Der Tod - eine Erfahrung

25.04.2012, 03:21

Der Tod ist ein ständiger Begleiter und vielleicht eine der wichtigsten Erfahrungen.

Ich weinte, ich schrie, ich schlug um mich. Warum? Nur um vergessen zu können, dass einer der wunderbarsten Menschen in meinem Leben von mir gegangen war. Nur um zu wissen, dass ich nicht geträumt hatte. Nur um zu fühlen, dass ich noch hier war.

Um mit Geschehenem umgehen zu können, muss man loslassen können. Ich konnte es lange Zeit nicht. Doch wie wichtig es ist, spürte ich am eigenen Leib, als meine Oma starb.

Die Wochen, in denen ich hoffte, dass es endlich vorbei war, vergingen schleppend. Ich spürte lange Zeit die angespannte Atmosphäre, die in unserer Familie herrschte. Wie oft hatte ich mir gewünscht, dass es endlich vorbei war. Doch es hatte noch ganze zwei Monate gedauert, bis sie erlöst wurde. Schon lange Zeit ging es ihr sehr schlecht, sie litt an Demenz. In den letzten Wochen war es nicht mehr auszuhalten. An vielen Abenden hatte ich mir gewünscht, dass sie erlöst würde. Erst nach scheinbar endloser Zeit, ging sie von uns.

"Der Arzt hat bestätigt, dass sie ganz friedlich eingeschlafen ist. Sie hatte keine Schmerzen", hatten mir meine Eltern am Telefon erklärt. Das alles nahm mir jedoch nicht den Schmerz.

Als ich zu Hause ankam, verkroch ich mich in Omas Zimmer und durchstöberte ihre Sachen. Ihr Geruch lag noch in der Luft, und ich erwartete jeden Moment, dass sie doch in ihrem Bett lag und ich alles nur geträumt hatte. Es geschah aber nichts dergleichen. Ich saß bis spät in der Nacht in ihrem Zimmer und schlief schließlich ein.

In den nächsten Tagen bat mich meine Mutter oft, mit ihr darüber zu sprechen. Wieder und wieder lehnte ich mit der Begründung ab, noch nicht so weit zu sein.

Um Abschied zu nehmen, reichen nicht immer Rituale

Mehrere Wochen vergingen, bis die Trauerfeier anstand. Ich hatte ein flaues Gefühl im Magen und fühlte mich so angespannt wie nie zuvor, als ich gemeinsam mit meinen Eltern das Bestattungsinstitut betrat. Ich spürte, wie ein Teil der Last von mir absplitterte, als meine Geschwister eintrafen. Die Luft knisterte förmlich, als meine Mutter mit der Rede, die von Bildern begleitet war, begann. Danach verging die Zeit wie im Flug und 45 Minuten später hatten wir Omas gesamtes Leben noch einmal nachempfunden. Die Stimmung war locker, bis sie ihre Rede beendete und "Guten Abend, Gute Nacht" erklang.

Der Schmerz machte sich in mir breit und ließ mich nicht wieder los. Ich hörte noch einmal ihren Gesang, und eine innere Stimme schrie auf. Die Tränen rannen über mein Gesicht und hinterließen dunkle Flecken auf meinen Sachen. Wie alle anderen, lief ich nach vorn und blies meine Kerze aus. Ein unglaublicher Druck lastete auf meinen Schultern, denn ich hatte ihr "Lebenslicht" erlöschen lassen, für immer.

Noch Tage später spürte ich die Last. Sie engte mich immer mehr ein. Bis der Tag kam, an dem meine Mutter mir die Augen öffnete. Sie schaffte es, den Druck von mir zu nehmen.

Stundenlang ließ sie mich erzählen, weinen und schreien. Nur selten unterbrach sie mich. Erst nach der langen Zeit nahm sie mich in den Arm, und ich spürte wie die Anspannung endlich von mir abfiel. Sie hatte mir gezeigt, wie wichtig es war, Probleme mit jemandem zu teilen und loszulassen. Ich hätte schon viel früher loslassen können, wenn ich mich dem Problem gestellt hätte.

Um von Menschen Abschied zu nehmen, reichen nicht immer Rituale. Es braucht Zeit und ein offenes Ohr. Manchmal ist es hilfreich, eine Trauergruppe aufzusuchen, um das Geschehene zu verarbeiten. Gedanken, Gefühle und Erfahrungen mit anderen auszutauschen, ist einer der wichtigsten Schritte für die Rückkehr in das alltägliche Leben.

Der Tod ist nicht nur das Sterben eines Menschen, sondern es ist auch eine wichtige Erfahrung, die jeden Menschen für immer im Leben begleiten wird.

Vanessa Heimann und

Paula Dietze, Klasse 8m²,

Landesgymnasium für Musik Wernigerode