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Autobahn 36 Zweiter Anlauf für Autohof

Der Stadtrat Wernigerode hat den Autohof im September abgelehnt. Der Investor will dennoch bauen.

Von Katrin Schröder 14.02.2020, 03:12

Wernigerode l Der Autohof in Wernigerode ist vom Tisch? Noch nicht so ganz: Der Investor unternimmt einen zweiten Anlauf für sein Projekt, das in der September-Sitzung im Stadtrat abgelehnt wurde. In der Kritik stand vor allem der hohe Werbepylon, der gebaut werden sollte. Bedenken gab es zudem wegen der Verkehrsführung von der Autobahn zum Autohof.

Zumindest einer der beiden Punkte ist inzwischen vom Tisch. Er wolle auf den ursprünglich geplanten 38 Meter hohen Werbemast verzichten, erklärt Jürgen Sallier, Geschäftsführer der Sallier Bauträger GmbH. Das Unternehmen aus dem niedersächsischen Lüneburg tritt laut Firmenwebsite als „Investor und Projektentwickler für Handels-immobilien und Bestandsobjekte mit Revitalisierungsbedarf sowie Wohnimmobilien in Wachstumsregionen“ auf.

Den Autohof plant das Unternehmen für die Kette Tank & Rast, die bundesweit rund 400 Autobahnraststätten, 360 Tankstellen sowie 50 Hotels betreibt. Der Konzern mit Sitz in Bonn verfügt damit Medienberichten zufolge über mindestens 90 Prozent Marktanteil in diesem Segment, versucht aber seit geraumer Zeit, auch bei den Autohöfen Fuß zu fassen, die Rastenden nahe der Auffahrten ihre Dienste anbieten.

Derzeit betreibt Tank & Rast 16 Autohöfe. Die Sallier Bauträger GmbH plane derzeit insgesamt den Bau von vier neuen Autohöfen, sagt der Geschäftsführer – neben Wernigerode sollen diese in Lüneburg, Uelzen und Walsrode/Dorfmark errichtet werden.

Laut Planung will der Bauträger in Wernigerode rund zehn Millionen Euro in die Errichtung der Anlage mit Tankstelle, Parkplätzen für Autos und Lkw, einem Restaurant und einem Motel investieren. Auf dem rund 17.800 Quadratmeter großen Gelände sollen zirka 32 Dauerarbeitsplätze entstehen.

Nach dem Nein im Stadtrat hätten die Investoren um eine erneute Beratung im Dezernat Bauwesen und Stadtplanung gebeten, teilt Rathaussprecher Tobias Kascha auf Volksstimme-Nachfrage mit. Nach dem Verzicht auf den Pylon wäre demnach lediglich die Frage der Zufahrt zu regeln, alle anderen Vorgaben des Bebauungsplans würden eingehalten. Da nach Meinung der Teilnehmer die vom Investor vorgelegte verkehrstechnische Untersuchung „bisher nicht ausreichend erläutert wurde“, sei dies Mitte Januar in einer nichtöffentlichen Runde mit Bauamt und Stadtratsmitgliedern im Rathaus nachgeholt worden.

Ob die Stadträte mehrheitlich ihre Meinung ändern werden, vermag Sallier nach der Sitzung nicht einzuschätzen. „Ich investiere lieber in Wernigerode als anderswo“, sagt der Firmenchef, der familiäre Wurzeln in der Stadt hat. Er habe das Grundstück neben der Straßenmeisterei notariell für seine Firma gesichert. Wenn der Stadtrat zustimme, werde das Areal gekauft. Wenn nicht, dann sehe man sich woanders um. Er glaubt aber: „Das ist eine Bereicherung für die Stadt.“

Auf den Pylon könne der Bauträger deshalb verzichten, weil die Landesstraßenbaubehörde (LSBB) ihm die Anbringung von Hinweisschildern an der Autobahn in Aussicht gestellt habe. „Wir haben das schriftlich“, so Sallier.

Das will das Verkehrsministerium auf Volksstimme-Nachfrage aber nicht bestätigen: Beim Gespräch zwischen der LSBB und dem Projektverantwortlichen im Herbst 2019 ist laut Ministerium auf die begrenzte Anzahl möglicher Lkw-Stellplätze hingewiesen worden.

