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Philharmonisches Kammerorchester sucht nach Besetzung für die 18. Schlossfestspiele Hunderte Bewerber wollen eine Opernrolle

Von Julia Bruns 26.03.2013, 02:14

137 Frauen und Männer haben vor Orchesterchef Christian Fitzner und Regisseur Maximilian Ponader für eine der acht Rollen in der Mozart-Oper "Don Giovanni" vorgesungen. Die Bewerber reisten aus den Niederlanden, Frankreich und den USA an, um im Sommer bei den Wernigeröder Schlossfestspielen auf der Bühne zu stehen.

Wernigerode l Acht Rollen sind für die Mozart-Oper "Don Giovanni" zu vergeben, 240 Sänger haben sich beworben, um bei den Wernigeröder Schlossfestspielen auf der Bühne zu stehen. 137 von ihnen sind in das Logenhaus am Heltauer Platz in Wernigerode eingeladen worden, um vor dem Dirigenten des Philharmonischen Kammerorchesters, Christian Fitzner, und Regisseur Maximilian Ponader vorzusingen.

Drei Tage hören die beiden im Akkordprogramm die Bewerber an. Zehn Minuten hat jeder der Sänger Zeit, sich zu präsentieren und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Unter ihnen ist Patrick Ruyters. Er möchte am liebsten den Edelmann Don Giovanni mimen, stünde aber auch als Diener Leporello zur Verfügung. "Als Bariton würde ich mich natürlich freuen, einmal eine Titelrolle zu spielen. Die sind selten", erklärt er Christian Fitzner. "Aber der Part des Leporello ist der musikalisch gesehen spannendere." Er erhebt die Stimme zu einer Arie aus der Verdi-Oper "Falstaff". Pianistin Franziska Gruschka kämpft am Klavier, sie spielt die Noten quasi vom Blatt, ohne Vorbereitung. Vor Patrick Ruyters hat die Orchestermitarbeiterin mehr als 100 andere Bewerber begleitet. Hinter ihr stapeln sich die Noten. Jeder der Sänger verdient ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.

Ruyters kraftvolle Stimme hallt durch den Probenraum. Fitzner blättert im Lebenslauf, zeigt sich beeindruckt von der Erfahrung des Sängers. Ob er den Don Giovanni spielen darf, entscheiden Fitzner und Ponader in den nächsten Tagen.

Der Niederländer Ralph Jaasma will den Part ebenfalls spielen. Im roten Schlabberpullover und mit Cordhose singt er in Rekordzeit eine Arie des Don Giovanni. Er fixiert die Blicke der Jury, stolpert nicht ein einziges Mal trotz des rasanten Tempos. "Das klingt ja fast so, als ob der Zug in zwei Minuten abfährt", sagt Fitzner. Jaasma singt die Arie noch einmal, diesmal etwas ruhiger. Das kommt an. "Einer der ersten, der das Stück in einem großen Bogen singt", lobt Ponader und setzt ein Zeichen hinter dem Namen von Ralph Jaasma auf seiner Liste. Er gilt als heißer Anwärter auf die Rolle. Dorothea Herbert ist zum Vorsingen aus London angereist. "Ich möchte bei den Schlossfestspielen Bühnenerfahrung sammeln", erklärt die Sopranistin, die viele Preise und Stipendien vorweisen kann. Sie möchte Don Giovannis Tochter Donna Anna spielen. "Die meisten haben sich auf die Rolle der Zerlina beworben. Mehr als 80Frauen wollten den Part, 40haben wir eingeladen", sagt Orchestermanagerin Lysann Weber. Eine Bewerberin ist nur für das Vorsingen von der 9200Kilometer entfernten Insel La Réunion angereist.

Eine nicht ganz so spektakuläre Anfahrt hat Xenia Strunz aus Graz hinter sich. Um 5Uhr morgens ist sie in Wernigerode angekommen und hat kaum geschlafen. Ihre Arie sitzt dennoch. Ein Italiener ist als nächstes an der Reihe. Eigentlich spielt er Barock-Oboe, verrät er auf Englisch. Erst vor drei Jahren hat er seine Liebe zum Gesang entdeckt. "Ein Naturtalent", staunt Fitzner. "Diesmal war es ein wirklich entspanntes Vorsingen", resümiert Lysann Weber. Die Besetzung von "Don Giovanni" beginnt Mitte Juli mit den Proben in Wernigerode.