsräten legitimiert, egal ob wiederkehrende oder einmalige Belastung. „Ich werde daher gegen den Antrag stimmen, weil ich auch privat immer nur das finanziell umsetze, was auch geht. Der Antrag im Zusammenhang mit dem städtischen Haushalt bietet hier keinen Spielraum und keine Lösung“, erklärte Meyer.

„Der Verzicht auf die Beiträge würde sich in einem nur schwer einzuschätzenden Umfang auf den Haushalt 2019 auswirken“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung zum Antrag der Linken. Insgesamt seien 680.700 Euro für kommunale Bauvorhaben im Etat veranschlagt. Dabei handele es sich um 613.000 Euro an Straßenausbaubeiträgen nach Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Die Finanzierung der Ausbaumaßnahmen wäre bei einer Nichterhebung gefährdet. Insbesondere bereits beauftragte Ausbaumaßnahmen seien nicht mehr durchfinanziert. Alternative Finanzierungsquellen gebe es nicht.

Betroffen davon seien die Beiträge für die Nebenanlagen der Landstraße 24 in Seehausen von 162.000 Euro im Jahr 2019 und 48.000 Euro im Jahr 2020. Auch das Bauprojekt Breitscheidring in Klein Wanzleben könne nur schwer zurückgestellt werden, da es sich um eine gemeinschaftliche Maßnahme mit dem Trink- und Abwasserverband Börde handele. Zudem müssten Bauvorhaben in Dreileben, Groß Rodensleben und Klein Wanzleben zurück gestellt werden, die noch nicht vergeben worden seien.