25 sind geplant – Hinweisschilder an der Autobahn sind aber eigentlich erst für Anlagen mit mindestens 50 Parkflächen vorgesehen. Es seien bisher „keine Hinweisschilder genehmigt worden“, so Ministeriumssprecher Andreas Tempelhof und fügt hinzu: „Zusagen wurden nicht gemacht.“ Es sei vielmehr darauf verwiesen worden, dass „bei einem möglichen Antrag eine genaue Prüfung erfolgen“ müsse.

Nach Einschätzung von Alexander Quabach, Geschäftsführer der Vereinigung der Autohöfe, ist die Frage der Werbung entscheidend für ein solches Projekt. „Ohne Sichtbarkeit von der Autobahn aus muss man es gar nicht erst versuchen.“ Dass Autofahrer die Rastmöglichkeit sehen – ob durch Schilder oder hohe Werbemasten – sei eine „wirtschaftliche Notwendigkeit“. Denn: „Es fährt eben doch nicht jeder mit der App vor der Nase.“

Grundsätzlich sei es aber gut, wenn mehr Lkw-Parkplätze geschaffen würden, sagt Quabach und verweist auf jüngste Zählungen, denen zufolge bundesweit 23.000 Lkw-Parkplätze fehlen. Daher wäre es wünschenswert, wenn auf einer neuen Anlage mehr Stellflächen entstünden als in Wernigerode geplant. Darüber hinaus könne aber ein Autohof mit seinen rund um die Uhr geöffneten Serviceeinrichtungen auch für das angrenzende Gewerbegebiet und für die Stadt von Interesse sein.

Um die Frage der Zufahrt zu regeln, muss der Bebauungsplan geändert werden. Denn die Zufahrt soll laut Investor direkt von der Halberstädter Chaussee aus erfolgen. Vorgesehen ist bisher jedoch, dass das Gelände von der Rückseite über die Theodor-Fontane-Straße angefahren wird. Das sei realitätsfremd, sagt Sallier: „Kein Lkw fährt einmal um den Block. Zudem wäre die Verkehrsbelastung dadurch viel größer.“

Dies untermauert der Investor mit der besagten verkehrstechnischen Untersuchung. Dem Papier zufolge sei die Ampel an der Kreuzung von Halberstädter Straße und Otto-von-Guericke-Straße „speziell in der Nebenrichtung und zu den Spitzenzeiten schon jetzt völlig überlastet“. Daher solle eine weitere Ampel zwischen Auffahrt und bestehender Kreuzung errichtet werden, um den Abzweig zum Autohof einzubinden.

Aus Richtung Wernigerode wäre dazu eine Linksabbiegespur einzuplanen, aus Richtung Silstedt eine Rechtsabbiegespur. Durch aufeinander abgestimmte Steuerung der Ampeln, eine sogenannte „grüne Welle“, sollten Rückstaus vermieden werden. Von Behördenseite gäbe es keine Einwände. Die LSBB habe das Konzept überzeugt, heißt es auf Volksstimme-Nachfrage aus dem Verkehrsministerium. Die vorgegebenen Qualitätsstufen würden eingehalten, eine Koordinierung der Ampeln sei möglich.

Grundsätzlich unterstütze die LSBB das Vorhaben, so Ministeriumssprecher Tempelhof – „auch aufgrund der begrenzten Kapazitäten von frei verfügbaren Lkw-Stellplätzen an der A 36“. Allerdings müssten alle Voraussetzungen erfüllt werden. Zumal es bisher für Auto- und Lkw-Fahrer an der Harzautobahn keine Alternative gebe und so bald auch nicht geben werde. „Nach jetzigem Kenntnisstand ist keine weiteren Rastanlage an der A 36 und kein weiterer Autohof im Bereich von Anschlussstellen der A 36 in Planung“, so Tempelhof.

Bevor sich nun der Stadtrat erneut mit dem Projekt befassen kann, müssen ab Datum der Ablehnung sechs Monate vergangen sein. Damit kann das Thema frühestens ab 12. März wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Eine Beratungsfolge könne aber noch nicht benannt werden: Seit Mitte Januar habe sich der Investor nicht wieder gemeldet, so Kascha.