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Chemieunfall Havarie-Folgen in Ilsenburg nicht absehbar

Der Chemieunfall in einer Werkshalle in Ilsenburg kann für das Unternehmen gravierende Folgen haben. Nun gibt es es nähere Informationen.

Von Dennis Lotzmann 08.08.2019, 02:50

Ilsenburg l Es ist wieder Ruhe eingekehrt in die Produktionsstätten der Ilsenburger CST GmbH. Die Ruhe ist allerdings in einem Teil des Unternehmens trügerisch, denn sie betrifft insbesondere die Impan3-Anlage, in der es in der Nacht zum Sonntag zu einer Havarie gekommen war, bei der unkontrolliert konzentrierte Schwefelsäure ausgetreten war.

Insgesamt, so informierte das Unternehmen am Mittwoch, seien 1000 bis 1500 Liter Schwefelsäure schwallartig ausgetreten. Das meiste davon sei in einem eigens dafür vorgesehenen Schutzbecken, das unterhalb der Anlage gemauert ist, aufgefangen wurden. Etwas Säure sei jedoch über den Rand des Auffangbehälters geschwappt, hieß es. Letztlich sei die Säure aber innerhalb der Produktionshalle geblieben.

Das Auffangbecken für derartige Notfälle fasse ein Mehrfaches der im Produktionsprozess benötigten Flüssigkeiten. Problematisch sei gewesen, dass aufgrund der frei gewordene Säure auch gefährliche Dämpfe ausgetreten sind. „Die Transporte unserer Kollegen in umliegende Krankenhäuser hatten rein vorbeugenden Charakter. Wirklich verletzt worden ist bei der Betriebsstörung niemand“, betonte Oliver Wessel, einer der verantwortlichen CST-Manager, gestern bei einem kurzfristig anberaumten Pressetermin in der Produktionshalle.

Wessel – sichtlich bemüht, die Abläufe der Havarie sachlich-korrekt darzustellen – sprach gegenüber dem anwesenden Ilsenburger Stadtwehrleiter Michael Voigt den Dank des Unternehmens an alle eingesetzten Feuerwehrangehörigen aus.

Nach dem technischen Defekt an der Anlage seien inzwischen mechanische Veränderungen vorgenommen worden, so Wessel. „Es besteht nun bei Anlagenstörung die Möglichkeit, den Inhalt des Beizbehälters (die Schwefelsäure/Anm. d. Red.) durch Entleerungsventile in den Vorlagetank für saure Konzentrate zu überführen“, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Die softwarebasierte Steuerung der Anlage sei ebenfalls verändert worden und verfüge nun über eine Notfallfunktion. „Eine Wiederholung des Vorfalls kann somit ausgeschlossen werden“, versichert CST gegenüber der Presse und dem Gewerbeaufsichtsamt.

Gewerberechtlich bleibt die Anlage dennoch gesperrt. „Die Unterlagen der CST zum Unfall und den Veränderungen nach der Havarie haben uns erst am Dienstagabend um 19 Uhr erreicht. Im Interesse der Sicherheit der Mitarbeiter müssen wir diese überprüfen, denn für uns ist wichtig, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt“, so Peggy Wießner, Sprecherin des Gewerbeaufsichtsamtes in Dessau. Sie sicherte eine zeitnahe Prüfung zu, denn auch dem Gewerbeaufsichtsamt sei die akute Situation bei CST nicht verborgen geblieben.

„Momentan geht es für uns um Stunden, denn der Produktionsausfall kann schwerwiegende Folgen haben“, so Oliver Wessel. Konkret: „An der Anlage werden Dachrelings für den Audi e-tron gefertigt. Dieser wird in Brüssel produziert. Wenn wir nicht liefern können, steht in Brüssel die Fertigung still und es könnte durchaus sein, dass dann entweder ein anderes Unternehmen unserer Minth-Gruppe die Zulieferung übernimmt oder der Kunde sich einen anderen Lieferanten sucht“, so Wessel.

Den Schaden aufgrund des Produktionsstopps bezifferte ein Mitarbeiter mit 50.000 Euro täglich. Wenn CST diesen Auftrag verlöre, könnten teilweise Fertigungsschließungen und Entlassungen die Folge sein. „Das wollen wir alle nicht und deshalb hoffe ich, dass die Veränderungen an der Anlage die Aufsichtsbehörde überzeugt und wir schnellstens wieder mit der Produktion starten können“, so Oliver Wessel.

Dass auch der chinesische Eigentümer der CST GmbH, die weltweit agierende Minth-Gruppe, den Vorfall in Ilsenburg sehr ernst nimmt, zeigt der Fakt, dass ein leitender Mitarbeiter unmittelbar nach Bekanntwerden der Havarie nach Ilsenburg geflogen ist.