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Investition SchierkeStadtchef Gaffert stellt sich der Kritik

Die Investitionen in Schierke sorgen für heftigen Gegenwind. Oberbürgermeister Peter Gaffert hat versucht, der Kritik entgegenzutreten.

Von Ivonne Sielaff 26.10.2017, 01:01

Wernigerode l „Schämt euch!“, „Pleite-Peter“, „Scheiß-Arena braucht keine Sau“, „Alle wegsperren“ – manche Kommentare auf der Facebook-Seite der Wernigeröder Stadtverwaltung sind harter Tobak. „Das Thema Schierke polarisiert. Schließlich geht es um große Zahlen“, so Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos). Dafür habe er Verständnis, nicht aber für Beleidigungen in den sozialen Netzwerken. „Das ist kein guter Stil.“

Um auf die Vorwürfe zu reagieren, lud die Stadtverwaltung zur Veranstaltung „Social Media live“. Im Mittelpunkt – wie auch in den zahlreichen Online-Debatten – die Ortsentwicklung des Ortsteils Schierke. „Wir wollen das Thema auf die sachliche Ebene zurückholen“, kündigte Gafferts Büroleiter Tobias Kascha vorher an.

Vorwurf: Es wird zu viel Geld nach Schierke gepumpt. Schierke sei bei der Eingemeindung in 2009 „runter gewirtschaftet gewesen“, so Gaffert. „Wir haben eine kaputte Schule, eine kaputte Turnhalle, eine kaputtes Rathaus, eine kaputte Feuerwehr, einen kaputten Bauhof und kaputte Brücken übernommen. Alles kaputt.“ Die Einwohnerzahl sei geschrumpft, die Leute hätten keine Perspektive – außer dem Tourismus“. Im Rathaus stand man vor der Entscheidung, entweder zu investieren und Schierke auf den „richtigen Weg zu bringen“ oder es „zum Parkplatz für den Brocken verkommen“ lassen. Man habe sich für das Erste entschieden. „Dass das Geld kostet, keine Frage.“

Vorwurf: Die Stadt verschuldet sich durch die vielen Investitionen in Schierke. Tatsächlich sei die Pro-Kopf-Verschuldung mit 453 Euro relativ gering, argumentierte Gaffert. Zum Vergleich führte er mit 1403 Euro die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung von Sachsen-Anhalt an. „Das sind Kredite, die wir für Investitionen aufgenommen haben.“

Vorwurf: OB Gaffert will sich mit den Projekten in Schierke ein Denkmal setzen. „Ich war schon immer bemüht, etwas voran zu bringen – für die Menschen und die Region“, so Gaffert. Ein Denkmal sei nicht sein Anspruch. Alle Bauvorhaben würden auf demokratisch gefasste Beschlüsse fußen. „Unsere Aufgabe ist es, Impulse zu setzen. Entweder der Stadtrat trägt unsere Vorschläge mit oder nicht.“ Gefasste Beschlüsse seien dann Vorgaben für die Verwaltung.

Vorwurf: Das Dach der Feuerstein-Arena ist architektonisch nicht einmalig, außerdem regnet und schneit es an der Seite rein. Einmalig sei Architektur in der Form ihrer Nutzung, entgegnete Andreas Meling, der die Schierker Projekte für die Stadtverwaltung koordiniert. Das Dach habe eine Fläche von 70 mal 50 Metern, die Eisfläche darunter sei 56 mal 25 Meter groß. Es gebe eine Pufferzone. Peter Gaffert ergänzte: „Es kann natürlich sein, dass bei starkem Wind, einmal Schnee oder Regen auf den Rand der Eisfläche fällt.“ Die Denkmalbehörde hätte einen Hallenbau nicht genehmigt. „Und ein noch größeres Dach hätten wir nicht bauen können“, so Gaffert.

Vorwurf: Der städtische Zuschuss von 200.000 Euro pro Jahr für den Betrieb der Feuerstein-Arena wird nicht reichen. „Mit der Arena führen wir ein neues Produkt in den Markt ein“, so Meling. Dadurch würden in 2017 Anlaufkosten entstehen, die etwas höher sind. Für die kommenden Jahre versicherte er, „dass wir alles versuchen, um den 200.000 Euro-Deckel nicht zu überschreiten.“ Die Kosten seien bekannt, „aber wir brauchen auch die Einnahmen, die wir kalkuliert haben. Deshalb ist es wichtig, die Arena erfolgreich an den Start zu bringen.“

Vorwurf: Es fließt zu viel Geld in den Tourismus. „Es lohnt sich immer, in den Tourismus zu investieren“, reagierte Gaffert. Es sei nicht richtig, dass alles Geld in den Tourismus gehe. „Aber er ist für Wernigerode essentiell, und so wird es auch bleiben.“

Gaffert und Meling stellten sich danach den Fragen der Besucher. Sicher sei Schierkes Ortsentwicklung auch in abgespeckter Version möglich. „Aber schwer“, so der Oberbürgermeister. Das Ortsentwicklungskonzept werde weiter geschrieben, ergänzte Meling. „Wir werden mit Augenmaß entscheiden müssen, welche Investitionen noch nötig sind.“ Zur Rüge des Landesrechnungshofes zur Vergabe der Bauleistungen sowie zu den gestiegenen Baukosten für die Arena: „Ich habe dem deutlich widersprochen“, so Gaffert. Die Mitarbeiter des Landesrechnungshofes hätten „nicht sauber recherchiert“. „Unsere umfangreiche Stellungnahme wurde nicht berücksichtigt.“ Zur Umschichtung von 720.000 Euro aus dem Feuerwehr-Budget für die Arena: „Sie haben völlig recht. Das sind Mehrkosten, die wir in 2018 kompensieren müssen“, so der Stadtchef. „Die Feuerwehr wird trotzdem gebaut.“ Peter Gaffert regte die Besucher an, an den Sitzungen der Fachausschüsse und des Stadtrats teilzunehmen. „Wir wünschen uns mehr Bürgerbeteiligung“, so Gaffert, der gleichzeitig mehr Transparenz im Verwaltungshandeln versprach.

„Social Media live“ wird keine Eintagsfliege bleiben. Die Reihe soll fortgesetzt werden, informierte Tobias Kascha.