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Garten-Schau Abenteuergarantie in Blankenburg

Der Abenteuergarten von Dagmar Pietsch aus Blankenburg ist stets für eine Überraschung gut. Die Garten-Schau-Jury ist begeistert..

Von Julia Bruns 19.07.2018, 12:00

Blankenburg l „Ich bin gespannt, wie alt die Kiefer ist“, flüstert Sandra Thormeier beim Betreten des Grundstücks von Dagmar Pietsch. Gemeinsam mit Carsten Jacknau und Hanns-Michael Noll von der Jury für „Schau in den Garten“ besucht sie die grüne Oase auf dem Schieferberg. Es ist der fünfte Rundgang durch einen Garten in der Gemeinschaftsaktion von Volksstimme und dem Verein „Blankenburg blüht auf“. Und die Kiefer – so viel sei schon jetzt verraten – war wohl die erste ihrer Art im Harz.

Auf dem Weg durch Dagmar Pietschs Garten finden sie allerhand exotische Pflanzen vor: Da ist die chilenische Schmucktanne, die schon beim bloßen Anblick piekst. Zwischen Sommerflieder, Esskastanie und Blauregen wachsen ein Feigenbaum, Pappeln, Eschen, Eichen, Nussbäume. Gelbe Zucchini gedeiht in großen Töpfen. Die Kiwi hangelt sich an einem Klettergerüst hoch.

„Mein Lieblingsbaum ist die Weide“, sagt die gebürtige Wienröderin. „Es ist schon die dritte an dieser Stelle. Zwei von dieser Stärke hat der Wind umgerissen.“ Der gut zehn Jahre alte Baum beugt sich über die Sitzecke, in der Dagmar Pietsch mit ihren Besuchern Platz genommen hat. „Ich wollte immer einen großen Garten, weil ich das so von Zuhause aus kenne“, verrät die gelernte Sekretärin den Gästen. „Aber keinen reinen Blumengarten, das ist viel zu viel Arbeit.“ Besonders schwer fällt das Gärtnern auf dem harten, alkalischen Boden, der von Schiefer durchzogen ist. „Der Berg trägt nicht umsonst diesen Namen.“

Wie buddelt man da überhaupt ein Pflanzloch? „Gut frühstücken, ein Loch graben und den Rest müssen die Wurzeln schaffen“, rät Fachfrau Sandra Thormeier. „Weinreben mögen den kalkreichen Boden übrigens besonders gern.“ Sie blickt zum Klettergerüst, wo sich neben der Kiwi der Wein breit macht.

Schon zu DDR-Zeiten habe sie alles bestellt, was der Erfurter Gartenkatalog hergab, sagt Dagmar Pietsch. Mit ihren 22, 32, 35 und 36 Jahre alten Söhnen lebt sie seit etlichen Jahren in dem großen Haus. Ein paar Kätzchen sind auch dabei. 2002 ist ihr Mann gestorben, erzählt sie. Seitdem muss sie sich mit Unterstützung der Söhne allein um alles kümmern. Im Garten kann sie sich verwirklichen. Ihre Söhne übernehmen das Rasenmähen, manchmal etwas übereifrig – schon etliche Pflanzen sind dem Mäher zum Opfer gefallen. So hat gerade einmal eine von zehn Pappeln überlebt. „In dem Garten haben wir schon sieben Rasenmäher verbraucht.“

Seit den 1980ern lebt Dagmar Pietsch auf dem Schieferberg und bewirtschaftet das riesige Grundstück – erst als Mieter, dann kaufte die Familie das Haus, als es der alten Besitzerin zu viel wurde, sich um die Immobilie zu kümmern. Früher war es ein reiner Nutzgarten, heute findet man an vielen Stellen Besonderes. Sie führt die Besucher durch das Grundstück. „Die Kiefer muss mindestens 100 Jahre alt sein“, schätzt sie. Wie die Sorte genau heißt, das weiß sie nicht mehr. Gartenexpertin Sandra Thormeier vermutet sogar, dass der Baum noch älter ist.

Sie bleibt spontan an einem Strauch stehen und pflückt eine blaue Beere ab: „Eine Felsenbirne“, sagt sie und steckt sich die Frucht in den Mund. Hanns-Michael Noll schaut etwas ungläubig. „Gegessen hätte ich die sicher nicht“, sagt der frühere Bürgermeister der Blütenstadt. Er probiert die Felsenbirne. Und staunt: Sie schmeckt richtig süß. „Aber genau deswegen haben wir ja eine Expertin dabei, die uns so etwas zeigt.“

Vieles ist bei der 60-Jährigen nicht so, wie es erwartbar wäre: Schon im Vorgarten grüßen eine ausrangierte Badewanne und ein Toilettenbecken die Passanten an der Straße. Ein ausgedienter Rasenmäher ziert ein Beet. Ein Hochbeet ist aus Sperrholz zusammengezimmert. „Es ist ein richtiger Abenteuergarten“, stellt Hanns-Michael Noll erfreut fest.

Gibt es etwas, das sie sich noch für ihren Garten wünscht? „Einen Erdbeerbaum hätte ich gerne“, sagt Dagmar Pietsch. „Und eine gartenliebende Schwiegertochter wäre prima“, fügt sie augenzwinkernd an. Von einem Erdbeerbaum rät Sandra Thormeier ihr zumindest ab – das sei nichts für das Harzer Klima.