Vandalismus Erneut Einbrecher in Stabkirche Stiege
Einbrecher haben das letzte Bleisglasfenster der Stabkirche Stiege zerstört. Nahezu filmreif gelangten sie in die Kapelle im Harzwald.
Stiege l Der Schock sitzt tief in Stiege. Als Albrechtshaus-Verwalter Wolfgang Teucher am Freitagmorgen gegen 9 Uhr an der einstigen Lungenheilstätte eintrifft, bietet sich ihm ein Bild der Verwüstung: Rund um die benachbarte Stabkirche liegen heruntergeworfene Dachziegel verstreut. Ein Gang um das hölzerne Baudenkmal offenbart ihm das ganze Ausmaß des Schadens: Das letzte intakte Bleiglasfenster der Kapelle ist zerstört, seine Scherben liegen im Altarraum.
„Es gab Zeiten, da hatten wir fast wöchentlich mit Einbrüchen in die Stabkirche zu tun. Doch zuletzt war es ruhig geworden“, sagt Teucher, der seit 2008 am Albrechtshaus im Einsatz ist. Umso größer nun das Entsetzen bei den Mitgliedern des Vereins zur Rettung und Umsetzung des einzigartigen Kulturgutes.
„Wir können uns nicht erklären, welches Motiv die Täter hatten – in der Kirche gibt es nichts zu holen“, berichtet Regina Bierwisch vom Stabkirchen-Verein. Wie die Vandalen ins Innere des Holzbaus mit den markanten Drachenköpfen eindrangen, scheint für die Stiegerin und die eingeschaltete Polizei dagegen klar: Die Einbrecher rissen die Ziegel vom Dach, um sich auf den Dachlatten einen Weg zum Glockenturm zu bahnen. Von diesem ließen sie sich über ein mehrere Meter langes Seil auf die Empore im Gebäudeinneren herab. Um wieder nach draußen zu gelangen, entfernten sie das Schutzblech des einzig verbliebenen Bleiglasfensters und zerstörten dieses.
„Die Täter wären genauso über die anderen Fenster aus der Kirche gekommen – das scheint pure Boshaftigkeit gewesen zu sein“, sagt Bierwisch. Mitgehen ließen die Vandalen offenbar nichts, wie ein Polizeisprecher auf Volksstimme-Anfrage bestätigt. Die Beamten ermittelten nun wegen versuchten Einbruchs und Sachbeschädigung. Die Tat, bei der ebenfalls vier Zaunfelder des Albrechtshauses zerstört wurden, müsse sich zwischen Dienstag, 8. Oktober, und Freitag, 11. Oktober, ereignet haben.
Die Anfang des 20. Jahrhunderts im norwegischen Stil errichtete Stabkirche gilt als Unikat in Sachsen-Anhalt. Nach einem Großbrand, der die leerstehende Lungenheilstätte Albrechtshaus 2013 zerstört hatte, wurde die unbeschädigte, jedoch ungenutzte Kirche vermehrt Opfer von mutwilliger Zerstörung. 2010 waren Türen und Fenster gesichert worden – das reichte jedoch nicht, um das einsam im Wald liegende Gebäude zu schützen. „In unserem Protokoll finden sich rund 15 Anzeigen bei der Polizei“, berichtet Bierwisch.
Der 2014 gegründete Verein „Stabkirche Stiege“ will die Kapelle in den Ort, nahe dem Bahnhof der Harzer Schmalspurbahnen, versetzen. Dort soll 2020 mit den Fundament-Arbeiten begonnen werden, 2021 das hölzerne Gotteshaus in seine Einzelteilen zelegt und am neuen Standort wieder zusammengefügt werden. Der Bau soll danach kulturell und kirchlich genutzt werden.