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Sommernutzung Seilbahn für Schierke bleibt umstritten

Das Sommerkonzept für die Seilbahn am Schierker Winterberg ist vorgestellt worden. Die einen begeistert es, andere wiederum gar nicht.

Von Regina Urbat 03.04.2019, 01:01

Wernigerode l Es bleibt spannend, ob in Schierke das Seilbahn-Projekt mit Skipiste, Speicherteich und den Ganzjahresangeboten realisiert werden kann. Wenn ja, dann wird der Harz um eine naturnahe touristische Attraktion reicher.

Das wurde auf dem Forum am Montagabend in der IHK-Geschäftsstelle Wernigerode deutlich. Hier ging es in erster Linie um die Möglichkeiten, die außerhalb der drei Wintermonate Tagestouristen wie Urlaubern rund um den Kleinen Winterberg angeboten werden könnten. Denn: Wenn eine Seilbahn wirtschaftlich betrieben werden soll, „muss sie mindestens 300 Tage im Jahr genutzt werden“, unterstrich Christoph Schrahe.

Der Unternehmensberater vertrat als Moderator den erkrankten Seilbahn-Investor Gerhard Bürger und gehörte zu den vier Experten auf dem Podium, die die einzelnen Bausteine des Sommerkonzepts der Winterberg Schierke GmbH präsentierten. Während zahlreiche Besucher im vollbesetzten Saal ihre Zustimmung für die aufgezeigten Zukunftsvisionen mit Beifall bekundeten, gab es auch kritische Stimmen.

Zustimmung vor allem aus Schierke. „Das ist genau das, was im Ort fehlt. Die Urlauber fragen ständig nach mehr Aktivitäten“, sagte Margot Vesterling, die Betten vermietet. Mit der Vielzahl von Erlebnissen und Attraktionen in einem naturnahen Raum hätte aus ihrer Sicht Schierke ein Alleinstellungsmerkmal.

Andere bezweifelten, ob dafür ein Eingriff in den Naturraum notwendig ist. Stefan Klaube aus Wernigerode beispielsweise kritisierte: „Es wird Wald gerodet und Natur massiv zerstört, um eine künstliche Welt zu schaffen und dann Familien und Kindern etwas nahe zu bringen, was man vorher weggenommen hat.“ Oliver Wendenkampf widersprach aus Sicht eines Naturschützers, der er trotz seines Ausscheidens als Geschäftsführer beim BUND vor zwei Jahren immer noch sei, wie er mehrfach betonte. Als freiberuflicher Umweltberater für Investor Bürger tätig, erläuterte er, dass es bei dem Sommerkonzept darum gehe, die Menschen in einen einzigartigen Naturraum hinein zu führen und ihnen naturnahe Erlebnisse, verbunden mit einem breiten Spektrum an Informationen, zu bieten.

Dies beginne im Besucherzentrum der Talstation am Parkhaus Winterbergtor, wo gleichzeitig weitere naturnahe Angebote im Harz aufgeführt werden könnten. Er nannte den Tierpark auf dem Hexentanzplatz Thale und das Heineanum in Halberstadt. Die Infos zum Naturerleben sollten sich bis zum Grünen Band, dem Harzer Grenzweg, ziehen. „Wir sollten nicht nur zeigen, wie schön der Harz ist, sondern auch darauf hinweisen, dass hier vor Ort die Teilung Deutschlands war“, betonte Wendenkampf.

Die naturnahe Erlebniswelt, die sich an der Seilbahn-Mittelstation konzentriert, beschrieb mit Silvia Schlecht eine Tourismusexpertin aus der Schweiz. Sie wies auf den Trend hin, dass Seilbahnen außerhalb der Skisaison mehr und mehr für Angebote zur bewussten Erholung genutzt würden. Für Schierke sehe ihr Konzept einen Kletter- und Wasserspielplatz mit Einbeziehung der Tierwelt des Harzes, genannt „Mimikry“, vor. „Hier können Kinder riesige Holzskulpturen erklimmen und Aktionswelten aus Sicht der Waldtiere erleben“, so Silvia Schlecht. Das alles sei kostenlos zu nutzen, während bei der Attraktion „Nocturnalium“ Eintritt verlangt werde, um dann in die Welt des Luchses einzutauchen.

Stefan Türk von der Sporthochschule Köln beschrieb die Angebote für Aktivurlauber und Naturgenießer, für die die Wanderpfade „außerhalb des Nationalparks genutzt werden“ sollen. Neu sei ein Gesundheitstrend aus Japan: Shinrin Yoku genannt, was übersetzt Waldbaden heißt. Wanderern würden auf einem kleinen Rundweg bewusst alle Sinne geschärft, so Türk. Er empfahl zudem, neben den Formen des Walken in der Bergwelt Schierke auch das Natur-Klettern an Klippen anzubieten.

In der sachlich geführten Diskussionsrunde bezeichnete Gunter Karsten vom Naturschutzbund Harz die Präsentation als „gigantisch“, die ihm jedoch „Bauchschmerzen“ bereite, vor allem wegen der zahlreichen versiegelten Fläche und des Beschneiungsteiches. Er ließ aber nicht unerwähnt, dass damals, als die zur Debatte stehende Waldfläche aus dem Nationalpark herausgelöst wurde, auch die Grünen zugestimmt hätten – „damit sich Schierke touristisch entwickeln kann“.

Ein Veto, das der CDU-Stadtrat Roland Richter zum Ende der gut zweieinhalbstündigen Veranstaltung aufgriff. „Wir sind gut beraten, hier in den Tourismus zu investieren. Aber bitte mit Augenmaß.“ Denn, so der Wernigeröder weiter, der Harz stehe im harten Wettbewerb mit vielen anderen Destinationen in Deutschland.