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Krankenhaus-Reform Mögen Ballons an richtigen Stellen knallen

Beschäftigte des Harzklinikums setzen ein Zeichen und beteiligen sich am bundesweiten Protest gegen das Krankenhaus-Reformgesetz.

Von Regina Urbat 24.09.2015, 01:01

Wernigerode l 300 grüne Luftballon steigen in den Himmel auf, an den Bändchen flattern rote Postkarten mit der Aufschrift „So nicht!“ Mit dieser Aktion haben am gestrigen Mittwoch um 12 Uhr die Beschäftigten des Harzklinikums in Wernigerode zeitgleich mit ihren Kollegen im Quedlinburger Krankenhaus die Berliner Demonstration gegen das geplante Krankenhaus-Reformgesetz unterstützt.

„Wie Sie auf den an den Bundestag adressierten Postkarten sehen, macht es das neue Gesetz nicht besser“, sagte Dr. Tom Schilling. Der Ärztliche Direktor kritisierte in seiner kurzen Ansprache vor allem das „rechtswidrige Verhalten“ der Länder, die das den Krankenhäusern zustehende Geld nicht in vollem Umfang weitergeben. „So müssen wir vieles auf Kosten der Patieten finanzieren. Und das ist kriminell.“ Schilling verband den Protest mit zwei Wünschen: „Mögen die Luftballons an den richtigen Stellen knallen.“ Und: „Lassen Sie uns alle zusammenhalten und nicht gegeneinander ausspielen.“

Neben den Beschäftigten, die am Mittwoch vor dem Krankenhaus in der Ilsenburger Straße ein Zeichen setzten, waren vom gleichzeitig 30 Mitarbeiter des Harzklinikums in Berlin vertreten. Aus Sachsen-Anhalt beteiligten sich 230 weitere Protestierende an der Demonstration am Brandenburger Tor. Darunter waren Mitarbeiter von Häusern in frei-gemeinnütziger Trägerschaft wie der Diakonie in Dessau, privater Ketten wie AMEOS in Schönebeck, von Uni-Kliniken in Halle und Magdeburg sowie von kommunalen Krankenhäusern wie dem Harzklinikum „Dorothea Christiane Erxleben“.

Der Hintergrund stellt sich aus Sicht des Harzklinikums wie folgt dar: Im Juni hat das Bundeskabinett einen Entwurf des Krankenhaus-Reformgesetzes vorgelegt, das voraussichtlich im Herbst vom Bundestag verabschiedet werden soll, um zum 1. Januar 2016 in Kraft zu treten. Die Hauptkritik am Gesetz lautet, dass die Unterfinanzierung der Krankenhäuser damit nicht beseitigt wird. Diese Kritik wird von Gewerkschaften wie Verdi, Arbeitgeberverbänden, Krankenhausgesellschaften, privaten und gesetzlichen Krankenkassenverbänden, der Bundesärztekammer, dem Marburger Bund und vom Deutschen Pflegerat getragen.

2003 gab es mit Einführung der DRGs (Fallpauschalen) die letzte Krankenhausreform. Seither haben sich die Krankenhaus-Ausgaben allein der gesetzlichen Krankenkassen von 47,5 auf 67,4 Milliarden Euro erhöht. „Allerdings kommen die Länder nur unzureichend ihrer Verpflichtung aus der „dualen Krankenhausfinanzierung“ nach, haben sich aus ihrer Verpflichtung zur Investitionsfinanzierung nahezu zurückgezogen“, heißt es in der Stellungnahme des Harzklinikums. Beispielsweise sei die Investitionsförderquote von zehn Prozent im Jahr 1993 auf 3,5 Prozent im Jahr 2013 drastisch gesunken. „Mit der Folge, dass die Krankenhäuser zunehmend Gelder der Krankenkassen – gedacht zur Versorgung der Patienten – zur Finanzierung der Betriebskosten aufwenden müssen“, so die Erklärung des kommunalen Krankenhauses.

Gleichzeitig haben die Krankenhäuser ihre Leistungen erheblich gesteigert. Die sogenannten Fallzahlen wurden demnach von 14,5 Millionen im Jahr 1991 auf 18,7 Millionen im Jahr 2013 erhöht. Im selben Zeitraum hat sich die Zahl der Ärzte von 109 000 auf 165 000 erhöht. Hingegen ist die Personalzahl in der Pflege von 389 000 auf 419 000 nur gering angestiegen.