Harz-Klinikum stellt in Wernigerode neue Tumorbehandlung vor Heilende Strahlenquelle wird ganz dicht am Krebsgewebe platziert
Das Harz-Klinikum hat gestern in Wernigerode über eine neue Behandlungsform von Krebspatienten informiert. Dabei wird eine spezielle Strahlentherapie im Körper der Patienten angewandt. Diese OP-Eingriffe sind bislang bundesweit nur an fünf Krankenhäusern möglich.
Wernigerode. Es klingt simpel, und diese Einfachheit bedeutet zugleich eine große vor allem technische Herausforderung. Eine nur ein Millimeter "große" Hohlnadel (ein Katheder) wird in den Körper des Patienten geführt. An dem zuvor aufwändig per Computer errechneten Ort (die Lage von Blutgefäßen, Nerven und Organen ist zu berücksichtigen) wird dann eine Strahlenquelle platziert. Sie soll das Krebsgewebe unmittelbar am Krankheitsherd zerstören. Von wenigen Minuten bis zu einer dreiviertel Stunde – je nach Befund – soll diese Behandlung dauern, die Operation insgesamt rund drei Stunden. Bis zu acht solcher Katheder werden bei einem Eingriff eingesetzt.
Interstitielle Brachytherapie (siehe Erklärung) nennen die Mediziner das Verfahren, das 2006 erstmals an der Berliner Charité angewandt worden ist. Ulf Redlich, Chefarzt der Radiologie, kennt diese Behandlung aus der Magdeburger Uni-Klinik. Wie er gestern berichtete, habe er angeregt, diese auch im Harz-Klinikum einzuführen. Außer in der Landeshauptstadt kann diese neue Strahlentherapie bislang nur in Aachen, Berlin und Lübeck angewendet werden, seit kurzem auch in Wernigerode. Zu den Vorteilen zähle, dass Patienten spätestens am zweiten Tag nach der Operation die Klinik bereits verlassen können, der Eingriff mit weniger Beeinträchtigungen als bei einer Chemotherapie verbunden ist.
Mehrere zehntausend Euro (eine konkrete Summe wurde trotz Volksstimme-Nachfrage nicht genannt) hat das Krankenhaus dafür in ein Computerprogramm für die sogenannte 3-D-Bestrahlungsplanung und in eine CT-Fluoroskopie investiert. Darunter ist die kontinuierliche Betrachtung von Vorgängen im menschlichen Körper mit Hilfe von Röntgenstrahlen zu verstehen.
Zunächst sind bis zu 50 OPs geplant
Im Pressegespräch betonten Redlich und sein Chefarzt-Kollege Dieter Haessner von der Strahlenklinik, dass die neue Krebstherapie eine sehr spezielle und aufwendige Methode sei. Auch sie eigne sich nicht für jeden Patienten, darüber werde in jedem Einzelfall von Medizinern aus verschiedenen Fachgebieten auf der sogenannten Tumorkonferenz entschieden. Wie Beate Dargel, Oberärztin in der Onkologischen Abteilung, weiter informierte, könne die neue Behandlungsform sowohl allein als auch kombiniert mit herkömmlichen Methoden angewendet werden, dazu gehörten die klassische Operation und die Strahlentherapie.
Zunächst bis zu 50 dieser Eingriffe im Jahr plant das Harz-Klinikum. Wie die Mediziner betonten, sei es nicht das vorrangige Ziel, zusätzliche Krebspatienten in Wernigerode behandeln zu wollen. Vielmehr wolle man das Krankenhaus mit seinem Tumorzentrum weiter fachlich stärken, diesen überregional bedeutsamen Schwerpunkt in der Versorgung ausbauen. Zugleich sei es nun nicht mehr notwendig, Patienten auf diese Weise in Magdeburg behandeln zu lassen. Wie Haessner informierte, pflege er mit seiner Strahlenklinik mit den benachbarten Kliniken in Aschersleben, Halberstadt und Quedlinburg eine gute Zusammenarbeit. Obwohl die "Interstitielle Brachytherapie" ein relativ neues Verfahren ist, konnte Ulf Redlich gestern auf medizianische Forschungen verweisen, wonach sich bei so behandelten Leberkrebs-Patienten die Lebensqualität verbessert und vor allem die Lebenserwartung deutlich vergrößert habe.