Harz Drübeck: Razzia nach versuchtem Totschlag
Die Polizei Goslar schlägt am Dienstagmorgen an 17 Objekten zu. Eine Person soll dem Haftrichter vorgeführt werden.
Goslar/Drübeck l 13 Beschuldigte, zunächst 16 überwiegend in Niedersachsen befindliche Zielobjekte, zudem eines im benachbarten Ilsenburg: Als die Ermittler im Morgengrauen (14. Juli) vorfuhren, um vielerorts mit dem berühmten Überraschungseffekt zuzuschlagen, hatten sie ein reichliches Pensum vor sich. Es ging, wie sich später im Tagesverlauf mehr und mehr herauskristallisierte, um Ermittlungen wegen diversen Gewaltdelikten, darunter ein Strafverfahren wegen versuchten Totschlags in Seesen, die die Staatsanwaltschaft in Braunschweig führt. Am Ende des Tages stand die Festnahme eines Beschuldigten, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft heute dem Haftrichter vorgeführt werden soll.
Die Aktion, bei der eine Durchsuchung im Schulweg in Drübeck stattfand, lag federführend in der Regie der Polizeiinspektion Goslar. Seit den frühen Morgenstunden durchsuchten die Einsatzkräfte der dortigen Polizei mit Unterstützung anderer Behörden die insgesamt 17 Objekte im Stadtgebiet und im Landkreis Goslar sowie in Osterode, Göttingen, Peine und im Ilsenburger Ortsteil Drübeck.
Im Verlauf der Razzien ergaben sich laut Polizei und Staatsanwaltschaft Hinweise, dass sich einzelne Tatverdächtige, die mit den Ermittlungen in Zusammenhang stehen sollen, in einem Hotel in Hamburg aufhalten. Daraufhin wurde nach Angaben eines Sprechers der Polizeiinspektion Goslar die Hamburger Polizei eingeschaltet, zudem wurden vier weitere Objekte durchsucht.
Die 13 Beschuldigten stammen nach Polizeiangaben größtenteils aus dem Landkreis Goslar. Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig laufen die Fäden der Ermittlungen zusammen. Im Mittelpunkt steht dabei ein Verfahren wegen versuchten Totschlags in Seesen.
Ende April war ein 23-Jähriger schwer attackiert und mit einem Messer in den Kopf gestochen worden. Der Mann aus Springe kam schwer verletzt in ein Krankenhaus. Mehrere Tatverdächtige wurden damals festgenommen, nach ihren Vernehmungen zunächst aber wieder entlassen worden. Die Verfahren liefen jedoch im Hintergrund weiter und mündeten nun nach wochenlangen Ermittlungen in die Durchsuchungen.
Dabei wurde laut Polizei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Hierbei handele es sich um gefährliche Gegenstände, Mobiltelefone und Datenträger sowie Tabakgemisch im mittleren dreistelligen Kilogramm-Bereich. Die Beweismittel würden derzeit ausgewertet, hieß es. Wie lange dies dauert, ist offen.
Zur Identität der Person, die am heutigen Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden soll, war am Dienstag nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Dem Vernehmen nach soll er jedoch nicht aus Drübeck stammen.
Die Chefin der Polizeiinspektion Goslar, Polizeidirektorin Petra Krischker, zog nach Abschluss der Razzien, die nach Informationen der Volksstimme mit Zivilbeamten und ohne Spezialeinsatzkommandos realisiert wurden, eine zufriedene Bilanz: „Intensive monatelange Ermittlungen, akribische Vorbereitungen und Kontrollen im öffentlichen Raum haben zu diesem heutigen Erfolg geführt“, so die Leiterin der Polizeiinspektion Goslar.
Offenbar wurden die Vorbereitungen der Razzien auch polizeiintern sehr vertraulich behandelt und der Kreis der involvierten Beamten bewusst sehr klein gehalten, um den Erfolg der Durchsuchungen nicht zu gefährden. Entsprechend knapp waren letztlich Informationen zur Tätergruppe. Diese scheint nach Recherchen der Volksstimme nicht in der Drogenszene zu agieren, sondern offenbar eher im Bereich von Shisha-Bars. Dafür könnte die immense Menge des gestern sichergestellten Tabaks – laut Polizei mehrere hundert Kilogramm – sprechen.
Vertraulichkeit und polizeiinterne Geheimhaltung sorgten am Dienstagmorgen in Sachsen-Anhalt für leichte Verstimmung. So hatten leitende Einsatzbeamte im Harzer Polizeirevier vom Agieren der niedersächsischen Polizeibeamten in Drübeck keinerlei Kenntnis. Offenbar waren zwar die Spitzen der Polizeidienststellen in Niedersachsen bis hinauf zum dortigen Innenministerium über die bevorstehende Razzia informiert, nicht aber die Kollegen im benachbarten Landkreis sowie im sachsen-anhaltischen Innenministerium. Hinter vorgehaltener Hand war von Informations- und Kommunikationspannen die Rede.