Hochwasser: Wehren kämpfen gegen die Fluten
Ballenstadt/Falkenstein/Harz/Wegeleben/Deesdorf/Treseburg l Der Harz hat Glück gehabt: Während in weiten Teilen Thüringens und Mitteldeutschlands gegenwärtig Land unter angesagt ist und vielerorts Katastrophenalarm ausgerufen wurde, konzentrierte sich das Hochwasser in der Region am Wochenende auf die unteren Flussläufe von Bode und Selke. Dort hatten die Feuerwehren mit den Wassermassen aus dem Harz zu kämpfen.
Die Feuerwehrleute aus Ballenstedt und Opperode sind am Wochenende fast im Stundentakt zu Einsätzen beordert worden. Die Getel - ein kleiner Bach, der von den Teichen im Schlosspark sowie Zuläufen aus den Wäldern oberhalb Ballenstedts gespeist wird und der üblicherweise kaum registriert wird - war binnen kürzester Zeit zum reißenden Strom angeschwollen.
Der Bach, der teilweise in einem Kanalsystem durch die Stadt geleitet wird, trat an mehreren Stellen über die Ufer oder strömte aus Gullys und flutete die Bundesstraße185, die deshalb zeitweise gesperrt werden musste. Vor allem die Einläufe ins Kanalsystem waren neuralgische Punkte, weil dort Treibgut die Wassermassen behinderte.
Kleine Getel flutet Keller
Den ersten Einsatz hatten die Wehrleute am Freitagabend, als der Sauerbach in Opperode über die Ufer getreten war und den Ortsteil teilweise überflutet hatte. Jener Einsatz bildete nach den Worten von Ortswehrchef Holger Kohl nur den Auftakt zu einem turbulenten Wochenende. Am Sonnabend waren die Wehrmitglieder ab 4.56 Uhr nahezu pausenlos unterwegs, um entlang der Getel immer wieder Keller leerzupumpen, Sandsackbarrieren zu errichten und Treibgut zu entfernen. "Wir haben bei solchem Wetter unsere neuralgischen Punkte, die wir dann auch vorsorglich abfahren."
Flurschaden im Kurpark
Schäden richten die Fluten auch rund um Thale, Allrode und Treseburg an. Dort gab es nach Auskunft aus der Leitstelle mehrere Erdrutsche. Obendrein steht nach wie vor die Straße zwischen Treseburg und Allrode unter Wasser und ist bis auf Weiteres voll gesperrt. Im Bodetal wurde die Standsicherheit von Bäumen kontrolliert. In Bad Suderode spülten die Wassermassen Kies aus dem Kurpark direkt vor den etwas tiefer gelegenen Eingangsbereich des Kurzentrums. Größere Schäden gab es dem Vernehmen nach jedoch nicht.
Land unter auch auf den Überflutungswiesen der Selke im Falkensteiner Ortsteil Meisdorf. Obwohl die geflutete Verbindungsstraße im Auenbereich gesperrt war, "testeten" einige Wagemutige die Wassertauglichkeit ihrer Fahrzeuge und hielten das Schauspiel mit der Kamera fest. "Unmöglich", kommentierten Passanten, bei denen die Wassermassen sofort böse Erinnerungen an die Fluten in den Jahren 2004 und die so genannte Jahrhundertflut im Jahr 1994 wach werden ließen. Damals war insbesondere Meisdorf massiv betroffen.
Im Wegelebener Ortsteil Deesdorf trat die Bode am Freitag über die Ufer und schwemmte am Sonnabendmorgen in den Ort. Wehrleiter Erko Schneidewind forderte Sandsäcke vom Bauhof in Wegeleben an, um die Häuser und Einfahrten notdürftig zu sichern.
Später blockierte ein fünf Meter langer Baumstamm die Bodebrücke und drohte sich dort zu verkeilen. Er wurde von den Wehrleuten aus Deesdorf und Wegeleben entfernt. Die Retter mussten fast schon artistische Fähigkeiten beweisen, um den schweren Stamm mithilfe eines Stahlseils aus dem reißenden Strom zu ziehen. Dabei kam ein Traktor zum Einsatz, da die Feuerwehr-Fahrzeuge den Stamm nicht hätten bewegen können.
Am Sonntagmorgen wurde die Sandsackbarriere noch einmal erhöht, da der Fluss immer mehr in den Ort drängte.
In Wegeleben ging in der Nacht zum Sonnabend ein wahrer Regen-Sturzbach nieder. Nach Angaben von Bürgermeister Hans-Jürgen Zimmer (CDU), fielen innerhalb von fünf Stunden 28Liter Wasser pro Quadratmeter. Am Sonnabend musste die Ortswehr Wegeleben ausrücken, um angeschwemmte Bäume und Äste von der Bodebrücke zu entfernen. Dabei kam ein Schlauchboot zum Einsatz. Dennoch floss das Wasser am Sonntag über ein Abwasserrohr auf die umliegenden Wiesen ab, so dass die Wehr bei einem gemeldeten Pegelstand von 1,86Metern erneut ausrücken musste, um Bäumstämme aus dem Fluss zu fischen. In Adersleben trat die Bode am Sonnabend über die Ufer und überschwemmte ein Grundstück.
Auch in Harsleben musste die Feuerwehr am Sonnabend aktiv werden. Der Goldbach war über die Ufer getreten und floss über die Oberwasserstraße, die Schmiedestraße und den Sachswinkel zum Alexanderplatz. Die Helfer errichteten auch dort eine Sandsackbarriere. Die Arbeiten wurden nach Angaben von Wehrleiter Jürgen Kamm wegen austretenden Dieselkraftstoffs erschwert.