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Landkreis Harz Verliert der Oberharz Rübeland?

Die Freie Wählergemeinschaft fühlt sich von der Oberharz-Stadt vernachlässigt. Sie strebt einen Anschluss des Höhlenorts an Blankenburg an.

Von Karoline Klimek 08.09.2020, 01:01

Rübeland l Rübelands Ortsbürgermeister Dietmar Wiekert (FW-Hö-Rü) hat die Nase gestrichen voll: In seinem Ort stapelten sich die Probleme und Hilfe gebe es nicht. Die Straßen seien voller Schlaglöcher, Böschungen abrutschgefährdet, Fuß- und Wanderwege sähen teilweise nicht besser aus. „Die Stadt Oberharz am Brocken ist seit der Gründung nicht in der Lage, die anstehenden Aufgaben der Verkehrssicherungspflicht im Höhlenort zu bewältigen“, kritisiert Wiekert. Den Standardverweis auf die klamme Haushaltskasse könne er nicht mehr hören. Nun will er zusammen mit seinen Mitstreitern selbst nach Lösungen suchen.

Und die sieht er in einem Anschluss an die Nachbargemeinde Blankenburg. „Wir grenzen direkt an den Ortsteil Hüttenrode, vom Territorium her sollte das also kein Problem sein“, ist Wiekert überzeugt. „Ich kann mir vorstellen, dass die Stadt uns gern haben würde. Wir haben nicht nur marode Straßen zu bieten, sondern sehr viel mehr.“ Freibad, Talsperre, Tropfsteinhöhlen, gute Parkplätze und das Kalkwerk zählt er wie in einem Bewerbungskatalog auf. Noch habe er das Gespräch mit Blankenburgs Bürgermeister Heiko Breithaupt (CDU) aber nicht gesucht.

Auf Volksstimme-Anfrage zeigt sich der Chef der Blütenstadt verdutzt. „Ich denke, dass es mehr Sinn macht, wenn man so etwas partnerschaftlich angeht und vorher miteinander spricht, in dem Fall mit beiden beteiligten Städten“, sagt der Blankenburger Bürgermeister. „Ich kann mir aus heutiger Sicht nicht vorstellen, dass nach diesem Verfahrensweg zukünftige Gespräche erfolgreich verlaufen könnten. Zumal dann die Oberharz-Stadt weiter geschwächt würde. Das ist nicht der richtige Weg.“

Mit Rübeland, speziell mit dem Ortsteil Neuwerk, habe Blankenburg vor allem historisch gesehen viele Verbindungen, so Breithaupt. „Genau deshalb wäre es sinnvoll gewesen, sich an einen Tisch zu setzen, sofern das in der Stadt Oberharz am Brocken gewünscht wird.“ Mit dem Vorstoß sieht er das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gemeinde bedroht. „Wenn jeder Ortsteil alle paar Jahre anhand der Haushaltslage für sich entscheidet, wo er hingehen möchte – auch in Hinblick auf die kommenden Jahre und andere Städte – wo soll das denn hinführen?“, fragt er. Zumal die Haushaltslage in Blankenburg ebenfalls angespannt sei.

Überrascht von den Bestrebungen der Wählergemeinschaft zeigt sich auch Oberharz-Stadt-Bürgermeister Ronald Fiebelkorn (CDU). „Das könnte ein Karnevalsscherz von mir sein. Vielleicht nehmen wir das als nächstes Motto“, amüsiert sich der Stadtchef, der auch Vorsitzender des Elbingeröder Carnevals-Vereins ist. „Wenn Herr Wiekert denkt, er würde woanders mehr Geld bekommen, dann lache ich mich kaputt.“

Hinzu komme die gesetzliche Lage, die einen Wechsel nicht einfach zulasse. „Wir haben einen Gebietsänderungsvertrag. Da kann nicht einfach jeder sagen, dass er austritt“, erklärt Fiebelkorn. „Jeder geht mal Gedankenspiele durch und überlegt, wie man Lösungen finden kann. Aber dann eben auch, warum etwas nicht geht.“ Wiekert habe diese Gedanken etwas zu früh ausgesprochen. Dafür habe der Bürgermeister kein Verständnis.

Doch die gesetzliche Grundlage ist da. Das Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt lässt Änderungen in der Gebietsstruktur „aus Gründen des Gemeinwohls“ zu. Wiekert möchte genau das erreichen – mittels Bürgerentscheid. Auf diesen Weg habe sich die Freie Wählergemeinschaft, die aus sieben Mitstreitern besteht, während eines Treffens am Freitag (4. September) geeinigt.

Der erste Schritt ist ein Bürgerbegehren. „Wir beginnen in Kürze mit der Sammlung von Unterstützerunterschriften zur Anerkennung durch den Stadtrat“, informiert er. Das Ziel: mindestens 100 der knapp 550 wahlberechtigten Rübeländer (Stand Juni 2019) von der Idee überzeugen. Engagieren will sich Wiekert, auch wenn am Ende nicht das gewünschte Ergebnis – die Eingemeindung nach Blankenburg – steht. „Und wenn es erstmal nur ein Warnschuss für die Stadt ist, damit sich was bewegt.“