1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Schutz aus dem 3D-Drucker

Coronavirus Schutz aus dem 3D-Drucker

Das Krankenhaus Elbingerode setzt ab sofort auf Gesichtsschilde, die von Schülern gefertigt werden.

Von Karoline Klimek 11.05.2020, 10:53

Elbingerode l Sie sind erst 14 und 15 Jahre alt und schon Unternehmer: Julian Haas ist Geschäftsführer der Wernige­röder Schülerfirma CC Stadtfeld, Valentin Hofmüller und Jannes Fleck sind als Abteilungsleiter Reparatur und Netzwerk tätig. Und mit ihrem neuesten Produkt haben sie den Nerv der Zeit getroffen. Sie stellen Face Shields – zu deutsch: Gesichtsschilde – her. Mit dem Diakonie-Krankenhaus Elbingerode haben sie ihren ersten Großkunden an Land gezogen.

In Schülerfirmen setzen Kinder und Jugendliche im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften eigene Geschäftsideen um. Rechtlich übernimmt die Schule Verantwortung, in dem Fall der Wernigeröder Gymnasiasten der Schulförderverein.

Die im April 2017 gegründete Schülerfirma CC Stadtfeld hat sich ursprünglich nur mit Technikfragen rund um ihr Gymnasium beschäftigt. „Wir haben zum Beispiel ein W-Lan-Netzwerk für unsere Schule aufgebaut. Dank uns gibt es auch in jedem Raum einen Computer“, zählt Julian Haas auf. „Ich bin besonders stolz auf das Projekt mit der Nachbarschule. Hier bietet die Schülerfirma eine PC-AG für die Grundschüler an“, lobt der betreuende Lehrer Steffen König. Mit dem Schwerpunkt auf Technik sei die Schülerfirma nach eigenen Aussagen die einzige in Sachsen-Anhalt, deutschlandweit gebe es nur drei.

Die derzeit 13 Gymnasiasten, die sich in der Schülerfirma engagieren, lernen neben Eigenverantwortung in der Projektleitung auch, wirtschaftlich zu handeln. Denn ihre Leistungen bieten sie nicht umsonst an. Sie erstellen Konzepte und finden einen Käufer. Waren das zuvor nur die eigene Schule oder die benachbarte Grundschule, konnten sie mit ihrer neuesten Idee – der Herstellung der Face Shields mittels 3D-Drucker – vorwiegend durch private Kontakte auch Kunden außerhalb finden.

„Bislang haben wir insgesamt 75 Stück verkauft – verteilt auf ein Krankenhaus in Niedersachsen, eine Augenklinik in Magdeburg, zwei Apotheken in Quedlinburg und Coburg, die Kirchengemeinde Wernigerode sowie Privatpersonen. Das Diakonie-Krankenhaus ist unser größter Kunde“, freut sich der Geschäftsführer. 50 Stück hat Pflegedienstleiterin Ivonne Thiele bestellt. „Wir finden das Projekt toll und wollen die Schüler unterstützen. Gleichzeitig erweitern wir mit dem Ankauf unsere Hygienemaßnahmen und sorgen damit für einen noch größeren Schutz unserer Mitarbeiter und Patienten“, betont sie.

Der Einsatz im Krankenhaus sei besonders gut geeignet, weil die Gestelle der Gesichtsschilde desinfizierbar und sterilisierbar seien, wie Julian Haas erklärt. „Wir haben uns bewusst für den Kunststoff PETG entschieden. Er findet in der Medizin viel Anwendung“, weiß er.

„Ich bin beeindruckt von dem Teil, das ihr gemacht habt“, zeigt sich Dr. Christian Woratz begeistert. „Man kann die Maske gut aufsetzen, man sieht auch gut. Man könnte sie sogar über die Corona-Zeit hinaus verwenden“, erklärt er. Der Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin des Krankenhauses wolle die Face Shields beispielsweise während einer Magenspiegelung nutzen, da die Nähe zum Patienten hier nicht vermieden werden kann. Einen weiteren Einsatzbereich sehe die Klinik bei Abstrichen im Mund- und Nasenbereich.

Dass die Schülerfirma sich in den medizinischen Sektor gewagt hat, habe persönliche Gründe gehabt. „Wir haben am 18. April mit der Arbeit an den Face Shields begonnen, weil meine Mutter für ihre Arbeit als Ärztin eine gute Maske brauchte“, berichtet Julian Haas. „Dann haben wir uns nach Modellen erkundigt, Materialien ausprobiert und erste Prototypen getestet.“

Eine kostenlos nutzbare Vorlage lieferte die tschechische Firma Prusa. Da zwei der Jungs zu Hause einen 3D-Drucker besitzen, musste das Design nur noch leicht an das jeweilige Druckermodell angepasst werden.

Vier Stunden dauert der Druck eines Gestells. „Wenn wir den Kunststoff PLA verwenden würden, den auch Prusa nutzt, würde es nur eineinhalb Stunden dauern, weil er nicht so zähflüssig ist wie PETG. Aber man könnte die Gestelle aufgrund der Eigenschaften nicht so häufig desinfizieren“, gibt Teammitglied Jannes Fleck ein paar Einblicke in die Überlegungen. Nach dem Druck investieren die Schüler noch zehn bis 20 Minuten in die Nachbearbeitung und schleifen beispielsweise raue Kanten ab.

Weitergereicht werden die Gestelle samt dazugekaufter Folie für rund fünf Euro. „Für uns springt nur das Materialgeld raus. Wenn wir unsere Arbeitszeit mit reinrechnen würden, würden wir ein Verlustgeschäft machen“, gibt der 14-jährige Geschäftsführer zu. Normalerweise lande auch ein wenig Überschuss in der Firmenkasse, um weitere Projekte zu finanzieren. In diesem Fall habe das Team bewusst darauf verzichtet. „Online kosten die Face Shields 13 bis 20 Euro. Wir wollen damit einfach etwas Gutes tun.“