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Investitionen Handwerk fürchtet Auftragsflaute

Grundstückseigentümer in Wernigerode müssen Anschlussgebühren für Abwasser nachzahlen. Das bereitet der Handwerkerschaft Sorgen.

Von Holger Manigk 05.04.2016, 01:01

Wernigerode l Eine Auftragsflaute befürchten Wernigeröder Handwerker. Der Grund dafür sei der „besondere Beitrag“ für Abwasseranschlüsse, den 4500?Wernigeröder Grundstückseigentümer zahlen müssen, sagt Andreas Heine. Wie der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft erläutert, sinke durch die Sonderabgabe die Kaufkraft vieler Privathaushalte.
„Dann werden als erstes Reparaturen, Sanierungen und Investitionen zurückgestellt“, sagt Heine. Er gehe davon aus, dass die Negativspirale erst langfristig bemerkbar werde. „Noch ist davon kaum etwas zu spüren.“
Die Wernigeröder Wohnungsgenossenschaft (WWG) zum Beispiel muss als Großvermieter nach derzeitigem Stand rund eine halbe Million Euro an Gebühren nachzahlen. „Wir haben fixe Einnahmen von unseren Mietern und feste Ausgaben“, sagt Geschäftsführer Christian Linde. Das Unternehmen könne den Betrag nur bei Aufträgen für Handwerker einsparen.
„Vor allem Handwerker aus der Region sind davon betroffen“, so Linde. Das Budget für die Instandhaltung der Wohnhäuser belaufe sich auf rund zwei bis drei Millionen Euro pro Jahr. Der Sonderbeitrag sei für die Wohnungsgenossenschaft zwar nicht existenzbedrohend, aber „wir müssen jetzt Geld beiseite legen für die Gebührenzahlung“.
„Fast alle meine Auftraggeber habe ich in Wernigerode“, berichtet Dachdeckermeister Guido Fischer. Darunter seien Eigentümer großer Grundstücke wie die WWG – diese werden besonders stark belastet. Einige Kunden hätten bereits Aufträge zurückgezogen, um die Gebühren bezahlen zu können, berichtet der Meister der Dachdeckerinnung. Bei seinem Betrieb mit sieben bis acht Mitarbeitern müsse er rasch über personelle Konsequenzen nachdenken, wenn viele Aufträge ausbleiben.
Ähnliches befürchtet Kreishandwerkerchef Andreas Heine: „Wir haben zwar momentan einen Fachkräftemangel, aber wenn Aufträge fehlen, werden viele Arbeitsplätze wegfallen.“ Die Verunsicherung durch die drohenden Zusatzgebühren sei bei vielen Kunden spürbar.
Der Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode (WAHB) wurde von der Kommunlaufsicht des Harzkreises verpflichtet, die besonderen Anschlussbeiträge von Besitzern vor 1991 angeschlossener Grundstücke zu erheben. Der WAHB kämpft derzeit vor Gericht dafür, dass er keine die Sonderbeiträge für die Anschlüsse an die alte Kläranlage an der Schmatzfelder Straße eintreiben muss. „Da der WAHB dies von Beginn an offen kommuniziert hat, liegt die Zahl der Widersprüche erwartungsgemäß auf sehr hohem Niveau“, sagt Nikolai Witte. Die gerichtliche Klärung werde „sicherlich noch etliche Monate dauern“. Die Dauer des Verfahrens hänge mit der Belastung der zuständigen Verwaltungsgerichte zusammen.
Der Verbandsgeschäftsführer vermutet, dass Grundstückseigentümer die notwendigen Arbeiten zum Erhalt der Bausubstanz kaum ausfallen lassen werden. Wer Schwierigkeiten hat, den Beitrag zu begleichen, kann beim Abwasserverband Holtemme-Bode Ratenzahlung beantragen. Auskunft gibt die Geschäftsstelle in Silstedt.
Das überzeugt die Bauwilligen nicht unbedingt. „Ohne die Entscheidung des Gerichts können wir kein Geld für Aufträge verplanen“, sagt hingegen WWG-Vorstand Christian Linde.