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Coronavirus Oberharzer Masken sind heiß begehrt

Schutzmasken sind derzeit Mangelware. Ein Unternehmen aus Benneckenstein fertigt seit einer Woche Masken, die weggehen wie warme Semmeln.

Von Katrin Schröder 25.03.2020, 00:01

Benneckenstein l Seit einer Woche steht bei Christoph Eckardt das Telefon nicht mehr still. „Alles überschlägt sich. Das ist Wahnsinn“, sagt der Vertriebsleiter der Beb Carl O. Liebetruth GmbH. Das Familienunternehmen aus Benneckenstein fertigt normalerweise hochwertige Arbeitskleidung an, seit Kurzem auch aus fair gehandelten Stoffen. Derzeit ist aber nur ein Produkt gefragt: Mund- und Nasenschutzmasken, die eine Übertragung des Coronavirus verhindern sollen.

Die Idee dazu entstand im Familienkreis. Geschäftsführer Uwe Fischer saß am vergangenen Dienstag mit Sohn Marc Fischer, der für Marketing und Produktion zuständig ist, sowie seinem Neffen Christoph Eckardt zusammen. Das Trio beriet darüber, wie es weitergehen sollte. 18 Mitarbeiter beschäftigt die Firma in Benneckenstein, produziert wird zudem im eigenen Werk in Polen. Die Corona-Krise hatte da schon für einen Absatzrückgang gesorgt. „Als Hersteller von Berufsbekleidung merkt man es ganz schnell, wenn die Wirtschaft leidet“, sagt Eckardt.

Mit der Idee, Schutzmasken anzufertigen, wandten sich die Drei an einen ihrer langjährigen Kunden. „Binnen zehn Minuten hatten wir die erste Bestellung – dabei hatten wir noch kein fertiges Produkt“, berichtet der Vertriebschef. In aller Eile wurden zwei Prototypen gefertigt. Am Mittwoch vor einer Woche begann die Produktion am Harzer Stammsitz. „Alle, die nähen können, sitzen seitdem an den Maschinen“, so Eckardt.

Die übrigen schneiden Stoffe und Gummibänder zu, legen Lagen und helfen, wo sie können. Rund 1500 Masken sind so binnen einer Woche entstanden, schätzt der Vertriebsleiter. Das reiche aber bei weitem nicht aus, um die Nachfrage zu decken. „Der Markt ist wie leergefegt“, weiß Eckardt. Und die Kunden – Krankenhäuser, Arztpraxen, Physiotherapeuten, Pflegeheime, öffentliche Einrichtungen – melden enormen Bedarf an. „Wir haben mittlerweile Bestellungen über 30 000 Stück.“

Seit vergangenem Freitag laufe deshalb auch im polnischen Werk die Produktion auf Hochtouren, zum Ende der Woche werde die erste Lieferung mit 5000 Stück erwartet. Weitere Produktionsstätten in Polen und Bulgarien seien ebenfalls eingebunden worden. Der Stoff, den sie verwenden, besteht zu 100 Prozent aus Baumwolle und stammt aus Europa. „Es ist ein Material, das unter anderem für Arztkittel und im OP-Bereich verwendet wird“, erklärt Eckardt. Die Masken können bei 90 Grad gewaschen, getrocknet und wieder verwendet werden – wie oft, das hänge auch vom Empfinden des Nutzers ab.

Ob Mund- und Nasenschutzmasken gegen die Ausbreitung des Coronavirus schützen, wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Für die Verwendung in einem Operationssaal seien die Masken aus Benneckenstein zwar nicht zertifiziert, erklärt Christoph Eckardt. Doch nach Gesprächen mit Ärzten geht er davon aus, dass Corona-Infektionen sich damit veringern beziehungsweise vermeiden lassen.

Der überwältigende Erfolg gibt den Benneckensteinern recht. Den Ansturm, den das Angebot ausgelöst hat, können sie selbst noch nicht ganz fassen. „Innerhalb von Stunden ist eine Riesenwelle auf uns zugekommen. Das kann man sich nicht vorstellen“, sagt Christoph Eckardt. Die große Nachfrage und das Bewusstsein, in der Corona-Krise einen sinnvollen Beitrag zu leisten, schweiße die Belegschaft zusammen. „Sehr, sehr motiviert“ gehe die gesamte Mannschaft ans Werk, so der Vertriebschef.

Die Beitriebsleitung wiederum sei froh, dass sie ihren Mitarbeitern die Kurzarbeit ersparen kann. Für das Unternehmen, das seit fünf Generationen in Familienbesitz ist und über die Jahre viele Höhen und Tiefen erlebt hat, sei die Corona-Krise ein weiterer Prüfstein, sagt Christoph Eckardt. „Wir haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg und die Wende überstanden. Das hier werden wir ebenfalls hinbekommen.“