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  7. Preisreform des Bezahlsenders Sky macht Wirten kleinerer Kneipen das Leben schwer

Neue Richtlinie des Pay-TV-Anbieters teilt Gastronomen in Gewinner und Verlierer Preisreform des Bezahlsenders Sky macht Wirten kleinerer Kneipen das Leben schwer

24.10.2013, 01:09

Der Sender Sky überträgt die Spiele der Fußballbundesliga und Champions League live. Dafür müssen die Zuschauer Geld bezahlen. Viele Gastwirte haben das Angebot für ihre Lokale gebucht, sind nun aber mit einer neuen Preisberechnung konfrontiert.

Von Jörn Wegner

Wernigerode l Der Pay-TV-Anbieter Sky überträgt seit 2009 als einziger Fernsehsender die Spiele der Fußball-Bundesliga. Für viele Gastronomiebetriebe ist der Sender daher von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Nicht selten generieren sie einen Großteil ihres Umsatzes durch gemeinsames Fußballschauen.

Im Sommer dieses Jahres kündigte Sky eine umfangreiche Preisreform an. Seitdem liegt der Gebühr nicht mehr nur die bloße Größe eines Lokals zugrunde. Sky hat vielmehr ein komplexes System entwickelt, bei dem angenommene Sportaffinität der Bevölkerung, Zahl der Einwohner eines Ortes, deren Kaufkraft und viele andere Faktoren den Endpreis bestimmen. Vor allem für kleine Lokale in Ballungszentren kann diese Neuausrichtung eine Verdoppelung der Kosten bedeuten.

Wernigeröder Wirte sind von der Preispolitik des Senders ebenfalls betroffen. Thomas Fessel ist einer von ihnen. Der Betreiber von "Tommis Pub" lockt Gäste nicht nur mit Stout, Cider und der Atmosphäre eines irischen Pubs in sein Lokal, sondern auch mit Live-Fußball via Sky. "Tommis Pub" ist erst seit eineinhalb Jahren wieder Kunde. 2012 kostete das Pay-TV für die Kneipe noch knapp 200 Euro im Monat, bis heute habe sich der Preis auf 333,20 Euro erhöht, sagt Wirt Fessel. Das wirke sich auf den Umsatz der Kneipe aus: "Die Gäste werden ja dadurch nicht mehr", klagt er. Trotzdem blieben die Getränkepreise bislang unverändert. Bei weiteren Anhebungen hätte Fessel aber keine Wahl: "Entweder die Bierpreise erhöhen oder Sky abbestellen", zählt er die Alternativen auf.

Wie "Tommis Pub" gehört auch das "Napoleon" am Westerntor zu den kleineren Kneipen in Wernigerode. In diesem Jahr habe er noch keine Preiserhöhung erhalten, dafür aber im letzten, sagt Betreiber Marc Wenzel. Die steigenden Forderungen seien für ihn nicht leicht abzufedern. 340 Euro monatlich musste Wenzel zuletzt für das Bezahlfernsehen löhnen. "Und das für eine kleine Gaststätte, in der vor der Leinwand 30 Leute sitzen", klagt er. Die Preise habe er bislang nicht erhöht, die gestiegenen Pay-TV-Kosten müsse er mit Gewinneinbußen hinnehmen.

Den Grund für die Preiserhöhung sieht Wenzel in der immensen Summe, die Sky im Jahr 2012 für die Bundesligarechte bezahlen musste. Fast zwei Milliarden Euro blätterte der Sender für die Übertragungsrechte von vier Spielzeiten hin, und die müssten nun wieder eingenommen werden, sagt der Wirt. Wenzel beklagt, dass die kleinen Kneipen für Sky offenbar keine Rolle im Geschäftsmodell spielen würden, während der Sender Privatabonnenten mit Preisen um 30 Euro und zusätzlichen Rabatten locke. Er hingegen müsse mehr als das Zehnfache zahlen, und habe dazu noch ein eingeschränktes Programm: "Wir haben nur das Sportpaket", sagt er. Filme dürfe er trotz des hohen Preises nicht zeigen.

Dass Sky kleinere Kneipen benachteilige, weist Unternehmenssprecherin Britta Krämer zurück. "80 Prozent der Kunden mit einem Gastronomie-Abonnement betreiben Gastwirtschaften in einer Größe bis zu 75 Quadratmetern", sagt sie. Betriebe mit mehr als 200 Quadratmetern Fläche würden hingegen nur einen "niedrigen einstelligen Prozentbereich" ausmachen. Krämer sagt, dass die Wirte in Wernigerode von der neuen Preispolitik sogar profitieren würden. Für "Tommis Pub" sei eine Verminderung im "höheren zweistelligen Bereich" vorgenommen worden. Hintergrund seien Senkungen in ländlichen Gebieten ohne einen Bundesliga-Verein in der Nähe. Von dem niedrigeren Preis, den Sky laut Sprecherin Krämer für den Irish Pub veranschlagt hat, weiß Pub-Wirt Thomas Fessel allerdings nichts, er zahle nach wie vor knapp 1000 Euro im Vierteljahr, sagt er.

Von der neuen Sky-Praxis, den Preis nicht mehr nur auf Basis der Lokalgröße zu berechnen, müssten größere Betriebe profitieren. Zu diesen gehört der Hasseröder Ferienpark. Dort können die Gäste nicht nur in der Bar den Bezahlsender empfangen, sondern auch auf den Zimmern. Eine Preiserhöhung gab es für den Ferienpark nicht. "Wir bezahlen hier ohnehin schon mehr", sagt Geschäftsführer Erik Voigt. Daher müssten Gäste keine Sorgen wegen Anhebungen haben.

Das Brauhaus Wernigerode ist der zweite Wernigeröder Sky-Kunde mit großer Bewirtungsfläche. "Keinen nennenswerten Unterschied" würden die neuen Preise bedeuten, sagt Brauhaus-Leiter Holger Middermann. Das Lokal an der Fußgängerzone würde sogar von der Reform profitieren. Früher habe das Brauhaus aus Kostengründen nur einen kleinen Raum als Berechnungsgrundlage angegeben, jetzt könne hingegen das gesamte Lokal mit Pay-TV versorgt werden, sagt Middermann.

Das neue System sei "ein neues, deutlich faireres" heißt es aus der Sky-Zentrale in Unterföhring. "Für Tausende Gastronomen" bedeute es Preissenkungen, sagt Sprecherin Britta Krämer. Für viele Gastwirtschaften würde sich so der Neuabschluss eines Abos erst lohnen. Ihrer Auskunft nach würden sich "speziell in den Städten und im Umfeld von Bundesliga-Vereinen" Preissteigerungen ergeben. Das Ziel von Sky sei es aber, "langfristige und beiderseitig erfolgreiche Partnerschaften in der Gastronomie - unabhängig von Art und Größe einzelner Betriebe" anzustreben.