1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Wernigerode soll frei surfen können

Freifunk Wernigerode soll frei surfen können

In vielen Harz-Orten hat die Freifunk-Initiative offenes WLAN aufgebaut. In Wernigerode hat es länger gedauert, jetzt soll es vorangehen.

Von Jörn Wegner 10.02.2016, 00:01

Wernigerode l Einwohner und Touristen in Ballenstedt können sich freuen. Große Teile der Stadt sind durch frei zugängliches Internet abgedeckt, wodurch kostenloses Surfen jederzeit möglich ist. Ballenstedt ist Vorreiter beim Ausbau von Freifunk in der Harzregion, jetzt soll es auch in Wernigerode vorangehen.

Die Freifunk-Initiative hat den Ausbau von flächendeckendem WLAN zum Ziel. Dabei geht es nicht vorrangig darum, Internetnutzern Geld zu sparen. Vor allem sollen so alle Menschen einen Zugang zum Internet erhalten, erklärt Steffen Taubenheim-Probst von der Harzer Freifunk-Initiative. „Auch Flüchtlinge, Erwerbslose und behinderte Menschen.“

Zusammen mit vielen anderen Aktiven versucht der Wernigeröder Partner für den Netzaufbau zu finden. Das Freifunk-Prinzip ist dabei recht einfach: Personen, Ladenbetreiber, Behörden und andere stellen Bandbreite ihres drahtlosen Internets zur Verfügung. Die Signale ihrer Router sollen auf diese Weise zu einem möglichst dichten Netz verknüpft werden. In einigen Gegenden Berlins wurden so ganze Wohngebiete erschlossen.

In Wernigerode ist das Netz noch lückenhaft, sagt Taubenheim-Probst. Zuletzt hatte die Linke-Landtagsabgeordnete Evelyn Edler den Internet-Zugang ihres Wahlkreisbüros geöffnet. Mit dabei sind auch die Döner-Kette „Euro-Grill“, das „Kleine Paradies“ und einige Privatpersonen. „In der politischen Szene ist das angekommen“, sagt der Freifunk-Aktivist. Interesse bekunden auch Politiker von Grünen und SPD.

Ein wichtiger Kooperationspartner ist die Stadt. „Wir sehen das sehr positiv. Es ist richtig, Initiative zu ergreifen“, sagt Rathaussprecher Andreas Meling. Eine Auftaktberatung hat es bereits gegeben, die Kontakte zu den Freifunkern sind geknüpft. Vorstellbar, so Meling, ist derzeit, dass Gebäude der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Ob das Rathaus selbst sein Netzwerk öffnet, werde noch diskutiert. Allerdings benötigt die Stadtverwaltung tagsüber den größten Teil der Bandbreite selbst. Eine Idee, so Meling, könnte daher die zeitweilige Öffnung der Rathaus-Router nach Feierabend sein.

Freifunk soll keine Konkurrenz zum Funknetz-Aufbau des Wernigeröder Anbieters Heuer und Sack sein, erklärt Steffen Taubenheim-Probst. Das drahtlose Netz des Hasseröder Elektronik-Händlers soll eine Alternative zum mangelhaften kabelgebundenen Netz in der Innenstadt sein. Freifunk kann mit dem schnellen Heuer-und-Sack-Netz nicht mithalten. Darin sind sich Freifunker und Geschäftsführer Andreas Sack einig. „Wir werden nie die vollen 16 Mbit erreichen“, sagt Taubenheim-Probst. Andreas Sack nennt die Bemühungen der Freifunker eine „beeindruckende Leistung“. Über eine Kooperation haben die Hasseröder allerdings noch nicht nachgedacht. Darüber würde man sich bei den Freifunkern freuen. „Unser Wunsch ist es, nicht in Konkurrenz zu treten“, sagt Taubenheim-Probst.

Ein Problem beschäftigt sowohl Andreas Sack als auch die Freifunker. Das in Deutschland einzigartige Gesetz der „Störerhaftung“ schränkt den Ausbau freier Netze derzeit drastisch ein. Das Gesetz nimmt die Besitzer von Internetanschlüssen für das Verhalten von Nutzern in Haftung, die deren Netzwerke verwenden. Nutzt also ein Surfer ein fremdes Netzwerk für Straftaten, haftet dessen Besitzer. „Ich würde mich deshalb nie in einen Freifunker-Vorstand wählen lassen“, sagt Andreas Sack. Dieser würde für das Verhalten der Internetnutzer haften.

Die Freifunk-Initiative umgeht das Problem, indem sie ihre Verbindungen über Schweden umleitet. So gelten nicht mehr deutsche sondern die freien schwedischen Gesetze. Steffen Taubenheim-Probst hält die deutsche Störerhaftung für eine Bremse beim Netzausbau. „Wer Terror vorbereitet oder Kinderpornos verbreitet, findet andere Wege.“

Für die Zukunft wünschen sich die Freifunker noch viel mehr Mitstreiter in Wernigerode. So habe es in Quedlinburg „Mundpropaganda unter Gewerbetreibenden“ gegeben, wodurch schrittweise ein dichtes Netz aufgebaut werden konnte.

Taubenheim-Probst kann sich vorstellen, dass Wartehäuschen der HVB zu Knotenpunkten ausgebaut werden.

 

Mehr Informationen zum Freifunk Harz unter https://harz.freifunk.net