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Hochwasserschutz Neue Brücke über Kruskastraße?

Die Kruskabrücke beschäftigt Wernigerodes Stadtrat seit einem Jahr – und ein Ende ist nicht in Sicht. Nun hat die Stadt einen Entwurf für eine neue Brücke vorgelegt.

Von Ivonne Sielaffund Dennis Lotzmann 30.07.2021, 04:45
Auf dem Bild ist es deutlich zu sehen: Der Unterbau der Kruskabrücke in Wernigerode ragt tief ins Flussbett der Holtemme. Bei Hochwasser hat sich das als problematisch herausgestellt.
Auf dem Bild ist es deutlich zu sehen: Der Unterbau der Kruskabrücke in Wernigerode ragt tief ins Flussbett der Holtemme. Bei Hochwasser hat sich das als problematisch herausgestellt. Foto: Ivonne Sielaff

Wernigerode - Geht der Streit um die Brücke in der Wernigeröder Kruskastraße in eine neue Runde? Der Abriss des Bauwerks aus Gründen des Hochwasserschutzes ist seit einem Jahr beschlossene Sache. Ob an gleicher Stelle ein Neubau notwendig ist, daran scheiden sich die Geister – sowohl in der Bevölkerung als auch im Stadtrat.

Die Verwaltung hat nun einen Entwurf für eine neue Fußgänger- und Radfahrer-Brücke in Bogenform vorgestellt. Bereits die vierte Variante, die aus den Reihen der Stadtverwaltung kommt. Die Entwürfe zuvor seien weniger geeignet gewesen. Sie hätten die Einfahrt für Rettungskräfte und Lieferverkehr in den Forellenstieg eingeschränkt, so die Begründung von Baudezernent Immo Kramer. Der neue Entwurf sei ein „guter Kompromiss zwischen Hochwasserschutz, Barrierefreiheit und Wirtschaftlichkeit“.

350.000 Euro soll die Bogenbrücke kosten. Eine Rampe sei nur auf einer Seite – nämlich Am Auerhahn – notwendig. Einziges Manko: Die Brücke übersteige auf einer Länge von 1,50 Metern die Mindestanforderungen für Barrierefreiheit, so Kramer. Er sei aber dazu im Gespräch mit der Behindertenbeauftragten des Landkreises. „Wenn Neubau, dann ist das die einzig gangbare Variante.“

Schwachstelle bei Hochwasser

Nur ob ein Neubau überhaupt gewollt ist, ist nach wie vor die Frage. Vor gut einem Jahr war die Diskussion hochgekocht. Die Brücke liegt tief im Flussbett und hat sich bei Hochwasserereignissen als Schwachstelle herausgestellt. Bei Hochwasser staut sich das Wasser und tritt zuerst auf Höhe der Krippe über die Ufermauern. Die Senke zwischen Kruskastraße und Krippe läuft dann voll wie eine Wanne. Häuser und Straßen werden geflutet – wie bei der Flut im Juli 2017 geschehen. Deshalb müsse die Brücke „angepasst“ werden, hieß es erst kürzlich aus der Verwaltung . Unter der Federführung des Landesbetriebs für Hochwasserschutz ist zudem eine Erhöhung beziehungsweise komplette Erneuerung der Ufermauern vorgesehen.

Weil sich sämtliche anderen Möglichkeiten wie Verbreiterung oder Vertiefung des Flussbetts oder der Einbau eines Umfluters als nicht praktikabel erwiesen hatten, bleibe nur der Abriss übrig, so die Bauexperten aus dem Wernigeröder Rathaus.

Abriss als einzige Lösung für Entschärfung

Seit der 2017er Flut werden deshalb der – zwischenzeitlich beschlossene Abriss – und der Bau einer deutlich höheren Brücke im Rathaus diskutiert. Eine für Pkw befahrbare Brücke schied schon damals aus, weil diese aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse nicht realisierbar ist. Eine endgültige Entscheidung ob ersatzloser Abriss oder Abriss mit Neubau stand bis zum Frühjahr 2020 – also knapp drei Jahre nach dem 2017er Hochwasser – allerdings noch aus.

Bis Stadtrat Christian Linde (CDU) im Juni 2020 den ersatzlosen Abriss in die politische Diskussion brachte, um in Sachen Hochwasserschutz Nägel mit Köpfen zu machen. Und damit ging der Streit los. Ist eine Brücke an dieser Stelle überhaupt notwendig, wenn sich fußläufig in wenigen Metern Entfernung zwei weitere Brücken befinden?

Etliche Anwohner beharrten trotzdem auf einem Neubau. Die Wegebeziehungen im Quartier müssten erhalten bleiben. Unterschriften wurden gesammelt. Aktuell versucht eine Bürgerinitiative um Winfried Borchert per Klage den Abriss zu stoppen.

Sind 150 Meter Umweg zumutbar oder nicht?

Andere Wernigeröder wiederum, darunter auch einige Stadträte, hielten einen Umweg von 150 Metern durchaus für erträglich. Am Ende stimmte die Mehrheit der Stadträte für den Abriss der Brücke. Die Verwaltung wurde gleichzeitig beauftragt, Entwürfe für einen Neubau zu erarbeiten.

Für die Realisierung müsste dann aber der Stadtrat gesondert grünes Licht geben. Dieser Prozess ist mit dem neuen Entwurf nun eingeläutet. Diskussion und Entscheidung über die Bogenbrücke stehen im September an.

Dass die Diskussion erneut Zündstoff birgt, zeigte sich bereits in der Juli-Sitzung des Stadtrates. „Wir werden in den Ausschüssen die Wegebeziehungen untersuchen und schauen, ob der Umweg zumutbar ist“, so Christian Linde (CDU). Ein Neubau sei eine gute Idee, „wenn wir eine bessere Haushaltslage hätten“, so Linde in Bezug auf die klammen Stadtfinanzen. „Das sehe ich aber im Moment nicht kommen.“

Barrierefreiheit

Sabine Wetzel (Bündnis 90 /Die Grünen), die sich vor einem Jahr gegen den Abriss ausgesprochen hatte, befürwortet einen Neubau, störte sich aber daran, dass bei der Bogenbrücke Abstriche in der Barrierefreiheit gemacht werden müssten.

Matthias Bosse (SPD) ist „im Prinzip gegen den Abriss der Brücke“. Ihm gehe es nicht nur um die Länge des Umweges, sondern auch um dessen Qualität. Deshalb sei er für einen Ersatzneubau.

OB Peter Gaffert (parteilos) hält das Votum für den Abriss der Brücke für eine „Fehlentscheidung“. Mit Blick auf den Haushalt sei es „nicht akzeptabel“, eine bestehende Brücke abzureißen. „Aber wenn das tatsächlich passiert, muss da eine neue Brücke hin.“

Vorbereitungen

Indes laufen die Vorbereitungen für den Abriss. „Wir schreiben jetzt aus“, so Baudezernent Kramer auf Volksstimme-Nachfrage. Der Abbruch der Kruskabrücke ist nach wie vor für September vorgesehen – trotz der Klage der Bürgerinitiative. „Wir haben ja bisher nicht einmal die Klageschrift vorliegen“, so Kramer. Lediglich um Akteneinsicht sei gebeten worden.

Auch was den Neubau angeht, gebe es bereits zeitliche Vorstellungen. Das positive Stadtratsvotum vorausgesetzt, könnten die Arbeiten Mitte 2022 beginnen.