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Nach dem Wegfall des Schornsteinfeger-Monopols gibt es Ärger um Konkurrenz Schiefer Haussegen bei den Glücksbringern

Bei den Glücksbringern im Harz hängt der Haussegen schief. Seit einem
Jahr gibt es unter den Schornsteinfegern Wettbewerb, und die Kollegen
mit und ohne Kehrbezirk zeigen sich mit dieser Situation unzufrieden.

Von Tom Koch 31.12.2013, 01:19

Heudeber/Darlingerode l Steffen Senger ist Schornsteinfeger. So wie sein Vater und zuvor auch der Großvater. Nicht nur in Heudeber ist die Kaminkehrer-Familie bestens bekannt.

Der 40-Jährige profitiert davon, dass 2013 das Schornsteinfegermonopol gefallen ist. Seit einem Jahr dürfen Hauseigentümer für Kehrleistungen einen Schornsteinfeger ihrer Wahl beauftragen. Dieser könnte sogar aus dem europäischen Ausland kommen, muss allerdings eine Qualifikation vorweisen, die der des Schornsteinfegermeisters entspricht.

Steffen Senger hatte sich lange Jahre zuvor bemüht, jenen Kehrbezirk zu erhalten, den sein Vater 2007 altersbedingt aufgegeben hatte. Zuerst stand er auf der Warteliste auf Platz20, im Jahr 2010 bereits auf Platz vier - dann wurde sie abgeschafft. Der Heudeberaner erhielt stattdessen einen Kehrbezirk nahe dem südniedersächsischen Göttingen. Doch die lange tägliche Fahrerei wurde ihm zuviel. Allerdings, 2012 bei der Neubesetzung für den heimischen Kehrbezirk, fiel die Wahl nicht auf Steffen Senger, sondern einen Kollegen aus dem Magdeburger Umland.

Und dennoch kehrt Senger seit diesem Jahr die Essen in Heudeber, Langeln, Wasserleben, Veckenstedt, Zilly, Berßel... - also rings um den heimischen Kirchturm. Als freier Schornsteinfeger, weil das Monopol an Kehrbezirken gefallen ist. Wie Senger berichtet, zur Freude von vielen Stammkunden, die seit Jahrzehnten seine Familie als ihre Schornsteinfeger kennen.

Allerdings, jener Kollege, der im Kehrbezirk noch immer für alle hoheitlichen Aufgaben eines Schornsteinfegers zuständig ist, findet die neue Konkurrenz weniger angenehm. Rund 2500Grundstücke umfasst laut Steffen Senger ein durchschnittlicher Kehrbezirk, der den Schornsteinfegermeister und seinen Gesellen auskömmlich "ernähren" soll. Dass der Heudeberaner inzwischen bereits fast 1000Kunden hat, das hat den Nordharzer Kaminkehrer-Markt kräftig durcheinander gewirbelt.

Kehrbezirke werden ab 2014 erneut ausgeschrieben

Obwohl, die Bereitschaft der Harzer Grundeigentümer, ihren Schornsteinfeger zu wechseln, ist laut Jens-Helge Senger "noch sehr gering". Der Bezirksschornsteinfeger aus Darlingerode und Harzer Kreismeister erwartet "erst mit den Jahren eine zunehmende Konkurrenz". Davon seien übrigens er genauso wie jene 23Bezirkschornsteinfeger betroffen, die im Harzkreis die Kamine kehren. Senger: "Auch wir müssen uns Ende 2014 für unseren Bezirk neu bewerben." Jeweils für einen Zeitraum von sieben Jahren. In Bayern, so der Kreismeister, sei dabei eine Rotation unter den Kollegen sogar vorgeschrieben.

Wichtigste Aufgabe dieser Bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ist - neben der Abnahme bei Neu- und Umbauten - den sogenannten Feuerstättenbescheid für jeden Grundeigentümer auszustellen. Anhand dieses Dokuments erfährt der Hausbesitzer, in welchem Turnus welcher Schornstein gereinigt werden muss. Durchaus auch von einem freien Kollegen, es liege jedoch in der Verantwortung des Bezirksschornsteinfegers, das zu kontrollieren. Bei Verstößen, so Jens-Helge Senger, könne das Kreis-Ordnungsamt Geldbußen von bis zu 500Euro für die Hauseigentümer aussprechen.

Allerdings, als Schornsteinfeger, der gerade in diesen Tagen überall als Glücksbringer gern gesehen ist, setzte er nicht auf Konfrontation, vielmehr auf Service und Beratung. Dafür, so der Kreismeister, biete die Liberalisierung des Kaminkehrermarktes auch Chancen. Senger: "Wir sind inzwischen auch als Energie- und Umweltberater tätig, können Öfen verkaufen, beraten zu KfW-Fördergeldanträgen, und und und."

Die neue Konkurrenzsituation hat in der eigenen Zunft für mächtigen Wirbel gesorgt, muss Jens-Helge Senger einräumen. Inzwischen seien es nicht mehr nur Einzelfälle, "dass sogar Kollegen mit eigenem Kehrbezirk in fremdem Revieren" tätig seien.