Wernigeröder Automobilzulieferer Nemak in den kommenden fünf Jahren mit vollen Büchern Neues Verfahren und neue Zuversicht
Der Automobilzulieferer Nemak aus Wernigerode erklärt seine Krise für beendet. Mit neuen Zylinderkopfmodellen, weiteren Investitionen und vor allem mit einem neuartigen Produktionsverfahren sieht sich die Aluminiumgießerei für die nächsten fünf Jahre gut aufgestellt.
Wernigerode l Bei Nemak in Wernigerode wird erstmals ein sogenannter anorganischer Kern zum Gießen von Zylinderköpfen in einer Serienfertigung verwendet. Geschäftsführer Ferenc Havasi im Volksstimme-Gespräch: "Das bedeutet eine gewaltige technologische Herausforderung für unsere Kollegen."
Gleichwohl soll schrittweise der traditionelle Formsand bei der Produktion weiterer Modelle ausgedient haben. Das neue Verfahren kann mit einer Reihe von Vorteilen aufwarten: Die technisch immer aufwändigeren Zylinderköpfe können mit geringerer Fehlerquote produziert werden, die bislang bei Formsand übliche Gasbildung bleibt aus, es ist also umweltfreundlicher, und kostengünstiger ist das Ganze obendrein auch.
Weltweit erste Nemak-Gießerei mit anorganischen Gießkernen
Havasi: "Wir sind innerhalb der internationalen Nemak-Gruppe mit 27Standorten weltweit die erste Gießerei, die mit anorganischen Gießkernen arbeitet." Ein Ausdruck von Vertrauen der mexikanischen Chefetage in die Leistungskraft des Harzer Zulieferers für solche renommierten Autobauer wie Audi, AMG, BMW, Mercedes, Porsche, Ford und vor allem Volkswagen. Für neu entwickelte Benzin-Motoren mit Hubräumen von 1,4, 1,8 und 2,0Litern haben die Nemak-Gießer die Serienfertigung von Zylinderköpfen für den VW-Konzern begonnen. Darunter ein Modell, das Havasi als "das Komplexeste, das wir jemals hatten" bezeichnet.
Ferenc Havasi, vor vier Jahren aus Ungarn mit dem Ruf "ein harter Sanierer" zu sein, nach Wernigerode gewechselt, ist voller Optimismus: "Wir sind wieder voll da, die Krise ist für uns abgeschlossen." In den vergangenen Jahren bedeuteten in Wernigerode Personalabbau, Qualitätsprobleme und teils fehlende Folgeaufträge für neue Zylinderkopf-Serien eine große Herausforderung an das Management. Havasi: "Im Vergleich zu 2007, damals hatten wir fast 1000Beschäftigte, darunter etwa 360Leiharbeiter, sind unsere 525Mitarbeiter, davon 32Leiharbeiter, heute deutlich produktiver." Auch aus Qualitätsgründen verzichtet Nemak in Wernigerode inzwischen auf den überproportionalen Einsatz auf Leiharbeit. Die Quote beträgt fünf Prozent.
Nemak-Geschäftsführer Frank Lehmann weiß um die Gründe für das Produktivitätswachstum: "Wir haben auch in für uns schwierigen Zeiten investiert, kräftig." 30Millionen Euro in den vergangenen fünf Jahren. Für die Jahre 2013/14 ist bereits ein weiteres 10-Millionen-Euro-Paket geschnürt worden, mit dem Ziel, die Produktion weiter zu automatisieren. Die Zahl der automatischen Gießplätze soll sich von derzeit36 auf48 erhöhen, kündigte Lehmann an.
Wie er einschätzte, habe die Nemak-Gruppe ihr Werk im Harz in den vergangenen Jahren kräftig unterstützt. Mit Erfolg, Konzernchef Manuel Rivera Garza habe sich beim Firmenbesuch lobend über die Wernigeröder Belegschaft geäußert, informierte Ferenc Havasi. Man sei inzwischen in der komfortablen Situation, gegenüber den Kollegen eine gute Perspektive zur Standortsicherung aufzeigen zu können. "Unser Werk ist in den kommenden fünf Jahren ausgelastet."
Breite der Modellpalette ist ein Vorteil des Werkes im Harz
Allerdings, wo viel Licht ist, gibt es bekanntlich ebenso Schatten: Auch Nemak bleibt von den Personalproblemen dieser Tage nicht verschont. Ständig, so Ferenc Havasi, sei man auf der Suche nach guten qualifizierten Mitarbeitern. Die Wernigeröder selbst investieren in ihre Belegschaft: Guten Facharbeitern wird die Qualifizierung in der Berufsakademie samt Stipendium angeboten. Mit Hochschulen und Universitäten in der Region wird ein enges Miteinander gepflegt. Erfreulich, auch in diesem Jahr konnten alle 15Lehrstellen besetzt werden. 45Mädchen und Jungen insgesamt erlernen derzeit bei der traditionsreichen Gießerei einen Beruf.
Die Breite ihrer Modellpalette - es werden bis zu 50verschiedene Zylinderkopfmodelle aus 700Grad heißem Aluminium gegossen - ist ein Vorteil der Wernigeröder. Genauso wie die Flexibilität der Produktion, je nach Nachfrage bei den Automobilherstellern. Das Werk im Harz unterstützt die Nemak-Motorenhersteller weltweit, von China bis Mexiko.
Das nächste anspruchsvolle Firmenziel ist bereits formuliert. Lehmann: "Wir wollen unsere Jahreskapazität von 1,5Millionen auf zwei Millionen Zylinderköpfe steigern."