Exkursion durch den Steinbruch bot seltene Klänge und einen Einblick in die Kräuterlandschaft Weibchenmangel: Nachtigall-Junggeselle schluchzt und 70 Naturfreunde hören zu
Der Einladung zur Exkursion durch den Wanzleber Steinbruch waren am Sonnabend rund 70 Naturfreunde gefolgt. Vogelbuchautor Ernst Paul Dörfler und Heilpraktikerin Claudia Schreiner erklärten bei dem Rundgang die Vogel- und Heilpflanzenwelt.
Wanzleben l Für Olga Horn gehört die Kräuterkunde zum Allgemeinwissen. Gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter Anna wanderte sie am Sonnabend vom Wanzleber Volkspark aus zirka zwei Kilometer bis hin zum Steinbruch. "Mir ist es wichtig, meiner Tochter die Namen der verschiedenen Kräuter auf Deutsch und auf Russisch beizubringen. Ich komme ursprünglich aus Weißrussland und dort wird viel Wert auf Kräutermedizin gelegt", erzählt die Wanzleberin. Ihre Oma habe beispielsweise im Frühjahr immer Suppe aus jungen Brennnesseltrieben mit Sauerkraut gekocht. "Die ist nicht nur gesund, sondern hat auch noch gut geschmeckt", erinnert sich die Wirtschaftsrechtsexpertin. "In meiner Heimat wird zum Beispiel gern Johanniskraut mit Schnaps getrunken. Das hilft bei Magenbeschwerden", meint sie. Ansonsten sei das Kraut vielseitig einsetzbar. Zum Beispiel findet es auch bei Depressionen Anwendung.
Bei dieser knapp zweistündigen Wanderung wusste die Heilpraktikerin Claudia Schreiner aus Remkersleben Wissenswertes über die pflanzliche Hausapotheke zu berichten. Sie erklärte wie Heilpflanzen haltbar gemacht, aber auch wie Heiltees und Tinkturen hergestellt und verwendet werden können. Der bekannte Autor des Buches "Die Liebe der Vögel" Dr. Ernst Paul Dörfler erzählte seinen Zuhörern im Rahmen des naturkundlichen Spazierganges durch den Steinbruch interessante Dinge über das Liebesleben der Vögel.
"Die Nachtigall ist heute in voller Sangeslaune zu hören", sagte er. Die Gruppe lauschte dem Gesang mucksmäuschenstill. "Eigentlich paart sich die Nachtigall Anfang Mai. Danach schweigen die Männchen. Aber dieser Junggeselle trägt uns hier gerade sein ganzes Repertoire vor, inklusive Schluchzen und Klagen. Und das zur Mittagszeit. Eigentlich singen die Männchen von Mitternacht bis zirka 4 Uhr, weil dann die Weibchen die Männchen abfliegen. Da es aber einen Weibchenmangel gibt, schenken uns die unglücklichen Männchen derzeit das größte Hörgenuss-Glück", erklärt Dörfler, der 2010 für sein jahrzehntelanges Naturschutz-Engagement mit dem Euro-Naturpreis ausgezeichnet worden war, den zuvor u.a. Prinz Charles und Michail Gorbatschow erhalten hatten. Den rund 70 Naturfreunden hatte sich auch Wanzlebens Ortsbürgermeister Sandro Meyer nebst seiner Gattin Jeanette angeschlossen. Sie nutzten die Exkursion, um ihrem Sohnemann Elias die Salzquelle zu zeigen. Dass das Wasser hier nicht so salzig wie an der Ostsee schmeckt, darin waren sich die Wandersleute beim Umtrunk ihrer gemeinsamen Rast einig.