Der Hödinger hat damit auch Zeitgeschichte bewahrt, aber auch Erinnerungen an sein eigenes Berufsleben bei einer Straßenmeisterei Gerhard Gericke sammelt alte Schilder: Doku der Kreisreformen
Einer sammelt Briefmarken, der andere Postkarten, beim nächsten drängeln sich Gartenzwerge im Vorgarten. Einige Bewohner des Landkreises mit besonders ungewöhnlichen Sammelobjekten werden in dieser Serie vorgestellt. Heute: Gerhard Gericke aus Hödingen.
Von Marita Bullmann
Hödingen l Gerhard Gericke hat ein Stück Kreisgeschichte zu Hause. An Hand von Ortseingangsschildern kann der Hödinger nachweisen, wie sich innerhalb von nicht mal zweieinhalb Jahrzehnten der Kreisname immer wieder gewandelt hat und der Kreis dabei andere Dimensionen bekam. Um das zu demonstrieren, hat er einfach mal mehrere Schilder übereinander auf zwei Kanthölzer geschraubt. Das älteste Schild weist noch aus DDR-Zeiten den "Kreis Haldensleben Bezirk Magdeburg" aus. Nach der Wende gab es bald keine Bezirke mehr, und in Sachsen-Anhalt hieß es dann Landkreis Haldensleben, nur wenige Jahre später Landkreis Ohrekreis, und nach jüngster Kreisfusion jetzt Landkreis Börde. Diese Schilder sind für den 80-Jährigen nicht nur Erinnerung an Zeitgeschichte, sondern auch Erinnerung an sein Arbeitsleben. "Ich war 22 Jahre an der Straße", sagt er und meint damit seine Arbeit in der Straßenmeisterei Hödingen.
Als er dort angefangen hat, war die Meisterei noch ein Stützpunkt in einer Baracke im Rähm, aber da gab es Probleme mit dem Naturschutz. Die Straßenmeisterei sollte aus dem Naturschutzgebiet verschwinden, eine neue Meisterei sollte gebaut werden. Ganz neu gebaut wurde allerdings nicht.
Die Entscheidung fiel auf den Standort des Zementwerks, das Ende der 1950er Jahre in Hödingen entstehen sollte. Von diesem Zementwerk, das nach damaligen Vorstellungen das größte in der DDR werden sollte, standen nur zwei Verwaltungsbaracken.
Dann hatte sich das Bauvorhaben zerschlagen, 1979 wurde diese nicht fertiggestellte Baustelle zum Grundstock für die neue Straßenmeisterei. Eine große Halle musste noch gebaut werden. Durch Zufall hat Gerhard Gericke vor kurzem einen alten Artikel aus der Volksstimme in die Finger bekommen, in dem Ende der 1950er Jahre über das Zementwerkprojekt berichtet wurde. 1962 sollte die Produktion von 3000 Tonnen täglich aufgenommen werden. Kalkstein und Ton aus der Region sollten dazu verarbeitet werden.
Weil es Probleme mit einem anderen Zementwerk gegeben haben soll, sei damals in Hödingen nicht weiter gebaut worden, erinnert sich Gerhard Gericke. Der 80-Jährige hat auch die alten Brigadebücher der Straßenmeisterei aufbewahrt. Darin ist auch über den Bau in Hödingen nachzulesen und so manches andere aus dieser Zeit. "Die Technik war damals ziemlich primitiv", sagt Gericke, und setzt hinzu: "aber robust." Damals war die Straßenmeisterei noch für etwa 225 Kilometer Landesstraßen zuständig, und es gab noch eine Straßenmeisterei mit ähnlich großem Zuständigkeitsbereich in Haldensleben. Längst sind die Verantwortlichkeiten für die Kreis-, Landes- und Bundesstraßen neu geregelt.
Die Meisterei in Hödingen blieb jedoch bestehen. Zu den Aufgaben gehört auch, die Ortseingangsschilder in Schuss zu halten beziehungsweise zu aktualisieren. Die meisten alten Schilder wurden verschrottet, bis auf einige, die Gerhard Gericke gerettet hat, obwohl er bei den ersten wohl noch nicht wusste, dass sich in nur so kurzer Zeit die Kreisnamen so oft ändern würden. In der DDR waren die Schilder aus Eisenblech oder einer speziellen Plaste. Heute sind die Schilder aus Alu, weiß Gerhard Gericke.
1996 ist der Hödinger, der in den letzten Jahren Stützpunktleiter war, in Rente gegangen, verbunden fühlt er sich seiner ehemaligen Arbeit noch heute, sein Sohn Ingolf arbeitet noch "an der Straße".