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Feuerwehr Kinder proben den Ernstfall

Der Feuerwehrnachwuchs aus Wernigerode und den Ortsteilen hat am Wochenende einen Einblick in den Berufsalltag der Brandschützer gewonnen.

Von Julia Bruns 24.10.2017, 01:01

Silstedt/Benzingerode l Geraldine Soedel engagiert sich seit fast zehn Jahren in der freiwilligen Feuerwehr. Die angehende Erzieherin hat einfach Freude daran, anderen zu helfen. „Es ist toll, wenn man in der Lage ist, Menschen in Not zu retten“, sagte die 19-Jährige am Sonnabend in Benzingerode. Mit anderen Rettern hat sie gut 30 Kindern und Jugendlichen aus Wernigerode und den Ortsteilen am Wochenende einen einmaligen Einblick in den Berufsalltag der Feuerwehrleute ermöglicht. „Ich hatte als Kind auch Berufsfeuerwehrtage, aber keine 24-Stunden-Ausbildung“, erinnerte sich die junge Helferin. Von Sonnabend um 10 Uhr bis Sonntag um 10 Uhr trainierte der Brandschützer-Nachwuchs der Stadtjugend- und Kinderfeuerwehr in der sogenannten 24-Stunden-Ausbildung zahlreiche Einsatzsituationen im Stadtgebiet von Wernigerode, wie sie die erwachsenen Kollegen tagtäglich erleben können.

„Dazu gehört natürlich der Baum auf der Straße“, erläuterte Stadtjugendwart David Hellmund. „Dazu legten wir einen großen Ast auf einen Weg. Die Kinder mussten ihnen mit einer Handsäge zerkleinern und wegräumen.“ Auch die berühmte Katze wurde vom Baum gerettet. „Allerdings in Form eines Plüschbärs“, so David Hellmund, der während der Veranstaltung in seinen 24. Geburtstag am Sonntag hineinfeierte. Trainiert wurde auch der Einsatz beim Alarm eines Heimrauchmelders – und schließlich der Höhepunkt: Ein Hausbrand mit zwei vermissten Personen.

Dafür räucherten Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr das Gerätehaus in Benzingerode mit einer Nebelmaschine aus. Hagen Kautschur und Florian Mine durften ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellen und als vermisste Personen in dem Gebäude Platz nehmen. Der Rauch kroch bereits aus allen Ritzen des Hauses, als David Hellmund die Kinder und Jugendlichen alarmierte. „Sie essen gerade Kuchen im Silstedter Feuerwehrgerätehaus“, verriet er mit einem Augenzwinkern. „Und sie ahnen natürlich nichts.“

Wenige Minuten nach dem Auslösen des Alarms ertönten die Sirenen, die Einsatzfahrzeuge eilten von Silstedt heran, um sich vor dem Feuerwehrgerätehaus zu platzieren. Dann lief alles wie am Schnürchen: Bei der Vorbereitung zum Löschen saß jeder Handgriff. Während von einer Seite der Brand gelöscht wurde, wagten sich die Helfer in die Halle, um die Vermissten zu bergen. Bei der Übung wurde deutlich, wie vielseitig das Können der Feuerwehrleute sein muss: Von der Brandbekämpfung, technischer Hilfeleistung über die medizinische Versorgung bis hin zum Umgang mit Gefahrengütern. Trotz dieser vielseitigen Aufgaben und dem abwechslungsreichen Vereinsleben kämpfe die Feuerwehr immer noch mit Nachwuchssorgen, sagt David Hellmund: „Besonders in Schierke sieht es schlecht aus. Dort brauchen wir dringend Nachwuchs.“ Ein sechsjähriges Kind sei dort verzeichnet. Denkbar sei, dass mehr Jugendliche nach dem Bau des Multifunktionsgebäudes für Feuerwehr, Bergwacht und Bauhof im Brockenort in die Feuerwehr eintreten.

Die 24-Stunden-Ausbildung sei nur mit Unterstützung einiger Sponsoren möglich. „Allen voran der Kinderschutzbund Harz, der uns mit 500 Euro unterstützt“, so David Hellmund. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft stellte einen Krankentransportwagen zur Verfügung, von einem Pizzalieferdienst gab es 40 Prozent Rabatt auf 50 Pizzen. Über die machten sich die jungen Brandschützer abends im Feuerwehrgerätehaus in Silstedt her, wo sie die Nacht verbrachten – nach einem Tag, den sie so schnell sicher nicht vergessen werden.