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Eingemeindung Schierke feiert Jubiläen mit Festempfang

350 Jahre Schierke, zehn Jahre Eingemeindung nach Wernigerode: Mit einem Festempfang sind beide Jubiläen feierlich begangen worden.

Von Katrin Schröder 30.09.2019, 01:01

Wernigerode/Schierke l „Vielen Dank, dass ihr es schon zehn Jahre mit uns ausgehalten habt!“ Ihr – das waren in der Rede von Schierkes Ortsbürgermeisterin Christiane Hopstock (CDU) die Wernigeröder. Beim Festempfang am Freitagabend sprach sie vor rund 120 Gästen, die sich in der Bildungsstätte der Berufsgenossenschaft Holz und Metall versammelt hatten. Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) nahm den Faden auf: „Wir haben einiges miteinander aushalten müssen. Ich glaube aber, das war richtig.“

Christiane Hopstock erinnerte an die Jahre nach der Wende, als sich vieles änderte und in Schierke die Hoffnung auf einen Neuanfang herrschte, der Abwanderung und Verfall ein Ende setzen würde. „Wir waren in Aufbruchstimmung.“ Zwar war Schierke immer voller Gäste, die sich auf den Weg zum Brocken machten. „Aber irgendwie ging es nicht voran.“

Den nötigen Schwung sollte die Eingemeindung bringen. Die Ortsbürgermeisterin erinnerte an die Unterschriftensammlung und die Abstimmung im März 2008: Von 624 Wahlberechtigten gingen 513 zur Wahl und gaben 509 gültige Stimmen ab. 363 stimmten für die Eingemeindung, 179 waren dagegen, unter ihnen der damalige Bürgermeister. „Dann ging alles ganz schnell“, so Christiane Hopstock. Es wurde eine Bestandsaufnahme vorgenommen, was im Ort anzugehen war. „Jeder weiß, wie es aussah.“ Die folgenden Jahre waren geprägt von der Verwandlung Schierkes in einen Kurort, der sich sehen lassen könne. Christiane Hopstock ist sicher: „Die Eingemeindung nach Wernigerode war die beste Entscheidung, die Schierke je treffen konnte.“

Auch für Wernigerode sei das Zusammengehen ein Gewinn gewesen, sagte Oberbürgermeister Gaffert. „Die Stadt hat mit Schierke ein Juwel hinzugewonnen.“ Zusammen verfüge man mit dem Brocken und Schloss Wernigerode über die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten des Harzes. Und die Frage sei: „Wie würde Schierke aussehen, wenn es nicht den Mut gehabt hätte, nach Wernigerode zu gehen?“

Anders als in der Stadt habe es im Ort am Fuß des Brockens in den ersten 20 Jahren nach dem Mauerfall kaum wirtschaftlichen Aufschwung gegeben. „Beinahe alternativlos“ sei es gewesen, in Wernigerode einen Pläne zum Wiederaufbau Schierkes zu entwickeln. 40  Millionen Euro an öffentlichen Geldern seien dafür geflossen, erinnerte der Stadtchef. „Das ist viel Geld für einen Ort mit 500 Einwohnern.“

Er dankte dem Wernigeröder Stadtrat, der die Investitionen mitgetragen hatte – wenn auch oft nach harten Diskussionen. Die Verhandlungen mit dem Land seien hingegen früher „fast immer erfolgreich“ gewesen – anders als heute. „Die Zeiten haben sich geändert.“

Parallelen sehe er aber im Jahr 30 nach dem Mauerfall in den Gesprächen, die zwischen Ost und West sowie Wernigerode und Schierke geführt werden. Im Osten empfänden sich viele als „Bürger zweiter Klasse“, im Westen klage man über vermeintlich undankbare Ostler. Derweil werde in Wernigerode beklagt, dass zu viel Geld nach Schierke fließe, während man sich dort abwechselnd unverstanden, alleingelassen oder bevormundet fühle. „Den anderen zu verstehen mit seinen Sorgen und Nöten ist das A und O für ein funktionierendes Miteinander“, so Gaffert.

Das Verständnis für die 350-jährige Geschichte des Ortes weckte der Historiker Uwe Lagatz in seinem anschließenden Vortrag. Ebenso kenntnisreich wie amüsant berichtete er etwa vom Leben der Harzer Kiepenfrauen, dem Torfabbau als Alternative zur Holzkohle, vom bereits früh blühenden Brockentourismus und den „Borkenkäferkalamitäten“ des 18. Jahrhunderts, als der Harz in weiten Teilen eine kahle Landschaft war.

In Kurzform konnten die Gäste die Geschichte und Entwicklung des Ortes seit 1990 in der Jubiläumsbroschüre nachlesen, die die Stadtverwaltung in einer Auflage von 500 Exemplaren herausgegeben hat. Die Festwoche zu den beiden Jubiläen ist am Wochenende zu Ende gegangen.