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Schottland-Fans Duo mit Kilt, Orgel und Dudelsack

Stimmung mit Klängen aus dem Land der Highlands: Christian Lontzek und Sebastian Schmoock aus Wernigerode sind seit zehn Jahren ein Duo.

Von Julia Bruns 03.01.2018, 00:01

Wernigerode l „Das Schwierigste ist die Balance zwischen Blasen und Drücken. Gelingt das nicht, bricht der Ton ab.“ Christian Lontzek hält einen spanischen Dudelsack in seinen Händen. Beim Konzert in der Wernigeröder Marienkirche hat der 35-Jährige vier verschiedene Varianten des Instruments erklingen lassen: eine schottische, eine deutsche, eine schwedische sowie die spanische Sackpfeife

„Jedes Land in Europa hat einen eigenen Dudelsack, jeder hat einen eigenen Klang“, sagt der Gemeindepädagoge, der seit vielen Jahren bekennender Schottland-Fan ist. Das Besondere: Christian Lontzek musiziert nicht nur alleine, sondern auch im Zusammenspiel mit Sebastian Schmoock an der Orgel. Die beiden Wernigeröder haben vor zehn Jahren ihr Duo „Pipe meets Organ“ (zu deutsch: Dudelsack trifft auf Orgel) ins Leben gerufen.

„Das Reizvolle ist, dass die Leute manchmal gucken müssen: Ist das der Dudelsack? Oder ist es die Orgel?“, sagt Sebastian Schmoock im Volksstimme-Gespräch. Obwohl beide Instrumente klanglich vieles verbindet, hätten sie eine Nische entdeckt. „Einer der führenden Piper aus Schottland hat mir gesagt, dass er die Idee, mit einem Organisten zu spielen, auch hatte – aber er fand keinen passenden Musiker“, berichtet Lontzek.

Ihm erging es offenbar anders: Der Wernigeröder, der in der evangelischen Gemeinde in Halberstadt arbeitet, lernte Sebastian Schmoock 2007 in der Johanniskirche kennen, wo dieser einen Gottesdienst begleitet hatte. Er konfrontierte ihn mit der Idee, beide Instrumente für ein Projektkonzert zu verbinden. Und noch im selben Jahr wurde die Idee in die Tat umgesetzt.

Mittlerweile haben sie gemeinsam an die 100 Veranstaltungen gestaltet. Die Mischung aus Christian Lontzeks nonchalanter Moderation, die mit schottischen Lebensweisheiten, persönlichen Anekdoten und Hintergrundfakten gespickt ist, sowie modernen Tunes und traditionellen Weisen kommt beim Publikum bestens an. Stehende Ovationen waren auch in der Marienkirche der Lohn für die beiden jungen Väter. Eintritt verlangen sie nicht. Sie freuen sich über Spenden und CD-Verkäufe.

Sieben Konzerte haben sie in diesem Jahr gegeben, drei davon während einer Konzertreise durch Schottland. Es war bereits die zweite Reise dorthin. Dort fällt Christian Lontzek im Übrigen kaum noch auf. „Ich trage fast täglich Kilt“, sagt er. „Der Schottenrock ist bequemer als eine Hose. Egal ob Oper oder Einkaufen – man ist immer gut angezogen.“ Als er zehn Jahre alt war, sei sein Interesse für das Land der Highlands und des Whiskys entflammt. „Meine Liebe für das Land gipfelte dann im Kauf eines Dudelsacks, den ich von meinem ersten Lehrlingsgehalt bezahlte“, erinnert er sich.

„Allerdings war es kein gutes Instrument, und das erste Geld aus meiner Tischlerlehre war zum Fenster rausgeschmissen.“ Eine Hundeattacke brachte ihm schließlich Schmerzensgeld, das er in einen echten Dudelsack investierte. Der befreundete Musiker Heiko Schilling, bekannt aus der Band Bergfolk, besorgte ihm einen echten Dudelsack. „Es ist der Mix aus Archaischem und dem Übergang zur Moderne, der mich fasziniert“, sagt er über das außergewöhnliche Instrument, das aus der Militärtradition stammt.

Wenn die beiden gemeinsam musizieren, dann ist das auch gelebte Ökumene: Denn Sebastian Schmoock ist gläubiger Katholik. „Ich bin quasi in der Marienkirche aufgewachsen“, sagt er. „Meine Mutter ist Gemeindereferentin. Ich wurde hier getauft, hatte hier meine Erstkommunion, Firmung – das volle Programm.“ Und so trat er im Alter von acht Jahren zum ersten Mal an die Orgel der Marienkirche.

„Ich war neugierig, wollte das ausprobieren.“ Damals spielte er bereits seit zwei Jahren Klavier. „Du musst wirklich Interesse an der Orgel haben, üben wollen und du brauchst die Begabung – und natürlich eine gute Koordination von Händen und Füßen“, sagt er. Mit zehn Jahren begleitete er seinen ersten Gottesdienst.

Heute hat der Wernigeröder seinen Traumjob: Er ist seit 2012 als Kirchenmusiker in einer Gemeinde mit 14 000 Mitgliedern im Erzbistum Köln tätig und bespielt dort sechs Kirchen im Kölner Norden. Der 31-Jährige geht als Kirchenmusiker in Kindergärten, er betreut den Erwachsenenchor, die Schola, den Kinderchor. „Es ist mein absoluter Traumjob“, sagt er. Köln sei eines der reichsten Bistümer der Welt, er könne vieles umsetzen, was anderswo nicht möglich sei.

Wann sie das nächste Mal in Wernigerode gastieren, wissen Sebastian Schmoock und Christian Lontzek noch nicht. Denn Lontzek, der vor wenigen Wochen zum zweiten Mal Vater geworden ist, wird vier Monate seiner Elternzeit in diesem Jahr mit seiner Familie im Ausland verbringen – und wo sollte das sein, wenn nicht in Schottland?