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Theaterstück bei den Hospiz-Tagen in Wernigerode / Anke Maria Gemeinhardt: "Oft reicht es, die Hand zu halten"

Von Miriam Meißner 16.10.2010, 04:16

Wernigerode. "Hallo, ich bin Oskar, aber hier nennt man mich Eierkopp." Mit viel Witz und flapsigen Dialogen begann das Puppenspiel "Oskar und die Dame in Rosa", das im Rahmen der Hospiz-Tage im Wernigeröder Rathaus aufgeführt wurde. Doch am Ende kämpften fast alle 140 Besucher mit den Tränen, so sehr rührte sie die Geschichte des leukämiekranken Jungen Oskar. Die Bremer Schauspieler Jeanette Luft und Leo Mosler schilderten mit Hilfe ihrer Puppen die letzten Tage eines zehnjährigen Jungen, bis er seinen Kampf gegen den Krebs verliert. Die Person, die ihm in dieser schweren Zeit Halt gibt ist Oma Rosa. Mit der rüstigen Krankenschwester kann er über seinen nahenden Tod und seine Ängste sprechen. Sie führt ihn zum Glauben und gibt ihm Kraft.

Den Tod als Teil des Lebens akzeptieren

Auch in Wernigerode gibt es Menschen wie Oma Rosa. Es sind die zwölf ehrenamtlichen Helfer des Hospizvereins Wernigerode. Sie begleiten Menschen bis in den Tod, meist in Altersheimen. Ihre wertvollste Gabe: Zeit schenken und zuzuhören .

"Oft reicht es schon, den Sterbenden die Hand zu halten und einfach bei ihnen zu sein", sagt Anke Maria Gemeinhardt. Die Jugendarbeiterin ist einer der ehrenamtlichen "Engel" des Hospizvereins. Wie Oma Rosa glaubt auch sie an Gott. "Ich bete viel mit meinen Patienten. Ich glaube, es ist wie bei dem kleinen Oskar, der Glaube gibt ihnen die Kraft, den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren." Obwohl die zwölf Ehrenamtlichen oft monatelang einen Menschen betreuen, haben die meisten von ihnen den Zeitpunkt des Todes noch nicht miterlebt. "Sterben ist sehr intim. Da da möchte man niemanden dabei haben", erzählt Anke Maria Gemeinhardt.

Um als Sterbebegleitung arbeiten zu dürfen, muss eine 70-stündige Ausbildung absolviert werden. Dabei wird neben medizinischen Kenntnissen auch Empathie vermittelt. Wie fühlt es sich beispielsweise an, künstlich beatmet zu werden? Das haben die Auszubildenden am eigenen Leib erfahren. "Wir mussten versuchen, nur durch einen Strohhalm zu atmen. Seitdem kann ich mich besser in solche Patienten hineinversetzen", sagt Mitarbeiter Peter Schaller.

Sterbebegleitung, das hört sich hart und brutal an, doch Anke Maria Gemeinhardt arbeitet gerne im Hospizverein: "Die Menschen geben einem viel zurück. Einmal sagte eine ältere Frau zu mir: ¿Du bist mein Licht‘. Das hat mich sehr berührt."

Angehörigen bei ihrer Trauer helfen

Auch über den Tod hinaus sind die ehrenamtlichen Helfer aktiv, Angehörige werden in ihrer Trauer aufgefangen. "Mein Mann litt unter Alzheimer. Wenn ich mal das Haus verlassen musste, kümmerten sich die freiwilligen Helfer um ihn. Es war schlimm, einen intelligenten und lebenslustigen Mann so hilflos zu sehen. Der Verein hat mir auch nach seinem Tod sehr geholfen", erzählt eine Frau, während ihre Augen feucht werden.

Trauerarbeit ist ein bedeutender Teil im Wernigeröder Vereinsleben. Einmal im Monat trifft sich der Gesprächskreis für verwaiste Eltern. "Es ist wichtig, dass Paare, die ein Kind verloren haben, versuchen, mit ihrer Trauer zu leben. Dabei hilft es ihnen, wenn sie sich mit ebenfalls Betroffenen austauschen können", sagt Gesprächskreisleiter Peter Schaller. Oft können sich Eltern nicht mehr ihren noch lebenden Kindern zuwenden, berichtet er weiter. "Darum sollen unsere Gruppengespräche vor allem eines: einen Lichtblick in die Zukunft geben."