1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Kosten sparen durch Partnerschaft

Bauplanung Kosten sparen durch Partnerschaft

Derzeit wird beraten, wie es mit der Kindertagesstätte Reddeber weitergehen soll. Möglich wäre, einen privaten Investor einzubeziehen.

Von Katrin Schröder 30.11.2017, 00:01

Wernigerode/Reddeber l Wernigerodes Stadtratsmitglieder beraten derzeit darüber, wie die Kindertagesstätte Reddeber wieder auf Vordermann gebracht wird. Eine Option, die zur Debatte steht, ist, dass ein privates Unternehmen diese Aufgabe für die Stadt übernimmt. Ob die Stadtverwaltung die Vor- und Nachteile dieses sogenannten Investorenmodells näher prüft, müssen die Stadträte in der nächsten Ratssitzung entscheiden.

Für Sozialdezernent Christian Fischer hat die Zusammenarbeit mit einem privaten Unternehmen Potenzial in mehrfacher Hinsicht. Eine Firma könne anders am Markt agieren als die öffentliche Hand, das städtische Bauamt würde entlastet. Auch finanziell gebe es Vorteile. „Wir müssten weder ein Darlehen aufnehmen noch Geld aus dem Stadtsäckel nehmen, sondern könnten die Kosten über einen längeren Zeitraum in Form eines Mietmodells abzahlen.“ Ein Vorbild sei der Contracting-Vertrag zur Modernisierung der Heizung in der Francke-Schule. Die Kosten der Anlage, die die Stadtwerke Wernigerode bauen und finanzieren, wird über zehn Jahre durch einen höheren Gaspreis abbezahlt.

Die Stadtwerke sind auch als Partner für einen möglichen Neubau der Reddeberaner Kindertagesstätte im Gespräch. Geschäftsführer Steffen Meinecke bestätigt, dass dazu Gespräche geführt wurden. „Für uns ist das Neuland“, stellt er klar. Das kommunale Unternehmen prüfe derzeit, welche Möglichkeiten es habe und welche Vorteile sich daraus für beide Partner ergeben. Klar sei aber: „Ein Wirtschaftsunternehmen im Wettbewerb kann anders agieren“, so Meinecke.

Ein Beispiel für Stadtwerke-Engagement findet sich im nordrhein-westfälischen Solingen. Dort bauen derzeit die Stadtwerke einen Kindergarten mit 80 Plätzen – weil an Rhein und Ruhr betriebliche Betreuungsplätze gefragt seien, sagt Solingens Jugendamtsleiter Rüdiger Mann. Unternehmen wie die Stadtwerke investieren in betriebsnahe Kindergärten, in denen sie Plätze für Mitarbeiter reservieren. Bund und Land geben Geld für den Bau, betrieben wird die Einrichtung von einer Tochter des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Eine weitere Möglichkeit ist, Planung, Bau und Zwischenfinanzierung einer Firma zu übertragen, erklärt Eike Christian Schnoor, Prokurist der VBD Beratungsgesellschaft für Behörden in Berlin. Das Büro berät Verwaltungen, die Investitionen mithilfe privater Partner verwirklichen. Kommunen können sich für eine Gesamtvergabe entscheiden, wenn eine Wirtschaftlichkeitsberechnung belegt, dass dies kostengünstiger ist. „Bei Neubauprojekten ist das problemlos darstellbar“, so Schnoor. Denn nur, wenn alles optimal läuft, baut die öffentliche Hand billiger als die private. Bei der Vielzahl der beteiligten Planer und Gewerke gelingt dies oft nicht. Verwaltungen müssen Lose einzeln vergeben und bei Problemen Ausschreibungen wiederholen. „Der Aufwand ist groß.“ Ein Generalunternehmer könne dies besser steuern.

Bei Gesamtvergaben bewerben sich Firmen mit fertig geplanten Projekten. „Die Kommunen bekommen einen Entwurf zum Pauschalpreis und können entscheiden, was für sie sinnvoll ist“, so Schnoor. Der Festpreis sei meist verlässlich, Nachträge beliefen sich im Schnitt auf 1,5 Prozent der Bausumme. Bezahlt wird erst mit Abnahme und Schlüsselübergabe. Änderungen seien nachträglich aber kaum möglich. „Man muss sich am Anfang intensiv mit dem Projekt auseinandersetzen und genau wissen, was man will“, betont der Berater.

Wie die Stadt Stadtilm in Thüringen: Die Verwaltung hat 2014 das Wernigeröder Unternehmen Industriebau mit dem Bau der Kindestagesstätte „Friedrich Fröbel“ beauftragt. Für kleine Verwaltungen sei es gut, die Planung abzugeben, so Hauptamtsleiter Frank Hofmann. Auch das verbindliche „Preisschild“ sei ein „Riesenvorteil“. Ein weiterer Effekt: „Der Bauauftragnehmer ist bestrebt, das Objekt schnell fertig zu bauen“, so Hofmann.

Industriebau-Geschäftsführer Peter Schmidt erinnert sich gut an das Projekt: „Das war unser erster Kindergarten.“ Mittlerweile hat das Unternehmen eine spezielle Modulbauweise für Tagesstätten entwickelt und hat Pläne für Einrichtungen mit 80 bis 140 Plätzen in der Schublade. Zwischen Baugenehmigung und Schlüsselübergabe vergehe höchstens ein Jahr, so Schmidt. Das Angebot hat zum Beispiel die Stadt Magdeburg überzeugt: Dort errichtet Industriebau derzeit neun Kindertagesstätten. Das weiß auch Sozialdezernent Fischer. „Uns ist bewusst, dass es ein Wernigeröder Unternehmen gibt, dass dort erfolgreich tätig ist.“