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Naturschutz Verdacht: Ein Wolf in Wernigerode

Streunt in Wernigerode ein Wolf umher? Aktuelle Fotos und Filmsequenzen lassen den Verdacht aufkommen. Der Experten-Beweis steht jedoch aus.

Von Dennis Lotzmann 20.02.2017, 19:53

Wernigerode l Aufregung in Wernigerode: Gleich an mehreren Stellen im Stadtgebiet soll in den vergangenen Tagen ein Wolf gesichtet worden sein. So in einer Unterführung im Veckenstedter Weg und im Bereich des Galgenbergs. In sozialen Netzwerken geistern seit dem Wochenende Gerüchte und Fotos herum. Und auch ein der Volksstimme vorliegendes Foto lässt ein Tier, das einem Wolf zumindest sehr ähnelt, direkt neben einem Haus erkennen. Doch handelt es sich wirklich um einen Vertreter der Raubtiere?

Dietrich Kramer, Vorsitzender der Jägerschaft Wernigerode, ist nach Sichtung des Foto- und Filmmaterials, das ein Jäger aufgenommen hat, jedenfalls sicher, dass es sich um „einen Wolf oder einen Wolfshybriden handelt“. Hybriden sind Mischlinge. Um den absoluten Beweis zu bekommen, soll das Material den Experten beim Wolfskompetenzzentrum vorgelegt werden.

Nach Kramers Worten ist das Auftauchen des Tieres in Wernigerode keineswegs überraschend. „Anfang voriger Woche sind zwei Wölfe in einer Pferdekoppel in Hüttenrode gesichtet worden“, berichtet Kramer. Zudem gebe es verwaschene Aufnahmen von einer Tier-Monitoring-Kamera aus dem Bereich Rübeland. Und auch im Stadtgebiet von Wernigerode – konkret am Waldhofbad – sei ein Wolf gesehen worden, so Kramer. Ob es sich um dasselbe Tier handelt, sei unklar. Es habe diesbezüglich polizeiliche Einsätze gegeben, sagt er.

Das allerdings verneint der Harzer Polizeisprecher Uwe Becker: „Einsätze im Zusammenhang mit einem Wolf hat es nicht gegeben“, so der Hauptkommissar. Wernigerodes Stadtwehrleiter Matthias Treuthardt ist ein Einsatz von Polizei und Jägerschaft am Sonntagnachmittag in Erinnerung. Dabei sei jedoch ein Hund, der wohl Ähnlichkeit mit einem Wolf gehabt haben soll, Auslöser gewesen. Auch diesen Einsatz kann Polizeisprecher Becker auf Nachfrage nicht bestätigen.

Soll heißen: Jene „Wolfsgeschichte“ bleibt nebulös und dessen Existenz – bis zur verbrieften Bestätigung des Bildmeterials durch Experten – nicht mehr als ein Gerücht. Derer hat es schon zahlreiche gegeben. Jäger Dietrich Kramer vertraut auf Informationen befreundeter Jäger: „Es sind in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach im Harz Wölfe gesichtet worden.“ Unter anderem im Bereich Güntersberge. „Für Fotoaufnahmen, die dort entstanden sind, gibt es definitiv eine Bestätigung“, erklärt er.

Doch wo genau verläuft die Grenze zwischen Vermutung und sicherer Bestätigung? Friedhart Knolle, Sprecher der Harzer Nationalpark-Verwaltung, kann von vielen angeblichen Wolfssichtungen berichten. „Letztlich haben sich nahezu alle Fälle als Irrtürmer herausgestellt, weil die Verwechslungsgefahr mit Wolfshunden, bestimmten Schäferhunden und Huskys groß ist“, so Knolle.

Es gebe jedoch die sogenannten Scalp-Kriterien, um Wölfe oder andere Raubtiere exakt zu erfassen. „Denkbar ist der Beweis der Wolfsexistenz über einen genetischen Nachweis mithilfe einer Haarprobe, der Auswertung einer Biss-Spur oder einem eindeutigen Foto“, so der Nationalpark-Sprecher.

Gerade mit Fotos sei das freilich so eine Sache, ergänzt Ole Anders. Der 46-Jährige ist Luchs-Beauftragter im Nationalpark und hat auch die Wolfsthematik auf dem Radar. „Bislang hat es zwar immer mal wieder Hinweise auf Wölfe im Harz gegeben – bis auf einen Fall gibt es dafür aber keinen Beweis“, so Anders. Im Februar 2016 tappte ein Wolf im Wald zwischen Meisdorf und Ballenstedt in eine Fotofalle.

Dass die Raubtiere, die vor allem in Brandenburg und Sachsen wieder heimisch sind, über kurz oder lang auch den Harz bevölkern werden, steht für Knolle und Anders außer Frage. Beim Foto-Wolf von Ballenstedt, sind sich die beiden sicher, dürfte es sich um einen Einzelgänger handeln.

Bleibt die Kernfrage, wie real die Wolfsbeobachtung in Wernigerode ist. „Ich kenne noch kein Foto“, so Anders. Das der Volksstimme vorliegende Foto darf nicht publiziert werden. Ole Anders erinnert daran, dass Wolfsfotos oft gefälscht sind. „Eines, das angeblich bei Heimburg aufgenommen wurde, stammte in Wirklichkeit aus Mecklenburg.“

Dabei sind die Raubtiere längst auch in Sachsen-Anhalt verbreitet: Vor allem in Wäldern der Altmark sowie im Elberaum. Im Herbst 2016 waren laut Landesamt für Umweltschutz 13 Rudel bekannt. Nur eben nicht im Harz: „Wir haben zwischen August 2016 und Januar 2017 insgesamt 60 Fotofallen-Standorte im Harz betrieben. Einige davon standen sogar im stadtnahen Bereich“, so Ole Anders. Ein Wolf sei nicht reingetappt.