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Börde Bahn setzt Ziegen gegen Wildwuchs ein

Um dem Wildwuchs an einem Gleisabschnitt zwischen Ovelgünne und Dreileben/Drackenstedt zu vermindern, setzt die Bahn auf Ziegen.

Von Ronny Schoof 02.11.2020, 00:01

Drackenstedt l „Es sind quasi ideale Mitarbeiter“, scherzt Martin Tiedge, Serviceleiter bei der DB Fahrwegdienste GmbH in Magdeburg, mit Blick auf die kleine Burenziegenherde, die auf der Böschung fleißig ihr Fresswerk tut. „Sie haben keine Gewerkschaft und sind 24 Stunden im Dienst.“ Tiedge hat zur täglichen Stippvisite eine kleine „Betriebsprämie“ mitgebracht – einen Eimer Trockenfutter, der aus dem Gehege heraus gierig beäugt und alsbald belagert wird.

Die Zicken waren Leiharbeiter aus dem Thüringischen. Die Bahn hatte sie für knapp anderthalb Monate gemietet. Kooperationspartnerin war Sandra Lippert, die in der Nähe von Weimar einen Landschaftspflegebetrieb führt und mit ihren „Angestellten“ – Burenziegen, Nolanaschafe und Rotes Höhenvieh – mobile Dienste anbietet.

„Darauf sind wir aufmerksam geworden“, so Martin Tiedge, „und wollten nun Erfahrung damit sammeln, ob diese Form der Wildwuchsbekämpfung eine dauerhafte Option für uns ist.“ Als Versuchsstrecke diente ein knapp ein Hektar großer Abschnitt entlang der Bahnlinie Magdeburg-Braunschweig. Alle paar Tage haben Tiedge und Kollege Tino Krannich die Umzäunung um einige Meter versetzt und der gehörnten Brigade somit ein neues Futterrevier verschafft. „Und die sind tatsächlich fast den ganzen Tag mit fressen beschäftigt“, ist Krannich verblüfft.

Primäres Ziel der Ziegenzähne war die Robinie. Die macht der Bahn beziehungsweise den Fahrwegverantwortlichen einigermaßen zu schaffen. „Sie ist sehr wüchsig und wurde früher gezielt angepflanzt, um die Hänge zu stabilisieren“, erklärt Tiedge, „allerdings neigt die Robinie auch zum Verwildern und ist eine recht invasive Baumart. Sie wächst uns förmlich um die Ohren.“ Die Beweidung der Hänge mit Mietziegen sei der Versuch, die Robinie „auf ökologische Art zurückzudrängen; wir wollen hier also, was der Förster nicht will, den Verbiss an den Bäumen, damit sie dann eingehen.“

Burenziegen seien für diesen Zweck ein geeignetes und hochentwickeltes Werkzeug, meint Sandra Lippert: „Ein Problem bei Robinien sind ja deren dicke, feste Dornen, die auch Schutzhandschuhe durchstechen. Das macht die Beseitigung von Hand schwierig und aufwendig. Burenziegen hingegen lassen sich von den Dornen nicht stören. Die gespaltene Oberlippe ermöglicht der Ziege das Befressen von mit Stacheln oder Dornen bewehrten Pflanzen.“ Ein weiterer Vorteil sei ihre Geländegängigkeit auch in Hanglagen, und nicht zuletzt verfügten Burenziegen auch über gewisse gymnastische Fertigkeiten: „Sie sind in der Lage, auf den Hinterbeinen stehend Gewächse bis in eine Höhe von 1,80 Meter zu verbeißen.“ Schafe hingegen seien für die Robinienrodung ungeeignet, sagt Lippert: „Die würden nicht genug Nährstoffe finden.“

Die erste Bilanz der Bahngesellschaft fällt positiv aus. Zum einen hat Martin Tiedge und Tino Krannich das vorübergehende Hirtendasein „unheimlich viel Spaß“ gemacht. „Zum anderen, und das ist natürlich der weitaus wichtigere Aspekt, hat es funktioniert“, stellt Tiedge fest. „Der Verbiss durch die Ziegen genügt, damit die Robinien absterben, das hat man nach den ersten Wochen schon gesehen. Das fördert nun auch andere Gewächse, denn es kommt wieder Licht rein.“

Eine weitere Zusammenarbeit zwischen Ziege und Bahn sei somit nicht ausgeschlossen.