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Harzklinikum Kinderklinik in Wernigerode setzt auf Tierliebe

Vor einem halben Jahr sind Ärzte und Schwestern in die neue Kinderklinik an der Ilsenburger Straße gezogen. Wie hat sich seitdem der Arbeitsalltag verändert?

Von Ivonne Sielaff 14.02.2022, 19:30
Das Material für den neuen Hasenstall vor dem Kinderzentrum am Harzklinikum ist vom Förderverein finanziert worden. Die neuen Bewohner werden im Frühjahr erwartet.
Das Material für den neuen Hasenstall vor dem Kinderzentrum am Harzklinikum ist vom Förderverein finanziert worden. Die neuen Bewohner werden im Frühjahr erwartet. Foto: Ivonne Sielaff

Wernigerode - Kindermedizin im Harz hat seit August 2021 eine neue Adresse. Kranke Kinder werden seither im 34-Millionen-Euro-Neubau des Harzklinikums in Wernigerode behandelt. Das Team um Chefarzt Dr. Henning Böhme hat sich inzwischen am neuen Arbeitsplatz eingewöhnt. Mussten sie auch, denn die Ärzte und Schwestern hatten in den vergangenen Monaten deutlich mehr zu tun als sonst. Und das hängt auch mit Corona zusammen.

„Zumindest indirekt“, sagt Böhme im Gespräch mit der Volksstimme. „Allein im Oktober haben wir mehr als 250 Patienten betreut. Das sind fast zweieinhalb Mal so viele wie sonst in Wernigerode.“ Im November waren es nach Angaben des Harzklinikums immer noch knapp 200 Kinder. Der Grund: Durch den Lockdown im ersten Corona-Jahr 2020 seien die Kinderkrankheiten „quasi ausgefallen“, erläutert der Chefarzt.

Anfälligkeit für Infektionskrankheiten

Mädchen und Jungen, die zum ersten Mal eine Kindertagesstätte besuchen, seien für gewöhnlich besonders anfällig für Infektionskrankheiten. Während der Lockdown-Zeit hätten kleine Kinder aber so gut wie überhaupt keine Kontakte untereinander gehabt. Im Jahr darauf hätten dann Einjährige und Zweijährige – also zwei Jahrgänge auf einmal – Erstkontakte in den Kitas gehabt. Mehr Kinder bedeutet mehr Infektionen. „Deshalb hatten wir 2021 diesen Dopplungseffekt.“

Besonders der RS-Virus, der Atemwegserkrankungen auslöse, habe in den vergangenen Monaten „heftig“ und „mit wahnsinnig hohen Zahlen“ zugeschlagen, so der Chefarzt. Auch die Kinderarzt-Praxen seien deshalb „aus allen Fugen“ gebrochen, schätzt Henning Böhme ein. Vor allem die Ersterkrankung sei „schlimm“. „Und je kleiner die Kinder, desto schwieriger.“ Corona selbst sei im Kinderzentrum Harz dagegen kein Thema gewesen.

Glücklicherweise habe das Team der Kinderklinik durch die Zusammenlegung der Stationen aus Wernigerode und Quedlinburg an den Standort in der Ilsenburger Straße eine personelle Stärkung erfahren. Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter sei durch den Umzug in den Neubau gebündelt worden. „Ohne den Zuwachs an Schwestern wäre das Pensum in den vergangenen Monaten nicht leistbar gewesen.“

Super Teamleitung

Überhaupt sei das Team gut zusammengewachsen, schätzt Hennig Böhme ein. Schon während der Umzugsphase im Sommer 2021 seien alle „sehr engagiert“ gewesen. „Das war eine super Teamleistung.“

Die Arbeitsbedingungen in der neuen Klinik hätten sich verbessert, das hätte das vergangene halbe Jahr gezeigt. „Wenn man so ein Gebäude plant, weiß man ja noch nicht, ob es dann auch wirklich funktioniert“, so der Chefarzt. 19 Patientenzimmer mit maximal 32 Kinderbetten, dazu die acht Bettchen in der Neonatologie, Kindernotfallambulanz, Radiologie und Intensivstation in einem Gebäude – allein die Wege für die Mitarbeiter seien nun deutlich kürzer. Dazu komme, dass sämtliche Patientenzimmer durch mobile Monitore ruckzuck in Überwachungszimmer aufgerüstet werden können.

Das Feedback der jungen Patienten ist laut Böhme ebenfalls durchweg positiv. „Wir nehmen sogar Patienten von außerhalb des Harzkreises auf. Unser Einzugsgebiet reicht inzwischen von Langelsheim bis Ballenstedt.“ Dank der neuen Infrastruktur sei das möglich.

Projekte des Fördervereins

Anteil am Erfolg des nigelnagelneuen Kinderzentrums in Wernigerode hat auch der Förderverein, der die Klinik seit etlichen Jahren in vielen Belangen unterstützt.

„Wir haben uns in den letzten zwei bis drei Jahren ein bisschen rar gemacht, was die Außenwirkung angeht“, sagt Vereinschef André Boks. Man habe sich mit neuen Projekten bewusst zurückgehalten. „Denn wir wussten, was mit dem Umzug und dem Neubau auf uns zukommt, und haben für diesen Zeitpunkt gespart. Aber jetzt legen wir los.“

Erste Projekte sind laut Boks geplant – und zum Teil sogar schon umgesetzt. So habe der Förderverein das Material für einen neuen Hasenstall bezahlt. Auch die Kosten für den Zaun, der rund um den neuen Spielplatz vor der Kinderklinik aufgestellt werden soll, übernehme der Förderverein – insgesamt etwa 7000 Euro. Die kindgerechte Wandgestaltung in den Patientenzimmern sei ebenfalls finanziert worden.

Als nächste Aktion soll im Eingangsbereich ein Aquarium aufgestellt werden. Die Fische hätten eine beruhigende Wirkung auf die kleinen Patienten.

Neue Zwergkaninchen ziehen im Frühjahr ein

Der Kontakt zu Tieren als Trostpflaster für die kranken Kinder hat schon in der alten Kinderklinik in der Wernigeröder Steinbergstraße eine große Rolle gespielt. Der Streichelzoo war sehr zur Freude der Mädchen und Jungen und dank des Fördervereins mit Schafen und Ziegen, Meerschweinchen und Kaninchen bestückt.

„Von den größeren Tieren mussten wir uns schon vor einigen Jahren trennen“, blickt André Boks zurück. „Das war nicht mehr hinzukriegen.“ Die anderen Tiere hätten inzwischen auch ein neues Zuhause gefunden.

In den neuen Hasenstall am Kinderzentrum in der Ilsenburger Straße sollen im Frühjahr wieder Zwergkaninchen einziehen, kündigt André Boks an. „Wenn das Umfeld entsprechend hergerichtet ist.“ Der Förderverein sei für die Kinderklinik ein „wahrer Glücksfall“, schätzt Chefarzt Henning Böhme ein. Dank der Vereinsmitglieder seien „so viele Kleinigkeiten möglich, die uns die Arbeit in der Klinik erleichtern. Ich finde es großartig, dass das so unkompliziert funktioniert.“

Da fällt das Gesundwerden sicher leichter. Im Herbst 2021 haben Bauarbeiter ein Kletterschiff aus Holz für die kleinen Patienten im Harzklinikum errichtet.
Da fällt das Gesundwerden sicher leichter. Im Herbst 2021 haben Bauarbeiter ein Kletterschiff aus Holz für die kleinen Patienten im Harzklinikum errichtet.
Foto: Ivonne Sielaff