1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Mit Briefen menschliche Nähe schaffen

EIL

Coronavirus Mit Briefen menschliche Nähe schaffen

Wie Diana Gabrysch von der DRK-Begegnungsstätte Elbingerode trotz Schließung mit den Senioren Kontakt hält:

Von Karoline Klimek 08.05.2020, 12:04

Elbingerode l Seit nunmehr sechs Wochen ist die Begegnungsstätte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Elbingerode geschlossen. Alle Veranstaltungen für die Besucher wurden abgesagt. Normalerweise treffen sich hier bis zu 16 Senioren ein bis zweimal die Woche. „Wir haben wechselnde Angebote. Mal spielen wir, mal lösen wir Rätsel, gestalten Fensterdeko oder malen ein Mandala. Zudem bieten wir als Zweittermin Sitzgymnastik an“, zählt Einrichtungsleiterin Diana Gabrysch auf. Die gemeinsame Zeit fehle nun, doch dann kam ihr spontan eine Idee.

Jeder der 16 Stammgäste des Treffs im Haus Bodfeld bekommt von ihr Post. Und das seit fünf Wochen, jede Woche neu. „Hier schreibe ich die neuesten Infos zum Thema Corona rein, alles was die neuen Verordnungen betrifft“, erzählt sie. „Ansonsten schicke ich immer etwas anderes mit. Gerade haben die Senioren Rätselpost bekommen, einmal habe ich einen Mund-Nasen-Schutz beigelegt. Den Stoff habe ich gesponsert und eine Bekannte hat daraus die Masken genäht und sie mir zur Weitergabe überlassen.“

Auch ihre Kinder bezieht die 38-Jährige bei der Ausgestaltung mit ein. „Zu Ostern haben drei meiner vier Kinder aus Salzteig Osteranhänger gebastelt. Dann haben wir ein Band darangefädelt und sie haben sie mit Tusche selbst bemalt.“ Da der Nachwuchs derzeit auch zu Hause sei, habe sie das gleich miteinander verbunden. „Meine Kinder sind oft mit in der Begegnungsstätte und wachsen quasi mit den Senioren auf. Auch die Senioren fragen viel nach. Und wenn meine Kinder hören, dass wir etwas für diese machen, dann sind sie begeistert dabei“, berichtet sie.

Und das kommt an. „Ich habe bisher ganz viele positive Rückmeldungen der Senioren per Telefon bekommen. Sie haben sich bedankt, dass ich mich weiter um sie kümmere und da bin, dass sie das ganz großartig finden und jede Woche schon auf die neue Post warten“, freut sich Diana Ga­brysch. „Eine Seniorin hat sich extra Stifte im Internet bestellt, um bunt ausmalen zu können. Eine andere hat gesagt, der Osteranhänger wäre das einzige Geschenk zu Ostern gewesen. Sie war allein und hat sich so darüber gefreut. Solche Rückmeldungen rühren mich sehr und motivieren mich, mir jede Woche etwas Neues zu überlegen, um ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern in dieser doch sehr schwierigen Zeit.“

Dass die Senioren das Angebot dankend annehmen, sieht sie auch auf ihren wöchentlichen Touren durch den Ort. Denn die Umschläge steckt sie auch persönlich in die Briefkästen. „Ich habe auch schon den Corona-Regenbogen beigelegt, der ja eigentlich für Kinder ist. Den haben sie fleißig ausgemalt und in die Fenster geklebt. Sie machen wirklich alles schön mit“, erzählt sie. Das sei besonders schön zu sehen, weil bei den Treffen in der Begegnungsstätte nicht immer jeder gleichviel Lust auf jedes Angebot habe.

Gleichermaßen beliebt seien dafür die Feierlichkeiten. „Wir machen kleine Grillfeste im Sommer, ein Oktoberfest oder eine Weihnachtsfeier“, erzählt die Leiterin. „Zusätzlich zu den Veranstaltungen in der Begegnungsstätte unternehme ich auch kleine Fahrten mit den Senioren, zum Beispiel nach Wernigerode in den Salzdom, den Bürgerpark, Biggis Jodlerstübchen oder ins Burghotel zum Tänzchentee.“ Denn die unbeschwerte Geselligkeit sei das Wichtigste an ihrem Angebot.

„Mich rufen derzeit viele der Senioren an, die einfach nur ein paar Minuten erzählen wollen, weil sie zu Hause allein sind. Sonst sehen wir uns ja jede Woche, das geht derzeit natürlich nicht“, sagt Diana Gabrysch. „Manche machen sich aber auch Sorgen oder haben Angst, weil sie Vorerkrankungen haben. Sie gehen aktuell nicht viel raus.“ Auch einen Lieferservice für Einkäufe habe sie deshalb angeboten, genutzt wurde er aber noch nie. „Sie kommen gut zurecht. Aber das Angebot steht, wenn sie irgendwas brauchen.“ Sorgen habe die Einrichtungsleiterin übrigens ebenso: „Ich mache mir schon einige Gedanken. Die Senioren sind ja mit ihren mehr als 70 oder 80 Jahren alle im gehobenen Alter.“ Da sei man sich nie sicher, ob man sich nach einer langen Zeit wiedersehe.

Deshalb sei sie auch froh, mit den Briefen und Telefonaten weiterhin für die Senioren da sein zu können. „Sonst wäre es auch noch schwieriger, nach Wochen oder Monaten wieder einen Kontakt aufzubauen. Und durch die Briefe sehen sie auch, dass es weitergeht. Wenn sich die Zeit beruhigt, wird die Begegnungsstätte wieder öffnen“, betont sie.

Aktuell sei dies jedoch noch nicht möglich, da Seniorenbegegnungstätten in der jüngsten Corona-Verordnung des Landes Sachsen-Anhalts noch ausgeschlossen sind. „Das heißt, dass wir auch nicht in kleinen Gruppen von fünf Personen öffnen dürfen“, erzählt Diana Gabrysch. „Ich hoffe aber, dass wir bald alle wieder persönlich am schön gedeckten Kaffeetisch mit selbstgebackenem Kuchen sitzen können und ich alle gesund und munter wiedersehe.“