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Hochwasserschutz Neue Brücke soll Nadelöhr weiten

Die Holtemme-Brücke in der Kruskastraße in Wernigerode ist bei Hochwasser ein Problem. Nun scheint eine Lösung in Sicht.

Von Holger Manigk 05.12.2019, 00:01

Wernigerode l Die Brücke Kruskastraße über die Holtemme in Wernigerode ist vollkommen intakt und erschließt ein Wohnquartier. Dennoch soll sie möglichst bald abgerissen werden. Das Bauwerk ist bei Anwohnern nicht erst seit dem Juli-Hochwasser 2017 als Nadelöhr gefürchtet. Zwischen dem Unterbau der Brücke und dem Flussbett sind nur 1,30 Meter Platz: Bei Fluten lagern sich immer wieder Sedimente ab und Treibgut verstopft den Durchfluss, sodass das Flüsschen weiter anschwillt.

Also das Bachbett vertiefen, einen Umfluterkanal installieren oder die Brücke anheben? Seit langem grübelt die Wernigeröder Stadtverwaltung, wie das Problem zu lösen ist. Beim jüngsten Hochwasserschutz-Forum im Audimax der Hochschule Harz stellte Daniel Dietrich nun die favorisierte Variante vor: Einen deutlich erhöhten Neubau, wie der Bauleiter im Sachgebiet Tiefbau sagte.

„Wir müssen die Anbindung für den Forellenstieg erhalten, ebenso den Zugang für das Haus Nummer 1 in der Kruskastraße“ erläuterte der Ingenieur. Deshalb müssten relativ steile Rampen an beiden Ufern errichtet werden, sodass Autos die Brücke nicht mehr überqueren könnten. Ebenso könne die Neigung für eine behindertengerechte Überquerung nicht eingehalten werden. „Dafür werden wir wohl eine Ausnahmeregelung brauchen“, so Dietrich.

Fakt ist: Die neue Brücke müsse mindestens drei Meter über dem Flussbett aufragen. Wie hoch genau sie werden soll, lasse sich erst nach dem 22. Dezember sagen. Bis zu diesem Tag aktualisiert der Landesbetrieb für Hochwasserschutz seine Daten zum Flutrisiko und Durchflussmengen an Gewässern – und damit zur Hydraulik der Holtemme. „Vorher haben wir keine Planungssicherheit“, sagt der Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

Die Vorplanung für das Projekt solle Anfang 2020 abgeschlossen sein. Danach könne im Stadtrat über die Finanzierung diskutiert werden. Auf einen konkreten Zeitplan bis zur Baugenehmigung will sich Dietrich bewusst nicht festlegen. Noch lasse sich nicht abschätzen, „wie lange der politische Entscheidungsprozess dauert“.

Diese Marschroute stößt bei der Bürgerinitiative Hochwasserschutz auf positive Resonanz. „Es darf nicht passieren, dass bei der Vielzahl an Aufwendungen letztendlich eine zu kleine Brücke gebaut wird“, warnt Initiatorin Juliane Beese beim Forum in der Hochschule vor einem Schnellschuss. Mit dem Neubau, der nicht von Autos passiert werden kann, müsse eventuell die Verkehrsführung in Hasserode geändert werden, ergänzt Bauleiter Dietrich. So könnten einige Einbahnstraßen im Wohnviertel umgelegt werden, dazu müsse man über neue Tempolimits auf Ilsenburger und Friedrichstraße nachdenken.

Dabei spielten Pkw in der Kruskastraße kaum eine Rolle: Bei einer Zählung im Auftrag der Stadt während morgendlicher Spitzenstunden und Feierabendverkehr wurden an der Stelle lediglich 18 Autos registriert. „Ein Großteil davon war sogar noch entgegengesetzt zur Einbahnstraße unterwegs“, berichtet Dietrich. Dagegen sei der Weg über die Brücke für Radfahrer und Fußgänger aus dem Quartier der kürzeste in die Innenstadt und zu Schulen. 43 Passanten und 30 Radler kreuzten bei der Verkehrszählung die Holtemme in der Kruskastraße.

Deshalb sei die Idee, die Brücke ersatzlos abzureißen, nicht praktikabel, erläutert Daniel Dietrich. Diese Variante ist mit der Entscheidung für eine neue, erhöhte Brücke ebenso vom Tisch wie andere Vorschläge. „Würden wir das Flussbett vertiefen, ergäben sich Probleme für die Ufermauer oberhalb der Brücke“, sagt der Ingenieur. Zudem wären die Kosten, um den Holtemme-Grund von Ablagerungen freizuhalten, „nicht tragbar“.

Ebenso nutzlos wäre es aus Sicht des Mitarbeiters der Stadtverwaltung, das Flussbett zu verbreitern: „Damit würden wir zwar den Wasserstand senken, aber auch die Fließgeschwindigkeit“. So lagerten sich noch mehr Sedimente an der neuralgischen Stelle ab. Gleiches befürchtet Dietrich, wenn sich die Planer für einen Umfluter entschieden. „Ganz davon zu schweigen, dass unter der Kruskastraße gar kein Platz für einen ausreichend großen Kanal ist, würde sich dieser ebenfalls schnell zusetzen.“ So bleibt eine neue Brücke die einzige Alternative.