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Fernwärme Neue Chance für Anschlusszwang

Die Ausweitung der Fernwärmegebiete ist wieder Thema. Betroffene Wernigeröder haben Bedenken wegen des Anschlusszwangs.

Von Ivonne Sielaff 29.01.2018, 00:01

Wernigerode l Unter den Wernigerödern ist sie umstritten – die Ausdehnung der Fernwärmeversorgung. Denn für die betroffenen Hauseigentümer bedeutet sie Anschlusszwang an das Fernwärmenetz der Stadtwerke. Die Fachleute im Baudezernat pochen jedoch nach wie vor auf eine Neufassung der 25 Jahre alten Fernwärmesatzung – und damit gleichzeitig auf eine Ausweitung des Versorgungsgebietes.

Hauptargument der Verwaltung ist nicht etwa die Vergrößerung des Kundenstamms der stadteigenen Tochterfirma Stadtwerke, sondern der Klimaschutz, wie Stadtplaner Hans-Dieter Nadler in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses betont. 2014 sei das Energie- und Klimaschutzkonzept mit großer Mehrheit beschlossen worden. „Ein Ziel war es, neue Erschließungsgebiete für Fernwärme zu prüfen“, so Nadler. Das habe in der Vergangenheit funktioniert. „Die Beschlüsse wurden immer sehr eindeutig und ohne Gegenstimme gefasst. Und in den Versorgungsgebieten gab es keine Beschwerden.“

Bis auf 2015, als sich die Bewohner des Seigerhüttenweges lautstark gegen den Anschlusszwang wehrten und die Neufassung der Satzung im Stadtrat mit 14 Ja- zu 15 Nein-Stimmen knapp durchfiel. Die Verwaltung hätte das Thema schon nach einem halben Jahr wieder angehen können, ließ sich aber zwei Jahre Zeit, um den nächsten Vorstoß zu wagen. Und die neue Fassung kommt nicht nur mit formalen Änderungen daher. Der Bereich Seigerhüttenweg ist raus. Dafür soll neben dem Wohn- und Gewerbegebiet Kupferhammer auch der Bereich Rathaus/Klint ans Fernwärmenetz angeschlossen werden. Neu und eventuell entscheidet ist, dass Hauseigentümer zwar einen Teil ihres Energiebedarfs über Fernwärme abdecken müssen – für den Rest aber auf regenerative Energien zurückgreifen können.

Darüber hinaus sei eine Härtefallklausel eingearbeitet worden, wie Nadler informiert. „Es gibt die Möglichkeit der Befreiung vom Anschlusszwang. Das haben wir moderater und rechtssicherer formuliert.“

Neuerungen, die bei Wernigerodes Stadträte teilweise gut ankommen. „Unsere Anträge wurden aufgenommen. Das ist gut“, heißt es von Hendrik Thurm (Haus & Grund). Jürgen Jörn (SPD) gefällt die Möglichkeit der regenerativen Nutzung. „Das ist ein immenser Vorteil.“ Bernhard Zimmermann (Bündnis 90/ Die Grünen) kritisierte dagegen die „viel zu geringe“ CO2-Einsparung. „Und dafür dieser Riesenaufwand.“ Thomas Schatz stört sich generell am Anschlusszwang. „Das hebelt das Wahlrecht der Bürger aus“, so Schatz, der sich für Freiwilligkeit beim Anschluss an das Fernwärmenetz ausspricht. Außerdem sei es „komisch“, wenn über CO2-Einsparung geredet wird, solange die Harzer Schmalspurbahn „20 Mal am Tag durch Wernigerode fährt“. „Wenn, dann sollten wir das Thema ganzheitlich angreifen.“

Indes ist bei vielen Wernigerödern in den betroffenen Gebieten die Verunsicherung groß. Unbegründet, wie Stadtwerke-Chef Steffen Meinecke sagt. Niemand werde gezwungen, seine Heizungsanlage zu erneuern. „Sie unterliegt dem Bestandsschutz“, so Meinecke auf Volksstimme-Nachfrage. Die neue Satzung bedeute keinen sofortigen Anschluss. Die neuen Gebiete müssten erst mit Fernwärmeleitungen erschlossen werden. „Das erfolgt Zug um Zug und wird Zeit in Anspruch nehmen.“ Erst wenn Stadtgebiete und Straßenzüge erschlossen sind, können von den Hauptleitungen Hausanschlüsse verlegt werden. „Jedoch nicht automatisch“, so Meinecke. Sondern erst, wenn sich der Hauseigentümer entschließt, seine Heizung zu erneuern oder ein neues Haus in dem Gebiet errichtet wird.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben bereits grünes Licht für die neue Satzung gegeben. Am Montag steht die Fernwärme im Bauausschuss auf der Tagesordnung. Die öffentliche Sitzung, zu der Interessierte willkommen sind, beginnt 17.30 Uhr in der Ratswaage des Rathauses. Weitere Themen sind die Bauprojekte Wohngebiet Sonneck, Ochsenteich, Breite Straße 84, Informations- und Erlebniskomplex Nationalpark Harz (Drei Annen Hohne) und Jugendhaus „Center“.