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Gastronomie Goldgrube Wernigeröder Weihnachtsmarkt?

Der Wernigeröder Weihnachtsmarkt ist eröffnet. Verdienen sich die Händler mit Glühwein, Bratwurst und Kunsthandwerk eine goldene Nase?

Von Regina Urbat 01.12.2018, 00:01

Wernigerode l Der Duft ist verführerisch. Jede zweite der fast 50 weihnachtlich dekorierten Buden lockt mit kulinarischen Genüssen aus dem In- und Ausland. Schlangen bilden sich, die Leute laben genüsslich. Das Geschäft auf dem Weihnachtsmarkt in Wernigerode muss sich lohnen.

Schnell mal im Kopf rechnen: Bei einer Standmiete von beispielsweise 225 Euro pro Tag hat man bei 64 verkauften Bratwürsten für 3,50 Euro oder 75 Becher Glühwein für drei Euro das Geld schon wieder rein. Alles, was darüber ist, kann in die eigene Tasche gesteckt werden. Und das an 24 Weihnachtsmarkttagen – da lässt sich doch eine goldene Nase verdienen.

Jörg Wieland lacht und sagt: „Diese Rechnung ist viel zu einfach.“ Der Hotelier, der mit seinem Familienunternehmen „Weißer Hirsch“ seit 1992 beim Weihnachtsmarkt dabei ist, rechnet anders. Details möchte er im Gespräch mit der Harzer Volksstimme nicht verraten. Er zählt hingegen Fakten auf, die jeder „wirtschaftlich denkende“ Budenbetreiber einkalkuliert. Die Standmiete sei das eine, laufenden Kosten für das Personal mit allem drum und dran wie Wochenendzuschlag, Urlaubsanteil, Rentenversorgung. Bezahlt werden müsse Ware, Strom, Wasser, Transport, Müllentsorgung, Standbewachung, Gewerbegenehmigung, Kulturbeitrag,und selbst die Hygienequalifizierung der Mitarbeiter müssen mit eingerechnet werden.

„Dann gibt es noch die Hardwarekosten“, sagt Jörg Wieland. Dahinter verbirgt sich beispielsweise Planung, Konzipierung und Bau der Bude unter Berücksichtigung der städtischen Weihnachtsmarktsatzung. „Da bist du schnell bei bis zu 30.000 Euro.“ Hinzu kommen Auf- und Abbau sowie die Lagerung über das Jahr, die Dekoration, Werbegestaltung, Elektroinstallation, Ausstattung wie Fußbodendämmung, Heizung, Fenster. Damit ist der Gastronom noch lange nicht am Ende seiner Aufzählung. Als einen wichtigen Posten nennt er Küchen- und Ausschankgeräte, Verpackungsmaterial, Reinigungsgeräte und -mittel, Mehrwegbecher für Glühwein, Punsch und Kakao, die am Stand vom „Weißen Hirsch“ alle eine Spülmaschine durchlaufen, bevor sie wieder benutzt werden. „Das ist nebenbei gesagt, ein logistischer Aufwand, der auch nicht umsonst zu haben ist.“

Also keine Goldgrube? Jörg Wieland winkt ab. Er sei überzeugt, dass bei dieser Konstellation des Wernigeröder Weihnachtsmarktes es den Händlern darum geht, den Besuchern Qualität anzubieten, Mitarbeiter wie Gäste fair zu behandeln und „letztendlich auch selbst Spaß zu haben“. Bei einem Markt in kommunaler Hand stehe nicht der Profit, sondern die Identität im Vordergrund. „Das spürt der Besucher und kommt gern wieder“, ist Jörg Wieland überzeugt.

So wie sein Familienunternehmen mit Mitarbeitern aus allen Bereichen des Hotels beteiligen sich zahlreiche heimische Gastronomen und Gewerbetreibende am Weihnachtsmarkt, der von der Stadtverwaltung Wernigerode organisiert wird. Die Standmieten staffeln sich nach Lage und Verkaufsangeboten. Die teuerste Kategorie ist der Marktplatz. Wer hier beispielsweise Handel und Ausschank verbindet, zahlt 7,50 Euro, wer Speisen und Glühwein anbietet, 9 Euro pro Quadratmeter.

Fahrgeschäfte zahlen für die Zeit vom 30. November bis 23. Dezember 450 Euro auf dem Markt und in den Außenbereichen wie Blumenuhr, Breite Straße und Nikolaiplatz (alles Kategorie 2) 250 Euro.