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Ausflugsziel Begeisterte Besucher: In Harzer Schausägewerk wird DDR-Tradition wiederbelebt

Familie Ehrt legt in ihrem Schausägewerk im Harz einen Verkaufsschlager aus DDR-Zeiten neu auf. Was Besucher am Wochenende in dem Betrieb bei Elbingerode noch entdecken konnten.

Von Günther Breutel 23.10.2023, 06:15
Ein Douglasienstamm wird beim Tag der offenen Tür im Schausägewerk Ehrt bei Elbingerode zerlegt.
Ein Douglasienstamm wird beim Tag der offenen Tür im Schausägewerk Ehrt bei Elbingerode zerlegt. Foto: Günther Breutel

Elbingerode. - Seit der Stilllegung ihres Elbingeröder Sägewerkes hat Familie Ehrt keine Leitern mehr gebaut. Der Leiterbau war das große ökonomische Standbein des Betriebs im Mühlental. Tausende der Holzleitern verließen den Harz. Überall in der DDR wurden sie dringend benötigt, auch im Seehafen Rostock. Doch an der Küste kamen kaum welche der am Elbingeröder Hauptbahnhof verladenen Leitern an, fast alle wurden unterwegs gestohlen.

Die Holzbearbeitungsmaschinen für den Leiterbau, wie für die Langholme und Sprossen, sind noch im Schausägewerk vorhanden. Da kam bei Betreiber Peter Ehrt der Gedanke auf: „Beim nächsten Tag der offenen Tür bauen wir mal wieder eine Leiter.“ Gesagt, getan: Der 61-Jährige bereitete die drei Meter langen Fichtenholzholme vor, bohrte die Löcher für die aus Lärchenholz bestehenden zehn Sprossen und fügte dann alles zusammen. Stolz präsentierte er am Samstag dann die erste Leiter, die nach 35 Jahren wieder gebaut wurde. Dafür gab es von den vielen Besuchern Beifall.

Peter Ehrt und Stephanie Sommer präsentieren stolz die erste neue Holzleiter aus Elbingerode.
Peter Ehrt und Stephanie Sommer präsentieren stolz die erste neue Holzleiter aus Elbingerode.
Foto: Günther Breutel

In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Rübelandbahn hat es sich ergeben, dass das Schausägewerk öffnet, wenn eine Sonderfahrt von Blankenburg in den benachbarten Höhlenort mit der Dampflokomotive „Bergkönigin“ ansteht. Bei Ankunft des Sonderzuges in Rübeland stehen Busse bereit, die Interessierte über gut drei Kilometer zum Sägewerk bringen. „Der Sonderzug war heute bis auf den letzten Platz gefüllt – auch die Busse, die die Passagiere zu Sägewerk gebracht haben“, berichtete Rolf Borchert, Vereinsvorsitzender des Fördervereins Rübelandbahn.

So standen mehr als 100 Neugierige am großen Sägegatter, um sich das Schauspiel anzusehen, wie ein langer Douglasienstamm geteilt wird. Der Stamm wurde extra aus den Wernigeröder Stadtwald angeliefert. Das Gatter bedienten dabei Michael Wollhenke und Andreas Ehrt. Dessen Bruder Peter Ehrt erzählte dabei so manche Anekdote aus dem früheren Betriebsleben. So auch die von den Sägespänen: „Ein Lehrling eines Elbingeröder Fleischereibetriebes kam mit einem Sack und sollte Sägespäne hohlen.“ Der Firmenbesitzer Ehrt sah sich den Sack an und sagte: „Das geht nicht, der Sack hat unter ein großes Loch.“ Damit zog der Lehrling ab. Bald war er wieder da und im Sack lag eine Bratwurst – „dafür gab es dann die Späne“.

Diese drei Meter langen Holme wurden aus Fichtenholz gefertigt.
Diese drei Meter langen Holme wurden aus Fichtenholz gefertigt.
Foto: Günther Breutel

Peter Ehrt erläuterte zudem den Betriebsablauf, Andreas Ehrt führte die Gäste in das vor zwei Jahren aufgebaute Museum. Begeistert von der Besichtigung zeigte auch Familie Kröber aus dem Altenburger Land. Sie waren sehr erfreut darüber, dass sich die Maschinen am Rande Elbingerodes in einem „Top-Zustand“ befinden und einsatzbereit sind. Dazu erstaunte die Thüringer, dass sich der Betrieb in der DDR-Zeit über Wasser gehalten hatte.

Peter Ehrt war mit dem Ablauf des ersten Öffnungstags am Sonnabend sehr zufrieden. „Schon um 10 Uhr standen die Gäste ersten vor der Tür – wir waren noch alle in der Vorbereitung. Sie haben aber bis 11 Uhr gewartet, als wir offiziell öffneten.“ Für die Zukunft fasst der Tischlermeister, der inzwischen einen Betrieb im niedersächsischen Syke leitet, die Gründung eines Fördervereins fürs Schausägewerk ins Auge. Der Holz-Fachmann hofft, dass sich viele Interessenten dafür melden.