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Jagdproblem Wildschweine wüten in Elbingerode

Wildschweine haben sich bis an den Elbingeröder Stadtrand vorgewagt. Ordnungsamt und Jagdpächter suchen nach einer Lösung für das Problem.

Von Karoline Klimek 03.10.2020, 01:01

Elbingerode l Eine aufgewühlte Grasnarbe entlang der Gartenhecke zeugt von unliebsamen Besuchern. Im Schutz der Dunkelheit spazierten unlängst Wildschweine die Wernigeröder Straße in Elbingerode entlang. Auf der Suche nach Würmern, Larven und Mäusen gruben sie die Rasenfläche um, zerstörten das makelose Grün. Die Anwohner sind besorgt, die zuständige Behörde bereits alarmiert.

„In der Oberharz-Stadt kommt es immer wieder vor, dass Rot- oder Schwarzwild in Ortsnähe kommen“, berichtet Roland Krebs, Leiter des städtischen Ordnungsamts. „Es ist nicht selten, dass die Tiere zum Herbst­einbruch näher an die Ortschaften ziehen.“ Das bestätigt auch Klaus Brammer, der als einer von vier Pächtern im Bezirk Elbingerode als Jäger aktiv ist. „Wildschweine sind das ganze Jahr über aktiv, im Sommer aber mehr im Land, wenn dort die Felder bewirtschaftet werden. Nach der Erntezeit kommen viele wieder hoch.“

So auch nach Elbingerode. Während im Winter das Streusalz die Tiere anlocke, seien es im Herbst vor allem die Früchte der Buchen und Eichen. „Diese Baum­arten stehen bei uns aber nicht so häufig wie in Tanne, Stiege oder Hasselfelde. Die haben dort mehr zu kämpfen als wir“, ist sich der Fachmann sicher. Dafür sind in Elbingerode die Wiesen ein Magnet. Vor allem auf frisch gemähten Flächen suchen die Wildschweine nach Nahrung.

Das scheint auch bei dem jüngste Fall am Elbingeröder Ortsrand der Grund des tierischen Besuchs gewesen zu sein. Vom Kahlenberg kommend haben sich die Tiere ihren Weg zwischen Wohnhaus und Hecke Richtung Straße gesucht. „Nach einem Anruf von Anwohnern hat sich das ein Außendienstmitarbeiter angesehen. Wir versuchen erstmal, Abhilfe durch einen kleinen Zaun zu schaffen“, informiert Roland Krebs. Der Durchgang ist provisorisch abgesperrt.

Doch der Schaden bleibt. Und die Frage, wer dafür aufkommt. „Für Wildschäden haftet der Jagdpächter“, erklärt der Ordnungsamtschef. Grundlage ist das Bundesjagdgesetz. Klaus Brammer sieht das allerdings anders. „Innerhalb des Ortes ist kein Jagdbezirk“, sagt er. Laut Krebs müssen die Pächter aber „drumherumjagen“, also auf den Wiesenflächen um die Stadt. Er wisse aber auch, dass die Jäger dieser Pflicht nachkommen.

Bevor die Haftungsfrage geklärt wird, müsse zudem geschaut werden, ob es sich bei dem Grasstreifen um privaten oder städtischen Grund handele. „Das ist nicht eindeutig und wird derzeit geprüft“, teilt Krebs mit.

Dann werde entschieden, ob ein formelles Verfahren eingeleitet werden müsse. In dem Fall werde die Gemeinde versuchen, zwischen Geschädigtem und Pächter eine Einigung zu erreichen. „Ansonsten wird ein Wildschadenschätzer eingebunden, der entscheidet, wie groß der Schaden ist“, verdeutlicht der Leiter des Ordnungsamts.

Doch auch der Grundstücksbesitzer ist in der Pflicht, zu handeln. „Jeder muss sein Grundstück einfrieden und wildsicher machen. Das soll auch in dem aktuellen Fall noch passieren“, betont Roland Krebs. „Das muss ein stabiler und hoher Zaun sein. Wenn das Grundstück leicht begehbar ist, nehmen die Tiere keine Rücksicht“, gibt auch Jagdpächter Klaus Brammer zu bedenken. „Und man sollte keine Abfälle hinschmeißen oder gar einen Komposthaufen hinter dem Zaun anlegen, weil das die Wildschweine anlockt.“

Unterdessen sorgen er und die drei weiteren Pächter im Elbingeröder Jagdbezirk dafür, die Tiere von der Stadt fernzuhalten. „Wir versuchen, das im Griff zu behalten. Das ist aber schwierig, weil die Wildschweine nachts unterwegs sind. Wir sind nicht in Berlin, wo sie tagsüber spazieren gehen“, erklärt er. „Abends gehen immer welche von uns raus.“ Doch auch das Wetter muss mitspielen. Ist es bewölkt, fehle, so Brammer, der Mond als wichtige Lichtquelle. Hinzu komme, dass die Tiere keine festen Laufwege hätten, mal hier und mal dort unterwegs seien.

Dafür seien die Jäger ansonsten frei in ihrer Pflichtausübung. Gejagd werden dürfe das gesamte Jahr über. „Nur führende Bachen dürfen nicht geschossen werden, solange bis ihre Frischlinge erwachsen sind. Ansonsten gibt es keine Einschränkungen“, erklärt Brammer. Meist falle die Rauschzeit, unter der die Jäger die Paarungszeit verstehen, in die Monate Oktober und November. „Die erste Frischlinge kommen dann im März“. Allerdings gebe es immer wieder Abweichungen, berichtet der Experte. „Manchmal kommt es vor, dass wir im Winter Frischlinge entdecken.“ Warum es zu dieser Verschiebung kommt, könne er sich nicht erklären.

Zwischen zehn und zwölf Wildschweine erlegen die Pächter schätzungsweise pro Jahr im Elbingeröder Bezirk. „Da Wild laut Gesetz herrenlos ist, ist es danach mein Eigentum, weil ich die Feldflur nach dem Jagdrecht gepachtet habe. Ich verkaufe es dann oder behalte es für mich selbst“, erläutert Klaus Brammer.

Hinsichtlich des Falls in Elbingerode weist der Jäger darauf hin, dass die Bürger schnellstmöglich Bescheid geben sollen, wenn sie einen Schaden bemerken. „Dann versuchen wir, die Tiere zu bekämpfen und abzuschießen“, betont er. Sorgen müssen sich die Bewohner laut Roland Krebs aus dem Ordnungsamt aber nicht machen. „Mir sind keine Fälle bekannt, in denen Wildschweine bis in die Gärten vorgedrungen sind“, beruhigt er. „Ich sehe in der Oberharz-Stadt kein Problem, das zugenommen hat.“